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Strassenfussballer im Rampenlicht
Früher beklaute er den Pfarrer, heute ist er Rapper – und Italiens Hoffnung

Moise Kean von Italien im UEFA Nations League Spiel gegen Frankreich im Parc des Princes, Paris, 6. September 2024.
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In Kürze:
  • Moise Kean stahl in seiner Jugend einen Ball von einem Priester.
  • Er debütierte bereits mit 16 Jahren für Juventus in der Serie A.
  • Nach einer schwierigen Karrierephase ist er nun bei der Fiorentina erfolgreich.
  • Der 25-Jährige ist auch als Rapper unter dem Pseudonym KMB aktiv.

Es ist eigentlich ein Tag wie jeder andere in Asti im Piemont. Der junge Moise Kean läuft über den rauen Asphaltplatz des Oratorio Don Bosco. Um ihn herum spielen Kinder aus allen Ecken der Stadt. Sie alle haben die gleiche Leidenschaft, aber ganz unterschiedliche Geschichten.

Kean, noch nicht einmal im Teenageralter, möchte unbedingt Fussball spielen, ihm fehlt dazu aber der Ball. Der letzte, den er hatte, ist auf mysteriöse Weise verschwunden. Verzweifelt schleicht er sich zum nahe gelegenen Pfarramt, wartet, bis der Pfarrer seine Räumlichkeiten verlässt, und greift sich schnell einen Ball aus dessen Schublade.

Er weiss, dass er etwas Verbotenes macht, doch der Drang, zu spielen, ist stärker. So erzählt er es Jahre später in einem selber verfassten Brief auf Theplayerstribune.com. Dieser kleine Diebstahl wird zu einem Symbol für die vielen Hürden, die Moise Kean in seiner Kindheit überwinden muss. Ein Junge, der sich durch schwierige Verhältnisse kämpft, um eines Tages als Fussballer die grosse Bühne der Serie A zu betreten.

Früh zeigt sich sein grosses Talent

Im Alter von 16 Jahren und acht Monaten debütiert Kean für seinen Jugendverein Juventus. Er macht dies als jüngster Liga-Spieler in der Geschichte des italienischen Rekordmeisters und als erster Spieler der gesamten Serie A, der im Jahr 2000 oder später geboren ist.

Auch in der Champions League schreibt er als erster Spieler mit Jahrgang 2000 Sportgeschichte. Dieser junge Stürmer weckte grosse Erwartungen in Italien. Die «Gazzetta dello Sport» bezeichnete Kean im November 2016 bereits als neuen Mario Balotelli, ein Vorbild von Kean, von dem er sich schon den «Muskelmann»-Torjubel abgeschaut hat.

Mario Balotelli jubelt mit seinem Teamkollegen Claudio Marchisio, während Philipp Lahm enttäuscht wirkt, im UEFA EURO 2012 Halbfinale zwischen Deutschland und Italien in Warschau, Polen.

Als er dann als 19-Jähriger in seinem zweiten Länderspiel für Italien sein erstes Tor schiesst, ist Kean endgültig das grosse Zukunftsversprechen der Squadra Azzura und «il nuovo Balotelli».

Er durchlebt eine schwierige Kindheit

Wie Balotelli hat auch Kean Wurzeln in Westafrika – seine Eltern stammen aus der Elfenbeinküste. Aufgewachsen ist Kean in Asti, einer Weinregion im Piemont. Als er noch ein kleiner Junge war, verliess sein Vater die Familie, liess Mutter Isabelle, Moise und den sieben Jahre älteren Bruder Giovanni zurück. «Ich habe in meiner Kindheit gelitten und hatte es schwerer als andere. Jeden Tag, wenn ich zum Training fahre, erinnere ich mich daran, um hungrig zu bleiben», sagte Kean gegenüber Theplayerstribune.com.

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Kean lernte das Fussballspielen auf jenem Asphaltplatz vor dem Oratorio Don Bosco in Asti, einem katholischen Jugendtreff. «Wenn du auf den Boden gefallen bist, tat das sehr weh. Du musstest aber wieder aufstehen, egal was war», so Kean.

