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Rennen ums Präsidentenamt
Unter dem Einfluss Russlands: Brisante Stichwahlen setzen Moldau unter Druck

epa11694850 An elderly woman shares electoral leaflets in front of a party campaign tent in downtown Chisinau, Moldova, 31 October 2024. Moldova will hold the second round of presidential election, between incumbent Moldovan President Maia Sandu and former prosecutor general Alexandr Stoianoglo, on 03 November 2024.  EPA/DUMITRU DORU
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In Kürze:
  • Präsidentin Sandu steht in Moldau vor einer entscheidenden Stichwahl.
  • Der russlandfreundliche Kandidat Stoianoglo erhält unerwartet starken Rückhalt.
  • Moskau soll massiv in die Wahlen und das Referendum eingegriffen haben.
  • Manipulationsvorwürfe und Ermittlungen verschärfen die angespannte politische Lage.

Vor zwei Wochen fanden in der Republik Moldau Präsidentschaftswahlen und ein EU-Referendum statt, und es gab zwei Überraschungen: Das Referendum ging mit etwas mehr als 50 Prozent Ja-Stimmen denkbar knapp aus, und die amtierende Präsidentin Maia Sandu muss mit 42 Prozent der Stimmen an diesem Sonntag in die Stichwahl (lesen Sie hier die Analyse zum ersten Wahlgang).

Dass ihr stärkster Konkurrent, Alexandr Stoianoglo von den russlandfreundlichen Sozialisten, 26 Prozent holen würde, war in Chisinau vor der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen nicht erwartet worden. Nun wird in proeuropäischen Kreisen in der Republik Moldau befürchtet, dass die Wähler, die zuvor für andere, prorussische Kandidaten gestimmt hatten, Stoianoglo ihre Stimme geben. Es könnte also sehr, sehr knapp werden.

«Beispielloser Angriff auf Freiheit und Demokratie»

Wenig überraschend war hingegen gewesen, dass Moskau im ersten Wahlgang und bei dem Referendum, mit dem der angestrebte EU-Beitritt in die Verfassung geschrieben werden soll, massiv interveniert hatte. Präsidentin Sandu war noch in der Nacht nach der Wahl am 20. Oktober vor die Presse getreten und hatte von einem «beispiellosen Angriff auf Freiheit und Demokratie» gesprochen. Es gebe Beweise, dass mehr als 300’000 Stimmen gekauft worden seien.

(FILES) Moldovan President and candidate for Party of Action and Solidarity (PAS) party Maia Sandu prepares to cast her ballots for the Presidential election and referendum on joining the European Union, at a polling station in Chisinau on October 20, 2024. Moldova's pro-EU President won a first round of Presidential elections on October 20, 20204 but on November 3, 2024 is expected to face a tough second round against Alexandr Stoianoglo, a former prosecutor backed by the pro-Russian Socialists. (Photo by Daniel MIHAILESCU / AFP)

In den vergangenen zwei Wochen ist die Lage extrem angespannt geblieben; Ermittlungen von Staatsschutz und Polizei brachten weitere Belege für Manipulationen ans Licht. So sollen umgerechnet knapp 34 Millionen Franken an moldauische Bürgerinnen und Bürger von der russischen Staatsbank Promswjasbank transferiert worden sein, die durch Textnachrichten über die Geldanweisungen informiert wurden.

15 Millionen US-Dollar sollen im September, 24 Millionen im Wahlmonat Oktober ins Land geflossen sein. Dahinter, heisst es, stehe der moldauische Oligarch Ilan Sor, der sich auf der Flucht vor einer Haftstrafe erst nach Israel und dann nach Moskau abgesetzt hatte. Seither seien Durchsuchungen im ganzen Land vorgenommen worden, so Polizeichef Viorel Cernauteanu. Danach seien 520 Mittelsmänner mit Geldstrafen von 37’000 Leu, knapp 1900 Franken, belegt worden.

Ein «trojanisches Pferd Moskaus»?

In der Stichwahl treffen nun also die proeuropäische, durchaus populäre 52-jährige Staatschefin und ein ehemaliger Generalstaatsanwalt aufeinander. Besonders pikant ist die Sache, weil der 57-jährige Stoianoglo, der sein Amt 2019 angetreten hatte, bereits 2021 wegen Korruptionsvorwürfen verhaftet worden war. Stoianoglo wurde suspendiert und 2023 entlassen.

Presidential candidate of the Socialist Party of Moldova-PSRM, Alexandr Stoianoglo gives a press conference at the party's headquarters in Chisinau, on October 18, 2024. (Photo by Daniel MIHAILESCU / AFP)

Er zog jedoch vor Gericht und erreichte ein Urteil in eigener Sache vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, das ihm konzedierte, in Moldau kein faires Verfahren bekommen zu haben. Danach sprach ihn auch ein Gericht in Chisinau in einem der Anklagepunkte frei; Kritiker warfen den Korruptionsermittlern in der Hauptstadt vor, keine ausreichenden Beweise für die Vorwürfe gesammelt zu haben. Stoianoglo, der in der prorussischen autonomen Region Gagausien geboren ist, warf Sandu daraufhin vor, Ermittlungsbehörden und Justiz gegen ihn instrumentalisiert zu haben.

Im aktuellen Wahlkampf bestritt er, auf der Seite Russlands zu stehen; er wolle aber den Weg in die EU langsamer gehen. Der Nachrichtenagentur Reuters sagte er in einem Interview, sollte er gewinnen, werde er versuchen, die Spannungen mit der russisch dominierten Separatistenregion Transnistrien zu vermindern. Er sei auch jederzeit bereit, den russischen Präsidenten zu treffen. Sandu wirft dem Sozialisten vor, ein «trojanisches Pferd Moskaus» zu sein. Ihr Opponent bestreitet jedoch regelmässige Kontakte nach Moskau. Das Referendum, mit dem der Beschluss zum EU-Beitritt festgeschrieben wird, hatte Stoianoglo allerdings boykottiert.