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Ticker aus dem Parlament
Nationalrat verlangt Turbo-Öffnung am 22. März

Das Wichtigste in Kürze:

  • Der Nationalrat erhöht den Druck auf den Bundesrat für schnellere Lockerungen der Corona-Massnahmen.

  • Die Regierung soll am 22. März Gastro-, Freizeit-, Kultur- und Sport-Betriebe öffnen.

  • Der Nationalrat nahm die Erklärung mit 97 zu 90 Stimmen bei 6 Enthaltungen an.

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Zusammenfassung

Der Nationalrat erhöht den Druck auf den Bundesrat für schnellere Lockerungen der Corona-Massnahmen: Die Regierung soll am 22. März Gastro-, Freizeit-, Kultur- und Sport-Betriebe öffnen. Das fordert die grosse Kammer mit einer am Mittwoch verabschiedeten Erklärung.

Der Nationalrat nahm die Erklärung mit 97 zu 90 Stimmen bei 6 Enthaltungen an. Die Erklärung hat keinen bindenden Charakter für den Bundesrat, er muss nicht danach handeln. Aber sie ist ein starkes Zeichen, dass eine knappe Mehrheit der grossen Kammer nicht mehr hinter der Corona-Politik der Regierung steht.

Mit der Erklärung werde der Ärger der Menschen, der sich in Briefen an die Parlamentarierinnen und Parlamentarier äussere, eine Plattform gegeben und transportiert, begründete Martin Landolt (BDP/GL) im Namen der Wirtschaftskommission (WAK) die Erklärung. Der Bundesrat könne nicht durch eine Krise führen, ohne die Bevölkerung mitzunehmen. Wörtlich warf Landolt dem Bundesrat «Sturheit» vor.

Es brauche keine weiteren Erklärungen, sagte derweil Prisca Birrer-Heimo (SP/LU) im Namen der Minderheit. Was es brauche, sei eine wissenschaftlich, evidenzbasierte Pandemie-Bewältigung, mit der man wieder in ein normales Leben zurückkehren könne. Der Wunsch, den Bundesrat übersteuern zu wollen, zeuge von Selbstüberschätzung und vom mangelnden Vertrauen in die Arbeit der eigenen Bundesrätinnen und Bundesräte.

Birrer-Heimo wies die SVP und die FDP darauf hin, dass sie im Bundesrat die Mehrheit hätten. Die beiden bürgerlichen Parteien unterstützten die gegen den Bundesrat gerichtete Erklärung fast geschlossen.

Wirtschaftskommission will eine «politische Analyse» der Situation und nicht länger «nur die gesundheitlichen Aspekte» berücksichtigen

In der Erklärung wird verlangt, dass Gastro-Unternehmen wie auch Betriebe in den Bereichen Kultur, Unterhaltung, Freizeit und Sport am 22. März geöffnet werden. Weiter wird der Bundesrat aufgefordert, die Fünf-Personen-Regel in Innenräumen per sofort aufzuheben. Zudem sei die massvolle Nutzung von Terrassen für den Take-away-Betrieb den Kantonen sofort zu ermöglichen.

Weiter soll der Bundesrat umgehend eine Öffnungsstrategie erarbeiten und Planungssicherheit für kulturelle und sportliche Grossanlässe schaffen. Und ganz generell soll der Bundesrat «umgehend» eine Strategieanpassung vornehmen. Anstelle von Verboten soll das Testen intensiviert und es soll beim Impfen vorwärts gemacht werden.

Wie geht es nun weiter?

Zum nächsten Showdown zwischen Bundesrat und Nationalrat kommt es nun am nächsten Montag. An diesem Tag stehen Anträge der Wirtschaftskommission zur Debatte, welche viel weiter gehen als die Erklärung: Sie würden die Turbo-Öffnung am 22. März per Bundesgesetz erzwingen.

Inzwischen sieht es aber so aus, als hätte die Turbo-Öffnung per Gesetz keine Mehrheit mehr im Nationalrat. Die Mitte-Fraktion hatte sich am Dienstagabend in einer Medienmitteilung gegen «institutionelle Abenteuer im Parlament» aus. Ähnlich äusserte sich Mitte-Vertreter Landolt auch im Rat.

