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Neue Komödie des italienischen Regisseurs
Der «What the fuck»-Moment des Nanni Moretti

Frames “Il Sol Dell’Avvenire”
Nanni Mretti Director
Michele D’Attanasio Cinematographer
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Halt, da stimmt doch etwas nicht. Nanni Moretti fährt durch Rom, aber nicht auf der Vespa, mit der er vor 30 Jahren in «Caro Diario» den Durchbruch als Schauspieler und Regisseur geschafft hatte. Nein, er benutzt einen anderen Untersatz, einen Elektroscooter.

«Ma», sagt Nanni Moretti – er beginnt fast jeden Satz so –, «ma, der Filmregisseur, den ich spiele, geht eben mit der Zeit.» Ist das so? Dieser Giovanni inszeniert im Film einen Film, der im Jahr 1956 spielt. Es geht um die Kommunistische Partei Italiens nach dem Überfall der Sowjetunion auf Ungarn. Es geht um Ideologien. Um die Ehe. Aber auch um das Kino als Kunstform. Das ist wohl nicht gerade ein Spiegel des modernen Lebens. 

Früher war er mit der Vespa unterwegs, jetzt mit dem Scooter: Filmplakat.

«Also, ich selbst gehe mit der gleichen Neugierde ins Kino wie vor 50 Jahren», sagt der 70-jährige Moretti fast ein wenig trotzig. Er ist nach Cannes gekommen, um diesen neuen Film «Il sol dell’avvenire» vorzustellen. Und stellt sich jetzt den Fragen einer Runde von Journalistinnen und Journalisten. Im Zentrum des Gesprächs steht der «What the fuck»-Moment.

«Wir werden in 190 Ländern gesehen»

Damit hat es Folgendes auf sich: Um seinen Film zu produzieren, landet der Regisseur schliesslich auch bei Netflix. Dort sitzen zwei junge Menschen, die Mantra-artig herunterbeten, dass Netflix in 190 Ländern gesehen werde. Darum dürfe der Film nicht mit italienischen Stars besetzt werden («in Italien gibt es keine Stars»), er könne auch nicht damit enden, dass sich der Hauptdarsteller umbringe. Und überhaupt fehle dem Film ein «What the fuck»-Moment. Pause.

Natürlich ist diese Netflix-Szene in «Il sol dell’avvenire» ein solcher Moment: überraschend, lustig und völlig unerwartet. Es gibt noch mehr davon: Wenn die Protagonisten plötzlich zu singen anfangen, zum Beispiel. Wenn der junge Produktionsassistent nicht glauben will, dass es einmal echte Kommunisten in Italien gegeben hat und es sich dabei nicht um Zugezogene aus Moskau handelt, wie der Grünschnabel glaubt. Oder wenn die Frau und Produzentin des Regisseurs lieber auf einen jungen «italienischen Tarantino» setzt als auf den zaudernden Giovanni.

Hallo Netflix: Filmregisseur Giovanni (Nanni Moretti) und seine Produzentin/Ehefrau Paola (Margherita Buy) im Meeting beim Streamingdienst.

Ganz Moretti, das alles. Nachdem der Regisseur zuletzt mit «Tre Piani» einen israelischen Roman verfilmt hat, setzt er nun also wieder auf sich selbst. Und zwar mit dem Schalk und Sendungsbewusstsein, das sein Werk seit über 30 Jahren so unverwechselbar macht. Natürlich erlaubt er sich dabei ein wenig Nostalgie. Und es gibt auch ein paar Holprigkeiten im Namen der Pointen. Aber vieles davon funktioniert bestens.

Der Film endet nicht mit einem Suizid

Weshalb dieses Thema, ist die Auseinandersetzung mit dem Kommunismus von damals eine Anspielung auf heute? Diese Frage wird Moretti so oft gestellt, dass er schon fast verzweifelt ausruft: «Ma, ich bin Filmemacher, kein Politologe.» Und dann doch sagt, es gehe ihm durchaus darum, eine Utopie zu vermitteln. Er habe nichts gegen harten Realismus in modernen Filmen. «Aber für mich ist das Kino zum Träumen da.»

So endet «Il sol dell’avvenire» wirklich mit einem utopischen Schluss, der hier nicht verraten werden soll. Nur so viel: Eine Selbsttötung, wie ursprünglich geplant, ist es nicht. Sondern tatsächlich ein wahrer «What the fuck»-Moment.

Übrigens. Den Elektroscooter hat Nanni Moretti nur für die Filmszene angeschafft. Auto fährt er auch nicht mehr, «der Verkehr in Rom ist so schlimm, dass damit kein Durchkommen mehr ist». Deshalb ist er im richtigen Leben immer noch mit der Vespa unterwegs. Mehr denn je.

«Il sol dell’avvenire»: ab 11. Januar im Kino.

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