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Tesla-Chef im Clinch mit Bitcoin
Musk auf Krypto-Achterbahn – plötzlich die Umwelt entdeckt?

Für ihn ging es in den letzten Jahren meistens nach oben, nun muss er sich kritische Fragen gefallen lassen: Elon Musk.
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Als Fan von Kryptowährungen hat sich Tesla-Chef Elon Musk schon lange geoutet. Immer wieder äussert er sich auf Twitter zu Bitcoin & Co., mal hypt er die Meme-Währung Dogecoin, dann wieder gibt er sich als Fan eines anderen Internet-Geldes. Einen neuen Höhepunkt erreichte der «Kult», als Tesla im März ankündigte, die Fahrzeuge des Autobauers könne man künftig auch mit Bitcoins bezahlen.

Dass dies mit dem Firmencredo von Tesla aber nur schwer zu vereinbaren ist, das hätte Musk schon damals wissen können. Der Autobauer schreibt selber: «Unsere Mission ist es, den Übergang der Welt zu nachhaltiger Energie zu beschleunigen.»

Blick auf die Investoren? Oder den Regulator?

Nun hat der Tesla-Chef reagiert: «Wir sind besorgt über die schnell zunehmende Nutzung fossiler Brennstoffe für das Schürfen von Bitcoin – und die damit verbundenen Transaktionen», schrieb Musk auf Twitter. Insbesondere der Einsatz von «Kohle, die die schlimmsten Emissionen aller Brennstoffe hat», mache ihm Sorgen. Später legte der Tesla-Chef nach und bezeichnete den Bitcoin-Energieverbrauch als «wahnsinnig».

Fragt sich natürlich nun: Warum erst jetzt? Das fragt sich auch die «New York Times». Und das Weltblatt stellt weitere Fragen zum heiklen Vorgehen von Elon Musk respektive von Tesla:

  • Hat Tesla Bitcoins verkauft, bevor Musk seinen Tweet absetzte?

  • Haben regulatorische Faktoren beim Rückzug eine Rolle gespielt?

  • Was hat sich bei Tesla bezüglich Umwelt-Verständnis geändert?

Dass Tesla Investoren abspringen, weil das Bitcoin-Engagement nicht zur grünen Botschaft passt, das vermuten einige Markt-Analysten. Andere gehen davon aus, dass der Autobauer mit den Regulationsbehörden zu tun bekommen wird. Auf jeden Fall macht die Kapriole von Musk nun auch vielen Investoren klar, dass das Bitcoin-System nicht mit den strengen Umweltzielen vereinbar ist, die sich Tesla selbst auferlegt hat.

Und nicht nur zu Tesla und Bitcoin stellt die «New York Times» Fragen: «Wie rechtfertigt Musk den Umwelt-Impact seiner anderen Firmen (insbesondere SpaceX)?» Natürlich ist SpaceX eine andere Firma als Tesla. Hinter beiden steht aber Elon Musk als treibende Kraft. Kann man glaubwürdig auf der einen Seite mit E-Fahrzeugen die Umwelt-Thematik forcieren und gleichzeitig extrem Energie-intensive Weltraum-Träume ausleben?

Kann man, sagt sich Elon Musk. Bis jetzt scheint seine Rechnung aufzugehen. Auch wenn der Tesla-Aktienkurs in den letzten Wochen nachgegeben hat, so weist der US-Autobauer noch immer einen Börsenwert von sagenhaften über 500 Milliarden Dollar auf. Zum Vergleich: Der Volkswagen-Konzern, der ein vielfaches an Autos baut und verkauft, ist im Moment «nur» 118 Milliarden Euro schwer.

Trotz Rückzug 100 Millionen Dollar mit Bitcoin verdient

Trotz des jetzigen Rückziehers hat sich Teslas Investment in Bitcoin mindestens finanziell gelohnt: Musk hatte Anfang Februar in seinem Unternehmen durchgesetzt, dass 1,5 Milliarden Dollar des Barvermögens von Tesla in die Digitalwährung investiert werden. Tesla konnte im Februar bei einem Kurs von schätzungsweise 39’000 Dollar einsteigen.

Selbst nach dem Absturz gestern Donnerstag liegt der Kurs bei 50’000 Dollar mit 28 Prozent im Plus. Und einen Teil der Gewinne hat Musk schon mitgenommen. Im jüngsten Geschäftsquartal hatte das Unternehmen Bitcoins im Wert von fast 300 Millionen Dollar wieder verkauft und nach eigenen Angaben rund 100 Millionen verdient.