Das heisst soviel wie: Die Mitte-Fraktion ist zwar mehrheitlich für die nicht-bindende Erklärung, will den Bundesrat aber nicht per Gesetzesänderung zwingen und so faktisch entmachten. Nur mit den Stimmen der SVP und der FDP haben die dringlichen Gesetzesänderungen für eine Turbo-Öffnung aber keine Mehrheit im Nationalrat.

Im Ständerat hatte sich schon die vorberatende Wirtschaftskommission von solchen Massnahmen distanziert.

Die offene Frage lautet darum nun so: Wird sich der Bundesrat durch die Erklärung dazu bewegen lassen, seine bisherige Corona-Politik zu korrigieren und die Aufhebung des Lockdowns zu beschleunigen? (SDA/hä)

Wer im Detail wie gestimmt hat

Die SVP spricht sich einstimmig für die Turbo-Öffnung aus, SP und Grüne einstimmig dagegen. Die übrigen Fraktionen waren gespalten. Bei der FDP votierten 23 Nationalräte dafür und 5 dagegen. Bei der Mitte-Fraktion votierten 19 dafür und 9 dagegen. Interessant: Parteipräsident Gerhard Pfister enthielt sich der Stimme. Bei der GLP stimmten 2 Vertreter für die Turbo-Öffnung, 12 dagegen.

Die Stimmabgabe jedes einzelnen Nationalratsmitglieds finden Sie hier.

Total gab es 97 Ja- und 90 Nein-Stimmen, 6 Nationalräte enthielten sich.

Gespaltene Mitte

Für die Turboöffnung votierten die SVP und die Mehrheit der FDP. Dagegen votierten SP, Grüne und GLP. Die Mitte war gespalten.

Rat stimmt für Turbo-Öffnung

Der Rat stimmt ab. Er nimmt die Erklärung mit 97 gegen 90 Stimmen an.

Der Nationalrat stimmt für eine Turbo-Öffnung: Mit 97 zu 90 Stimmen ruft er den Bundesrat dazu auf, früher zu lockern.

«Chaotische Politik»

Thomas Burgherr (SVP) wirft dem Bundesrat «chaotische Politik» vor. Er zerstöre Tausende Existenzen. Birrer-Heimo sagt, sie finde nicht, dass die Politik des Bundesrats chaotisch sei. Sie wirft Burgherr vor, mit solchen Aussagen die Institutionen zu schwächen. Zudem hätten SVP und FDP im Bundesrat die Mehrheit.

Und wieder die Ski-Terrassen

Magdalena Martullo-Blocher (SVP) reagiert auf Birrer-Heimos Aussage, man müsse die Pandemie faktenbasiert bekämpfen. Sie fragt, welche wissenschaftlichen Fakten die Schliessung der Skiterrassen begründet hätten. Birrer-Heimo antwortet, es gebe auch unverständliche Entscheide.

Wie war es mit den Skigebieten?

Erich von Siebenthal (SVP) sagt, die Öffnung der Skigebiete sei im Dezember nur erlaubt worden, weil der Nationalrat damals eine vergleichbare Erklärung abgegeben habe. Die Aktionen des Parlaments hätten also durchaus Wirkung. Birrer-Heimo erwidert, der Bundesrat habe damals gewisse gestützt auf Fakten die Öffnung der Skigebiete erlaubt habe.

Vertrauen in den Bundesrat

Die Erklärung und die Turbo-Öffnung per Gesetz zeuge «von Überschätzung der eigenen Kompetenzen», wirft die SP-Nationalrätin den Bürgerlichen vor. Birrer-Heimo wirbt für Vertrauen in den Bundesrat. Auch wenn man nicht immer alle seine Entscheide nachvollziehen könne, so müsse er den Spielraum behalten, rasch auf neue Entwicklungen der Pandemie reagieren zu können.

«Sie stellen fünf von sieben Bundesräten und wollen nun eine Erklärung an ihre eigenen Bundesräte geben»: Prisca Birrer-Heimo (SP) wirft den Bürgerlichen vor, ihren eigenen Bundesräten nicht zu vertrauen.

