Nach Anschlägen in Frankreich und Belgien Schweizer Polizei schützt Synagogen und jüdische Kinder
Nach einer Messerattacke in einem französischen Gymnasium und einem Terroranschlag in Brüssel haben mehrere Länder die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen. Auch in der Schweiz hat die Polizei ihre Schutzmassnahmen erhöht.

Die Schweizer Behörden sind in erhöhter Bereitschaft. Dies bestätigen die Polizeikorps von Basel, Bern und Zürich. Grund dafür sind die Terroranschläge der Hamas gegen Israel und Attacken von Einzeltätern in Frankreich und Brüssel in den letzten Tagen.
Auf Anfrage sagt Sprecherin Isabelle Graber, der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) beurteile die Terrorbedrohung für die Schweiz als erhöht. Der Anschlag in Brüssel bestätige die aktuelle Beurteilung des NDB. Beim Anschlag vom Montag erschoss ein mutmassliches Mitglied der Terrormiliz Islamischer Staat vor einem Fussballspiel zwei schwedische Fans. Einer der beiden war ein schweizerisch-schwedischer Doppelbürger, er lebte in der Schweiz.
Verbindung zum Krieg in Nahost
«Die aktuelle Bedrohung wird primär von der jihadistischen Bewegung geprägt», erklärt Graber. Plausibelstes Terrorszenario für die Schweiz sei derzeit ein Gewaltakt, der von einer «jihadistisch inspirierten einzelnen Person mit einfachem Modus operandi» verübt wird. Dem Nachrichtendienst liegen jedoch keine Hinweise auf konkrete Anschlagspläne in der Schweiz vor. Graber sagt weiter: «Die Schweiz gehört zur westlichen, von Jihadisten und Jihadistinnen als islamfeindlich eingestuften Welt und stellt damit aus deren Sicht ein legitimes Ziel für Terroranschläge dar.»
Zur Messerattacke eines Täters auf eine Lehrperson sagte der französische Innenminister Gérald Darmanin in einem Fernsehinterview: «Leider gibt es nach unseren Informationen eine Verbindung zwischen dem, was im Nahen Osten passiert, und seinem Entschluss zur Tat.» Genauer erläuterte er dies nicht. Bei der Tat in Brüssel ist ein allfälliger Zusammenhang noch unklar.
Nach Beurteilung des NDB sind andere Staaten exponierter als die Schweiz.
Der Terrorismusexperte Claude Moniquet sagte gegenüber diversen Medien, was in Israel passiere, sei eine neue Motivation, ein neuer Anreiz, der es dem Jihad ermögliche, wieder aufzutauchen und zu wachsen. Grundproblem sei der radikale Islamismus, für den der Terrorismus ein Werkzeug darstelle, um gegen Überlegene vorzugehen.
Nach Beurteilung des NDB sind andere Staaten exponierter als die Schweiz, insbesondere solche, die sich militärisch an internationalen Koalitionen gegen den «Islamischen Staat» beteiligen oder von jihadistisch inspirierten Personen als besonders islamfeindlich wahrgenommen werden.
Mehr Polizeipatrouillen
Die Polizeikorps aus Zürich, Bern und Basel bestätigen vor diesen Hintergründen auf Anfrage, sie hätten Massnahmen getroffen, um auf die aktuelle Lage zu reagieren. Aus taktischen Gründen würden diese nicht näher beschreiben. Man habe «situativ Dispositive verstärkt».
Zwar richten sich Anschläge des IS nicht zwingend gegen eine bestimmte Bevölkerungsgruppe. Trotzdem scheinen bei einem grossen Teil der zusätzlichen Sicherheitsmassnahmen jüdische Institutionen im Fokus zu stehen.
Marc Surber von der Stadtpolizei Zürich erklärt eine der Massnahmen genauer: «Wir haben die Patrouillentätigkeit bei jüdischen Einrichtungen erhöht und stehen in engem Austausch mit Partnerorganisationen. Zudem richten wir uns nach den Empfehlungen des Nachrichtendienstes des Bundes.»
In Basel wie auch im Kanton Bern beobachtet die Polizei jüdische Institutionen wie Synagogen, Schulen und andere Einrichtungen dieser Tage verstärkt.
Adrian Plachesi vom Justiz- und Sicherheitsdepartement Basel-Stadt sagt, Basel habe eine weit zurückreichende Geschichte mit seiner jüdischen Gemeinde, die selbstverständlich auch in der gegenwärtigen Lage weiterhin auf den Schutz des Kantons vertrauen dürfe. «Bereits in der Vergangenheit hat sich Basel explizit mit der Sicherheit der jüdischen Bevölkerung befasst und besondere Massnahmen beschlossen,» sagt Plachesi.
In Basel wie auch im Kanton Bern beobachtet die Polizei jüdische Institutionen wie Synagogen, Schulen und andere Einrichtungen dieser Tage verstärkt. Sie bewacht diese teilweise sogar.
Einzelne Jüdinnen und Juden berichten bereits, dass die Massnahmen ihr Sicherheitsgefühl erhöhen. Ein jüdischer Grossvater, der anonym bleiben möchte, erzählt im Gespräch mit dieser Redaktion, er sorge sich wegen der aktuellen Situation um die Sicherheit seiner Enkelkinder. Er habe seiner Tochter am Montag empfohlen, ihre Kinder nicht in die Schule zu schicken. «Am Dienstag war das wieder möglich», sagte der Mann. Dem Grossvater macht Sorge, dass sich die Situation beim Start einer Bodenoffensive der israelischen Armee im Gazastreifen auch in der Schweiz weiter zuspitzen könnte. Und dass die Gefahr von antisemitisch motivierten Taten steigt.
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