Nachhaltiger FinanzplatzKlimaschützer verlieren im Fracking–Streit
Die Schweizerische Nationalbank steht wegen Investitionen in klimaschädliches Fracking in der Kritik. Wie die Politik darauf reagiert, zeigt ein noch unveröffentlichter Entscheid.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) soll bei ihrer Geld- und Währungspolitik Klima- und Umweltrisiken konsequent berücksichtigen: Diese Forderung ist in der Wirtschaftskommission des Nationalrats (WAK) durchgefallen, wie diese Redaktion erfahren hat. Kommuniziert werden soll dies am Freitag.
Eine Mitte-links-Allianz hatte fünf gleichlautende parlamentarische Initiativen eingereicht. Der Entscheid der WAK fiel knapp aus, offenbar mit nur einer Stimme Unterschied. Durchgesetzt haben sich SVP und FDP dank Hilfe aus der Mitte-Partei. Ob der Nationalrat seiner Kommission folgen wird, ist angesichts des strittigen Entscheids nicht sicher.
Durchgesetzt hat sich eine Mitte-links-Allianz dagegen beim neuen CO2-Gesetz für die Zeit von 2025 bis 2030. Das zeigt die am Donnerstag veröffentlichte Fahne zum CO2-Gesetz. So soll die SNB nicht nur die klimabedingten finanziellen Risiken für die Stabilität des Finanzsystems regelmässig überprüfen und über die Ergebnisse berichten müssen – sondern auch über «allfällige Massnahmen».
Damit geht die Kommission weiter als der Ständerat, der die Vorlage in der Herbstsession behandelt hat. Das Geschäft kommt im Dezember in die grosse Kammer. Auch hier ist noch nicht klar, ob der Entscheid Bestand hat. Der Grund: Es herrscht politisch weitgehend Konsens darin, die Vorlage schlank zu halten und so schnell wie möglich zu verabschieden, da andernfalls ab 2025 im Klimaschutz eine Regulierungslücke droht. Vor diesem Hintergrund sei der eingebrachte Zusatz ein – wenn auch kleiner – Erfolg, sagen linke Parlamentarier.
Verbindliche Regeln, etwa zur Finanzierung fossiler Energieträger, fehlen damit aber weiterhin. Derweil ist die SNB diese Woche einmal mehr in die Kritik geraten. Die sogenannte SNB-Koalition, in der diverse NGOs agieren, wirft der Nationalbank vor, rund neun Milliarden Dollar in klimaschädliches Fracking zu investieren. Die SNB solle aus diesen Geschäften aussteigen.
Was bringt es dem Klima?
Die SNB kommentiert einzelne ihrer Investitionen nicht. Allgemein hält sie fest, sie nehme grundsätzlich keine Titelselektion vor. Damit werde sichergestellt, dass ihr Portfolio den unterschiedlichen Risiken ungefähr im selben Mass ausgesetzt sei wie die Gesamtheit der global kotierten Unternehmen.
Eine andere Frage ist, inwieweit es dem Klima hülfe, wenn die SNB der Forderung der NGOs nachkäme. Finanzexperten weisen darauf hin, dass die frei werdenden Aktien einfach von anderen Anlegern gekauft würden. Zu ihnen gehört Thorsten Hens, Professor für Wirtschaft am Institut für Banking und Finance an der Universität Zürich.
Hens sagt aber auch: Die SNB sei eine grosse Anlegerin. Andere Anleger seien in der Regel kleiner. Wenn die SNB verkaufe, würden sie die Aktien zu einem niedrigeren Kurs halten, also eine höhere Rendite verlangen. «Die Fracking-Firmen hätten also höhere Finanzierungskosten – und würden somit hoffentlich etwas weniger gross werden.»
Volksinitiative geplant
Die Kontroverse geht jedenfalls weiter. NGOs sowie SP und Grüne wollen mit einer Volksinitiative den Schweizer Finanzplatz nachhaltiger machen; der Initiativtext liegt aber noch nicht vor.
Die Hoffnungen der Klimaschützer ruhen deshalb derzeit auf einem Vorstoss von Nationalrat Gerhard Andrey. Der grüne Bundesratskandidat verlangt, dass bis in fünf Jahren mindestens 80 Prozent der Finanzflüsse von Schweizer Banken zum Klimaschutz beitragen müssten. Heute beträgt der Anteil von Anlagefonds mit Nachhaltigkeitsbezug am gesamten Schweizer Fondsmarkt 52 Prozent.
Wie die Branche dieses Ziel erreichen will, soll ihr selbst überlassen sein. Eingreifen und sanktionieren soll der Staat erst, wenn eine Bank das Ziel verfehlt. Der Bundesrat unterstützt Andreys Motion. Bürgerliche Parlamentarier haben Widerstand angekündigt.
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