«Politisches Schaulaufen»

Jetzt redet Prisca Birrer-Heimo (SP). Sie erklärt, warum die Minderheit der Wirtschaftskommission die Erklärung ablehnt. Sie argumentiert, die Pandemie halte sich nicht an solche Erklärungen. «Die Pandemie lässt sich weder durch Erklärungen, noch per Datum noch mit politischem Schaulaufen beenden.» Birrer-Heimo weist darauf hin, dass bereits 10'000 Menschen an Covid-19 gestorben seien.

Erklärung ist nur ein Zeichen

«Eine solche Erklärung wäre ein deutlicheres Zeichen als die zahlreichen Briefe», sagt Landolt. Sie wäre ein wichtiges Signal an den Bundesrat, würde ihn aber nicht entmachten wie die ebenfalls im Nationalrat hängigen Gesetzesanträge, sagt Landolt. Mit einer Übersteuerung des Bundesrats per Gesetz wäre auch aus seiner Sicht «eine institutionelle Grenze» überschritten, sagt Landolt.

Landolt wirft Bundesrat Sturheit vor

Jetzt redet Martin Landolt (Mitte). Man müsse jetzt dem Bundesrat signalisieren, den Fokus seiner Strategie zu verändern und weniger mit Verboten zu arbeiten. Die Massnahmen seien teilweise nicht mehr verständlich, nachvollziehbar und kohärent. So sei es nicht verständlich, warum gerade jene Läden geschlossen seien, in denen sich jeweils höchstens eine Handvoll Besucher aufhielten. Auch die Schliessung der Skiterrassen sei unverhältnismässig gewesen. Landolt, der letzte Präsident der BDP, wirft dem Bundesrat wörtlich Sturheit vor. Er habe die Kantone und die parlamentarischen Kommissionen ignoriert.

Ist für weniger Verbote: Martin Landolt (Mitte) sagt, die Bevölkerung wolle gewisse Entscheide des Bundesrats nicht mittragen.

Kritik wegen Masken

Auf eine weitere Frage aus der SP wirft Amaudruz dem Bundesrat vor, schlecht auf die Pandemie vorbereitet gewesen zu sein. Zum Beispiel habe es zu wenig Masken gegeben. Heute müsse man darum nun selber das Steuer in die Hand nehmen.

Kritische Fragen

Pierre-Alain Fridez (SP) fragt Amaudruz, ob es seriös sei, dem Bundesrat die Möglichkeit zu nehmen, auf eine mögliche dritte Welle angemessen zu reagieren. Amaudruz sagt, die Betten in den Spitälern seien nicht ausgelastet. Auf der anderen Seiten seien die Schäden für die Wirtschaft und die Menschen durch die Corona-Massnahmen grösser. Es sei darum jetzt Aufgabe des Parlaments, seine Verantwortung wahrzunehmen.

Strategie ändern

Unzählige Berufsleute seien ruiniert worden, viele Junge würden leiden. Musik- und Kulturanläss seien aus der Landschaft verschwunden.

Amaudruz verlangt darum vom Bundesrat einen Strategiewechsel. Sie zählt mehrere Massnahmen auf, die man nun ergreifen müsse: Mehr Tests, Aufhebung der 5-Personen-Regeln, Öffnung aller geschlossenen Einrichtungen am 22. März, die sofortige Öffnung der Restaurant-Terrassen. Diese Massnahmen sind er Inhalt der Erklärung, die nun zur Abstimmung kommt.

Fordert die  Öffnung aller geschlossenen Einrichtungen und der Restaurant-Terrassen: Céline Amaudruz (SVP).

Klage über den Bundesrat

Amaudruz beklagt sich darüber, dass der Bundesrat diverse Briefe und Forderungen nach einem Ausstieg aus dem Lockdown nicht erhört habe. Die Wirtschaftskommission sei sich zwar bewusst, dass die Situation schwierig sei. Nun müsse man aber eine «politische Analyse» der Situation machen und nicht länger «nur die gesundheitlichen Aspekte» berücksichtigen. Die Situation für die Bevölkerung sei «unerträglich» geworden, sagt Amaudruz. Als Beispiel nennt sie etwa die geschlossenen Terrassen der Skirestaurants.

Die Debatte wird eröffnet

Nationalratspräsident Andreas Aebi (SVP) eröffnet die Debatte. Er bittet die Berichterstatter der Wirtschaftskommission ans Mikrophon. Zuerst redet Céline Amaudruz (SVP), dann Martin Landolt (Mitte).

