Anträge auf Gelder steigenMitten in der Krise: Fotovoltaik erlebt einen Boom
Wer eine Solaranlage baut, kann dafür einen Beitrag vom Bund erlangen. Die zuständige Firma ist «überrascht» von den vielen neuen Anträgen in diesem Jahr. Und beschleunigt das Verfahren.
In der Solarbranche läuft es rund. 45 Prozent mehr als gedacht – so viel mehr Anträge auf Zahlungen für Fotovoltaikanlagen gingen in diesem Jahr bisher ein. «Das hat uns überrascht», sagt Hansjörg Bless von Pronovo. Die Firma ist dafür zuständig, dass solche Gesuche überprüft werden und am Ende Geld an die Antragssteller fliesst.
Das Bundesamt für Energie meldete im Frühjahr ein starkes Wachstum bei der Installation und Anmeldung von Fotovoltaikanlagen gegenüber dem letzten Jahr. Das Bundesamt ging jedoch davon aus, dass sich die Nachfrage nach Fördergeldern möglicherweise abkühlen wird. Das ist offenbar nicht so.
«Die Pandemie weckt auch das Bedürfnis nach einer sicheren Versorgung aus der Nähe – eine Solaranlage passt da bestens hinein.»
Monatlich gehen rund 1400 neue Gesuche auf eine solche Einmalvergütung bei Pronovo ein. Pro Monat heisst die Firma in diesem Jahr rund 2000 Gesuche gut und kann so eine bestehende Warteliste kontinuierlich abbauen. Bei diesen sogenannten Einmalvergütungen erhalten Solaranlagenbetreiber einen einmaligen Beitrag an ihre Investition. Das Geld stammt aus einem Fonds, den alle Endverbraucher über einen Zuschlag auf den Strompreis finanzieren. Die Zahlung beträgt maximal 30 Prozent der Investitionskosten für die jeweilige Anlage.
Langes Warten war einmal
Ein altes Vorurteil lautet: Wer eine Fotovoltaikanlage baut, muss sehr lange warten, bis er subventioniert wird. Doch Pronovo geht davon aus, dass bis Ende Jahr eine entsprechende Warteliste für die sogenannte Kleine Einmalvergütung für kleine Fotovoltaikanlagen deutlich reduziert werden kann. Anfang Jahr waren noch rund 17’000 Projekte auf der Liste, was nach Eingang der vollständigen Anmeldung einer Wartefrist von rund 18 Monaten entsprach. Per Jahresende 2020 wird diese Frist auf rund 9 Monate verkürzt sein.
Die Gründe laut Pronovo: In erster Linie stehen seitens des Bundes gegenüber den Vorjahren deutlich erhöhte Kontingente zur Verfügung – insgesamt 376 Millionen Franken. 2018 waren es noch 200 Millionen Franken. Die Abläufe und der rechtliche Rahmen sind seit zwei Jahren konstant geblieben. Die Qualität der eingereichten Anträge sei höher als früher, sagt Bless – auch weil mittlerweile zwischen der Einreichung des Gesuchs und der Auszahlung der Fördergelder deutlich weniger Zeit verstreicht.
Pronovo selbst hat dazu beigetragen, dass während der Corona-Krise die Antragssteller noch schneller zum Geld kommen. Die gesetzliche Einsprachefrist bei genehmigten Projekten müsse nicht abgewartet werden, um die Vergütung auszuzahlen.
Anlagen auf Einfamilienhäuser als Treiber
Laut Swisssolar, dem Verband der Sonnenenergiebranche, ist der Grund für den Boom klar: «Manche Bauherren nutzten die Lockdown-Zeit, um schon länger geplante Projekte anzupacken», sagt David Stickelberger von Swisssolar. Die Pandemie wecke auch das Bedürfnis nach einer sicheren Versorgung aus der Nähe – «eine Solaranlage passt da bestens hinein», so Stickelberger.
Der Boom findet vornehmlich auf den Einfamilienhäusern statt. Bei Swisssolar heisst es denn auch, dass bei grösseren Anlagen einzelne Projekte zurückgestellt würden, weil die Investoren zuerst die konjunkturelle Entwicklung abwarten wollen.
Ganz grundsätzlich gilt: Meist sind es kleinere Anlagen, die von einer Unterstützung profitieren, so Pronovo. Von den Gesuchen seien prozentual nur wenige Grossprojekte, welche jedoch insgesamt ein grosses Leistungsvermögen ausmachen, sagt Bless.
Grosse Anlagen anders fördern
So erfreulich der überraschende Anstieg bei kleinen Anlagen ist: Er löst die zentrale Herausforderung nicht. Diese besteht darin, Stromlücken im Winter oder Ausfälle aus abgeschalteten KKW zu kompensieren – und dabei nicht noch deutlich abhängiger von Stromimporten aus dem Ausland zu werden.
Generell geht der Ausbau langsam vorwärts. Gegenüber dieser Zeitung konstatierte David Stickelberger im Juli mit Blick auf den Zubau 2019: «Wir hätten etwas mehr erwartet.» Swisssolar ging von einem Zubau von etwa 350 Megawatt Leistung aus, doch der konnte knapp nicht erreicht werden.
Um den Ausbau von grossen Fotovoltaikanlagen zu beschleunigen, sieht der Bundesrat künftig Ausschreibungen für solche Projekte vor. «Dabei erhält jener Produzent den Zuschlag, der eine bestimmte Menge Solarenergie am günstigsten produziert», schreibt der Bundesrat in einer Botschaft zur Vernehmlassung der Revision des Energiegesetzes. Beiträge an Fotovoltaikanlagen will der Bundesrat zudem nochmals fünf Jahre länger gewähren – bis 2035, nicht wie ursprünglich vorgesehen bis 2030.
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