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Nach Signa-Pleite
Globus könnte bald thailändisch werden

Globus Warenhaus am Löwenplatz.
27.11.2023
(URS JAUDAS/TAGES-ANZEIGER)
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An der Zürcher Bahnhofstrasse trägt der Globus ein Kleid aus goldenen Lichtern, die Glühwein- und Essensstände vor der Tür des Luxuswarenhauses sind gut besucht. Man gönnt sich eine kleine Stärkung, nachdem die Weihnachtseinkäufe erledigt sind.

Doch die vorweihnachtliche Stimmung wurde diese Woche getrübt, als der Höhenflug des österreichischen Immobilienkönigs René Benko hart gestoppt wurde. Die Signa Holding, die Dachgesellschaft seines Konglomerats, zu der auch Globus gehört, hat Insolvenz angemeldet.

Mit der Signa Retail Selection kündigte kurz darauf auch die erste grosse Tochtergesellschaft des extrem verschachtelten Konglomerats an, dass sie eine Nachlassstundung beantragt. Domiziliert ist die Retail Selection in der Schweiz; sie umfasst hauptsächlich das operative Geschäft der Galeria-Kaufhäuser in Deutschland. 

Mit der Nachlassstundung soll das Geschäft von der österreichischen Muttergesellschaft abgekoppelt und geordnet liquidiert werden, wie es in einer Medienmitteilung heisst. Im Klartext geht es darum, einen Käufer für Galeria zu finden.

In Deutschland sind die Galeria-Karstadt-Kaufhaus-Warenhäuser nun zu Notverkäufen geworden. Auch wenn sie günstig zu haben sind, wird es kaum zahlreiche Interessenten dafür geben, glaubt Gerrit Heinemann, Professor für Betriebswirtschaft an der Hochschule Niederrhein.

Die Sorge ist gross, dass sich die Schieflage der Warenhauskette negativ auf die deutschen Innenstädte auswirken könnte.

Wie wertvoll sind die Globus-Immobilien?

Die Globus-Warenhäuser in der Schweiz seien von der Nachlassstundung nicht betroffen, heisst es in einer Mitteilung. Ihr operatives Geschäft steckt in einer anderen Gesellschaft: Die Signa European Invest AG umfasst nicht nur Globus, sondern auch weitere Luxuswarenhäuser wie das KaDeWe in Berlin, Oberpollinger in München oder Selfridges in London. 

Wie sicher aber sind die Globus-Immobilien, die in Zürich, Bern und Basel an besten Innenstadtlagen stehen? Denn längst erwarten Unternehmenskenner ebenfalls Insolvenzen der beiden weiteren grossen Konzerntöchter Signa Prime und Signa Development. In Ersterer liegen Luxusimmobilien wie das KaDeWe in Berlin und in der Zweiten die Projektentwicklung.

Ein Blick in die Bilanzen der Globus-Immobilien zeigt: Die jeweiligen Gesellschaften, deren Abschlüsse im luxemburgischen Handelsregister einsehbar sind, sind mit Hypotheken belehnt. So hat etwa die Basler Kantonalbank das Globus-Provisorium in Basel an der Freien Strasse mit 7 Millionen Franken finanziert.

Für die Globus-Baustelle in Basel zeigt die Bilanz einen Kredit in Höhe von 172 Millionen Franken. Bis Ende 2022 hat Globus davon bereits 94,3 Millionen Franken bezogen, in diesem Jahr kamen nochmals 10 Millionen dazu. Um das Gebäude wieder zu erstellen, sind also noch knapp 70 Millionen Franken verfügbar. Der Kredit muss im Januar 2026 zurückgezahlt werden.

Im Fall, dass auch die Signa Prime, in der sich die Globus-Immobilien über unterschiedliche Einzelgesellschaften befinden, Insolvenz anmelden muss, hätten die Banken zwar die Immobilien als Sicherheit. Doch wie viel sind diese dann noch wert?

Central Group als wahrscheinlicher Käufer

Im Fall der Globus-Liegenschaft an der Zürcher Bahnhofstrasse wird das Gebäude mit 757 Millionen Franken bewertet, wie die «NZZ am Sonntag» schreibt. Dieser Wert wurde über die Jahre allerdings immer wieder herabgesetzt: 2022 waren es noch 759 Millionen und 2021 761 Millionen.

In Bern und Basel kam es hingegen nicht zu Abwertungen der Immobilien. Hier stellt sich vielmehr die Frage, wie viel ein potenzieller Investor bereit wäre, dafür zu zahlen. Denn das Warenhausgeschäft ist seit Jahren unter Druck. In Basel klafft zudem ein grosses Loch. Das Warenhaus befindet sich mitten im Bau.