Ausgangslage

Es wird eng am Mittwochmorgen. Ab 8 Uhr streitet der Nationalrat darüber, ob alle Restaurants, Fitnesscenter, Freizeit- und Kultureinrichtungen bereits am 22. März wieder öffnen dürfen. Zur Diskussion steht im Rat eine sogenannte Erklärung, die den Bundesrat zu diesem raschen und umfassenden Lockerungsschritt aufrufen würde.

Zwar wäre dies nur ein Zeichen, das den Bundesrat nicht bindet. Die Erklärung ist deswegen aber kein bisschen weniger umstritten. Klar dafür hat sich die SVP ausgesprochen. Der «aktuellen Alleinherrschaft des Bundesrats» solle ein Riegel geschoben und das bewährte demokratische System der Schweiz wenigstens zum Teil wieder hergestellt werden, teilte die Partei mit.

Gegen die Forderungen nach weitgehenden Öffnungsschritten seitens der Bürgerlichen opponiert die Linke. Die SP teilte mit, dass die Kommission ihre Zuständigkeit mit diesen Forderungen klar überschreite. Das Epidemiengesetz regle klar, dass die Entscheidungskompetenz beim Bundesrat liege.

Von der Mitte wollen rund zwei Drittel der Erklärung zustimmen, wie deren Nationalrat Leo Müller schätzt. Und die FDP sei mehrheitlich dafür, eine starke Minderheit jedoch dagegen, sagt Nationalrätin Daniela Schneeberger. Somit ist eine Mehrheit im 200-köpfigen Rat möglich, aber alles andere als sicher ist.

Eingebracht hat diese Erklärung die bürgerliche Mehrheit der Wirtschaftskommission. Der Entscheid fiel aber schon in der Kommission mit 12 zu 11 Stimmen knapp aus.

Widerstand gegen Entmachtung des Bundesrats

Sollte die Erklärung nun im Rat scheitern, ist das politische Ringen um das Öffnungsdatum 22. März damit aber noch nicht zu Ende. Denn es liegen auch noch Anträge der Wirtschaftskommission vor, die Turboöffnung direkt ins Covid-19-Gesetz zu schreiben. Diese stehen am 8. März auf der Tagesordnung des Nationalrats.

Allerdings wächst der Widerstand gegen diese Entmachtung des Bundesrats. Sowohl die FDP als auch Die Mitte haben am Dienstag ihre Position noch nicht bestimmt. Die FDP will laut Schneeberger abwarten, was im Ständerat geschieht, der das Gesetz am Donnerstag ein erstes Mal berät. Der Urner Josef Dittli sagt: «Viele FDP-Ständeräte machen da nicht mit.» Die Mitte will am Montag entscheiden, doch Fraktionschefin Andrea Gmür sagt schon jetzt: «Die Fraktion ist klar der Ansicht, dass institutionelle Abenteuer im Parlament vermieden werden sollen.» Gleichzeitig will Die Mitte den Druck mit einer dringlichen Covid-Debatte erhöhen.

Gesundheitsdirektoren stützen Bundesrat

Rückendeckung erhält der Bundesrat von den Kantonen. Die Konferenz der Gesundheitsdirektoren schrieb am Dienstag in einem Brief an alle Bundesparlamentarier: «Werden Öffnungsdaten im Covid-19-Gesetz fixiert, dann verunmöglicht dies eine flexible und rasche Reaktion auf neue Entwicklungen. Es würde damit unsere Landesregierung in wichtigen Themen handlungsunfähig gemacht.»

Die Mehrheit der Kantone unterstütze die Strategie des Bundesrats, zumal dieser etwas schneller öffnen wolle als ursprünglich geplant. (hä/ffe/SDA)

Entmachtung des Bundesrates

Ständeräte lehnen Turbo-Öffnung als rechtswidrig ab

Der Freiburger SP-Ständerat Christian Levrat, hier in einer Debatte im Rat, kritisiert die Corona-Öffnungsforderungen der Nationalräte scharf.

Bürgerliche Nationalräte wollen Restaurants gegen den Willen der Regierung öffnen. Ihr Plan dürfte im Ständerat scheitern. Dort will man man keinen «parlamentarischen Amoklauf».