Stundenlang kickte er mit seinen Freunden, entweder im Oratorio oder auf der Strasse. Hauptsache, dem Alltag entkommen, Hauptsache, Fussball. «Meine Mutter hatte Schichtdienst im Krankenhaus, manchmal kam sie erst spät in der Nacht heim, und ich war noch unterwegs und nahm an nächtlichen Fussballturnieren teil. Jeder Mitspieler zahlte zehn Euro, und ich musste oft betteln, leihen oder sparen, um meinen Beitrag zu leisten. Das Gewinnerteam erhielt das gesamte Geld.» 

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Konkurrenzkampf mit Higuain und Mbappé

Nach seinem frühen Erfolg bei Juventus stagnierte Keans Karriere. In Turin standen ihm im Sommer 2017 grosse Namen wie Gonzalo Higuain und Mario Mandzukic im Weg. Es folgten komplizierte Jahre: ein Leihgeschäft mit Hellas Verona, ein Transfer zu Everton, eine anschliessende Leihe an Paris Saint-Germain, wo er mit den Superstars Neymar und Kylian Mbappé konkurrieren musste.

Kylian Mbappe, Neymar Jr. und Moise Kean von PSG feiern gemeinsam während des Spiels gegen Bordeaux in der Ligue 1 am 28. November 2020.

Danach folgte die Rückkehr zu Juventus, das ihn im vergangenen Sommer nach einer Saison ohne Ligatore nach Florenz transferierte. Und dies scheint genau der richtige Schritt für den mittlerweile 25-Jährigen gewesen zu sein. 15 Saisontore erzielte der Mittelstürmer für das Team aus der Toskana. Damit ist Kean der zweitbeste Torschütze der Serie A. Der Norditaliener scheint in dieser Saison endlich an die grossen Erwartungen anzuknüpfen, die ihn seit Beginn seiner Karriere begleiten.

Immer wieder wird er Opfer von Rassismus

Seine Tore zelebriert Kean sehr auffällig. Einer seiner liebsten Jubel ist der Griddy, ein Tanz, der aus dem American Football stammt und via Tiktok berühmt wurde.

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Darüber, dass Kean, der keinem kernigen Zweikampf und nur den wenigsten Rudelbildungen aus dem Weg geht, gern auch vor gegnerischen Fankurven jubelt, kann man diskutieren. Völlig indiskutabel hingegen ist der Rassismus, dem er immer wieder zum Opfer fällt. Sein ehemaliger Juventus-Mitspieler Leonardo Bonucci gab ihm vor einigen Jahren «50 Prozent Mitschuld» an den Beleidigungen, mit der Begründung, er hätte nicht vor den gegnerischen Fans jubeln sollen. Die Kommentare brachten Bonucci viel Spott und Häme ein.

Nach einer Niederlage im Februar gegen Inter wurde Kean auf Instagram von mehreren Personen als «Affe» beleidigt. Er reagierte auf seine Art, indem er sein Profilbild kurzerhand durch das Bild eines Gorillas ersetzte und ein Gorilla-Emoji neben seinen Namen setzte. Zudem teilte er die rassistischen Nachrichten in seiner Story, um auf solche Angriffe aufmerksam zu machen.

Er rappt für ein Millionenpublikum

Kean findet nicht nur als Fussballer Gehör, sondern auch als Rapper KMB. Im November 2023 erklärte er im «19f Podcast», dass er bereits seit längerem Musik mache, sich jedoch noch nicht bereit fühle, diese zu veröffentlichen. Kurz darauf erschien sein bisher erfolgreichstes Lied «Outfit», das mittlerweile auf Spotify über drei Millionen Streams verzeichnet.

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Im Dezember des gleichen Jahres veröffentlichte Kean sein erstes Soloalbum, «Chosen». Er rappt über sein Leben und provoziert gern mit Themen wie seinem Reichtum oder anstössigen Texten. Doch auch in diesem Bereich scheint Kean Erfolg zu haben: Rund 125’000 Menschen hören monatlich seine Lieder allein auf Spotify.

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Und es sollen noch mehr folgen: Zusammen mit seinem guten Freund, dem Milan-Spieler Rafael Leão, der ebenfalls Musik macht, plant Kean einen gemeinsamen Song. Der einstige Strassenfussballer aus Asti beweist, dass er nicht nur auf dem Spielfeld, sondern auch mit seinen Beats und Texten für Aufsehen sorgt – immer auf der Suche nach dem nächsten grossen Treffer, egal ob mit dem Ball oder dem Mikrofon.