Neue PräsidentinErstmals ist in Namibia eine Frau an der Macht – und sie hat grosse Pläne
Netumbo Nandi-Ndaitwah hat einen beachtlichen Erfolg erzielt. Eine Feministin im westlichen Sinn ist sie nicht. Dennoch ist ihre Wahl eine gute Botschaft für die Gleichberechtigung.

- Netumbo Nandi-Ndaitwah gewann Namibias Präsidentschaftswahl trotz landesweiter Wechselstimmung.
- Sie erzielte mit 58 Prozent mehr Stimmen als ihre Partei Swapo.
- Nandi-Ndaitwah fordert Gleichberechtigung, betont jedoch konservative Werte.
- Ein Drittel der namibischen Jugend ist arbeitslos, NNN verspricht mehr Arbeitsplätze.
Bisher gab es genau eine Frau, die als Siegerin aus einer Präsidentschaftswahl in Afrika hervorging: Ellen Johnson Sirleaf. Sie schaffte es sogar zweimal. 2005 wurde sie zur Präsidentin Liberias gewählt, 2011 im Amt bestätigt. Samia Suluhu Hassan aus Tansania, die aktuell einzige Präsidentin Afrikas, rückte 2021 an die Spitze des Staates, nachdem der Amtsinhaber gestorben war. Einer Wahl musste sie sich bislang nicht stellen, ebenso wie eine Reihe anderer Frauen, die in den vergangenen Jahren durch Ernennungen oder Todesfälle zu Präsidentinnen eines afrikanischen Landes geworden waren.
Es ist also ein exklusiver Club, dem Netumbo Nandi-Ndaitwah durch ihren Wahlsieg in Namibia beigetreten ist. Und es ist nicht nur deshalb ein Sieg, auf den sich die 72-Jährige etwas einbilden darf. Zum einen holte sie mit 58 Prozent der Stimmen ein besseres Ergebnis als ihre Partei Swapo, die in der parallel abgehaltenen Parlamentswahl nur auf 53 Prozent kam. Zum anderen trotzte sie einer Wechselstimmung, die den regierenden Parteien in Südafrika und Botswana nach Jahrzehnten an der Macht zuletzt herbe Wahlniederlagen beschert hatte. Der Swapo, die Namibia seit 1990 regiert, bleibt dieses Schicksal erspart – dank NNN.
Netumbo Nandi-Ndaitwah vertritt ein konservatives Weltbild
So lautet der Spitzname von Netumbo Nandi-Ndaitwah, aus dem manchmal sogar ein NNNN wird, es gibt ja noch den zweiten Vornamen Ndemupelila. Zugleich war es ihr Wahlkampfslogan für die Abstimmung am 27. November: Netumbo, November, Namibia. Dass sie eine Frau ist, stellte Nandi-Ndaitwah dagegen – anders als den Buchstaben N – nicht in den Vordergrund. Die Qualität des Kandidaten oder der Kandidatin sei entscheidend, nicht das Geschlecht. In einer patriarchalisch geprägten Gesellschaft wie jener Namibias lässt sich aber auch daraus eine Forderung ablesen, die Forderung nach Gleichberechtigung.

Wenn Gott nicht für Gleichberechtigung wäre, sagte Nandi-Ndaitwah im April, dann hätte er die Frau nicht aus der Rippe des Mannes erschaffen, sondern aus seinem Fuss. Frauenrechte spielen auch eine grosse Rolle im Wahlprogramm der Swapo, die darauf verweist, dass sie die Frauenquote im Parlament seit 1990 von 8 auf 50 Prozent angehoben habe. Doch eine Feministin – jedenfalls im westlichen Sinne – ist die gläubige Christin Nandi-Ndaitwah eher nicht. Sie gilt als Vertreterin eines konservativen Weltbildes, in dem Abtreibung oder Verhütung ebenso wenig Platz haben wie Homosexualität.
Nandi-Ndaitwah ist eines von 13 Kindern
Geboren wurde Nandi-Ndaitwah 1952 als eines von dreizehn Kindern in einem Dorf im Norden des heutigen Namibia. Schon mit 14 trat sie der Swapo bei, die kurz zuvor als Untergrundbewegung gegründet worden war, um die Unabhängigkeit des Landes zu erkämpfen. Namibia, von 1884 bis 1915 deutsche Kolonie, stand damals unter südafrikanischer Verwaltung. 1974 floh Nandi-Ndaitwah nach Angola, nachdem sie mehrere Monate im Gefängnis verbracht hatte, und schloss sich dem Widerstand im Exil an.
Ende der Achtzigerjahre ging sie nach Grossbritannien, wo sie in Schottland öffentliche Verwaltung und in England internationale Beziehungen studierte. Nach der Unabhängigkeit Namibias 1990 kehrte sie zurück und gehörte ab 2000 allen Regierungen an: als Familien-, Informations-, Umwelt- und Aussenministerin. Wäre sie nicht die erste Präsidentin des Landes, sondern ein weiterer Präsident, müsste man sagen: Mehr Kontinuität geht nicht.
Ob sie auch eine erfolgreiche Präsidentin wird, hängt vor allem von einer Frage ab: Kann ihre Regierung Jobs für die jungen Leute schaffen? Der Frust der Jugend ist derzeit die grösste Gefahr für afrikanische Regierungen, egal ob er sich auf der Strasse oder an der Wahlurne entlädt. Auch in Namibia hat ein Drittel der 15- bis 24-Jährigen weder eine Arbeit noch einen Ausbildungsplatz. Im Wahlkampf hat Nandi-Ndaitwah nicht weniger als eine halbe Million neue Jobs angekündigt, in einem Land mit 2,6 Millionen Einwohnern. Gut möglich, dass dieses schwer einlösbare Versprechen bald zur Belastung für Namibias erste Präsidentin wird.
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