«Wenn sie wirklich an das Geschäft in der Schweiz glauben, werden sie auch die Immobilien übernehmen.»

Branchenkenner

Dass der Wert der Globus-Immobilien durch eine mögliche Insolvenz der Signa Prime sinke, sei aber unwahrscheinlich, sagt eine Person, die sich mit dem Geschäft und den Geschäften der grossen Einkaufsstrassen auskennt. Auch eine Zwangsversteigerung der Immobilien hält sie für unwahrscheinlich. Bevor es dazu komme, werde sehr wahrscheinlich die thailändische Central Group des Multimilliardärs Tos Chirathivat ganz übernehmen. Bisher hält die Central Group 50 Prozent am Globus-Geschäft und den Immobilien.

«Wenn sie wirklich an das Geschäft in der Schweiz glauben, werden sie auch die Immobilien übernehmen», sagt der Branchenkenner. Denn die Vergangenheit habe gezeigt, dass Warenhäuser vor allem dann überlebensfähig sind, wenn das Geschäft und die Immobilien in einer Hand sind.

Mieten in Einkaufsstrassen steigen

Prominente Beispiele wie Jelmoli oder der ehemalige Manor an der Zürcher Bahnhofstrasse zeigen, was passieren kann, wenn die Besitzer der Immobilie eine andere Strategie verfolgen als die des Warenhausgeschäfts: Manor musste das Gebäude verlassen und die Besitzerin Swiss Life baute um – ein Teil der Verkaufsfläche musste Büros weichen. Auch die Besitzerin der Jelmoli-Liegenschaft, die Swiss Prime Site, baut das Gebäude ab Anfang 2025 um, nachdem sie trotz langer Suche niemanden gefunden hatte, der das operative Geschäft übernehmen wollte.

Für Aufwind an der Bahnhofstrasse und anderen Schweizer Shoppingstrassen sprechen aktuelle Zahlen zur Mietzinsentwicklung. Der Retail Switzerland Report des Immobiliendienstleisters und -beraters CBRE zeigt, wie sich die Mieten der Einkaufsstrassen in den fünf grossen Schweizer Städten seit 2019 verändert haben. Besonders an der Zürcher Bahnhofstrasse stiegen die Mieten seit dem ersten Quartal 2021 wieder deutlich an: von rund 8000 Franken auf 11’000 pro Quadratmeter im dritten Quartal 2023.

In Basel, Bern und Genf sind die Mieten ab dem zweiten Quartal 2022 gestiegen. 2500 Franken kostet der Quadratmeter an der Spitalgasse, wo der Globus in Bern beheimatet ist. Und an der Freien Strasse in Basel können 3500 Franken Höchstmiete pro Quadratmeter verlangt werden.

Und die Mieteinnahmen – besonders die Zukünftigen – spielen bei der Bewertung einer Geschäftsliegenschaft eine wichtige Rolle: Sie fliessen in die Bewertung mit ein und können so den Wert erhöhen.

Vor allem die Liegenschaft an der Bahnhofstrasse dürfte attraktiv sein. Bei Luxushäusern wie dem Globus sei es möglich, dass sie die Central Group übernimmt, glaubt auch Professor Gerrit Heinemann. Aber: «Luxus ist eine unglaublich kleine Nische. Der Jetset neigt dazu, in Dubai einzukaufen, weniger in Zürich oder Berlin», sagt er.

Insidern zufolge finden zurzeit Gespräche mit der Central Group statt.

Schlechte Aussichten für Galeria

Hart gerungen werden dürfte nun im Sanierungsverfahren um Galeria. Die Kaufhauskette musste in den vergangenen zwei Jahren bereits zweimal Insolvenz anmelden und hat allein während der Corona-Pandemie 680 Millionen Euro Staatshilfe in Deutschland bekommen, zuzüglich 320 Millionen Insolvenzgeld. 

Grob geschätzt steuert Galeria rund ein Drittel zum Umsatz der Signa Holding bei. Die Mieten der Kaufhäuser belaufen sich auf rund 200 Millionen Euro. «Auf diese Einnahmen wird der Sanierungsverwalter der Signa Holding nicht verzichten wollen», sagt Heinemann. Signa hatte Galeria zuvor eine Finanzierung von 200 Millionen Euro in Aussicht gestellt, diese dürfte nun ausbleiben.

An Neujahr, nach dem Ende des Weihnachtsgeschäfts, werden sich die Probleme von Galeria weiter verschärfen. Dann muss wieder ein neues Warensortiment eingekauft werden.