Warum Bitcoin soviel Strom verbraucht

Wie hoch der Strombedarf des Bitcoin insgesamt ausfällt, kann man nirgendwo exakt ablesen. Die Plattform Digiconomist des niederländischen Ökonomen Alex de Vries schätzt, dass jährlich knapp 100 Terawattstunden dafür anfallen. Forscher am Center for Alternative Finance der Universität Cambridge kommen auf einen noch etwas höheren Wert: Sie haben einen Jahresverbrauch von rund 141 Terawattstunden pro Jahr errechnet. So viel Energie verbrauchen auch ungefähr die Niederlande, ein Land mit 17 Millionen Einwohnern.

Der hohe Energieverbrauch kann auch auf die konkrete Verwendung des Bitcoin heruntergebrochen werden: Die Cambridge-Forscher haben ausgerechnet, dass jede Transaktion einen Fussabdruck von 428 Kilogramm des Klimagases CO2 hinterlässt. Das entspricht knapp einer Million Buchungen beim Kreditkartenanbieter Visa oder dem Konsum von rund 71’000 Stunden YouTube-Videos.

Der Energiebedarf ist auf die Vorgaben des Erfinders des Bitcoin zurückzuführen, der nur unter dem Pseudonym «Satoshi Nakomoto» bekannt ist. Er musste einen Weg finden, um Doppelausgaben des Digitalgeldes zu verhindern. Beim Papiergeld besteht das Problem nicht, weil jede Geldnote aus dem Portemonnaie verschwindet, sobald sie ausgegeben wurde. Aber bei digitalem Geld könnte jemand die Datei kopieren und die virtuelle Geldnote immer wieder ausgeben.

Als Lösung hat Satoshi für die Kontrolle der Bitcoin-Verwendung und das Schürfen neuer Bitcoins ein Verfahren festgelegt, das auf der Lösung von mathematischen Problemen durch die «Miner» beruht. Damit wird in dem Netzwerk auch sichergestellt, dass Transaktionen nicht rückgängig gemacht werden können. Man bräuchte mehr als die Hälfte der gesamten Rechenleistung im Bitcoin-Netzwerk, um es zu manipulieren und etwa einen Bitcoin doppelt auszugeben.

Miner habe viel investiert – darum keine Abkehr

Die Betreiber der Rechner im Netzwerk werden für ihre Arbeit belohnt. Allerdings kommt immer nur derjenige zum Zug, der das Ergebnis zuerst liefert. Alle anderen «Miner» gehen leer aus. Dieses ineffiziente «Proof of Work»-Verfahren ist der eigentliche Grund für den hohen Energie-Konsum. Kleinere Kryptowährungen wie Peercoin, Blackcoin und Nxt verwenden ein anderes Verfahren («Proof of Stake»), bei denen die Rechenleistung der «Miner» keine Rolle spielt. Hier werden die Arbeitsaufgaben zur Blockbildung wie bei einer Lotterie vergeben. Dabei werden diejenigen Pools bevorzugt, die bereits über viele virtuelle Münzen verfügen.

Weil der Besitz von Hochleistungsrechnern bei diesem neuen Verfahren nicht mehr entscheidend ist, lehnen die meisten «Miner» in der Bitcoin-Community einen Umstieg auf das umweltfreundlichere Konsensverfahren ab. Schliesslich haben sie grosse Summen in ihre Technik investiert und wollen diese nicht wertlos machen.

Experten wie der niederländische Ökonom de Vries sehen vor diesem Hintergrund keine Perspektive, dass der Bitcoin irgendwann weniger Energie verschlingen wird – ganz im Gegenteil. Der steigende Kurs animiere immer mehr kommerzielle Bitcoin-Schürfer, ins Geschäft einzusteigen – auch mit älteren Rechenzentren, deren Betrieb sich bei einem niedrigeren Kurs nicht mehr gelohnt hat.

Der Wirtschaftswissenschaftler Philipp Sandner sieht hier allerdings keinen grossen Unterschied zu klassischen Anlageformen wie Gold und Silber. Da werde auch die Umwelt belastet. Und wenn der Goldkurs steige, lohne es sich auch, noch mehr Diesel, Strom und Chemikalien einzusetzen, um aus bislang unrentablen Minen Gold zu schürfen, sagt der Professor an der Frankfurt School of Finance & Management.

Für Sandner ist nicht die Summe der Energie entscheidend, sondern die Energiequelle. «Das Bitcoin-Netzwerk wird schon heute zu 60 bis 65 Prozent – je nach Schätzung – mit grüner Energie betrieben.» So seien bei der Bitcoin-Erzeugung neben China und Ländern wie Tadschikistan auch Regionen wie Nord-Norwegen sowie Schweden, Finnland und Island hoch im Kurs. Forscher in Cambridge haben allerdings nur einen Anteil von rund 40 Prozent erneuerbarer Energie im Bitcoin-Netzwerk ausgerechnet und verweisen auf problematische Umstände in Ländern wie dem Iran.

* mit Material der Agentur DPA (Christoph Dernbach)