«Hamas-Tunnel mit Strom versorgt»Israel macht UNRWA nach Tunnel-Fund schwere Vorwürfe
Israels Armee meldet den Fund eines Hamas-Schachts unter dem Sitz des UNO-Palästinenserhilfswerks in Gaza. Der Schweizer Chef will davon nichts gewusst haben.
Die Bilder zeigen einen Tunnel, durch den ein Kabelstrang läuft, sie zeigen Toiletten und lange Gänge, die schliesslich zu einem Ausgang führen, etwa 20 Meter unter der Erde, freigelegt durch israelische Bagger. Vergangene Woche lud die israelische Armee eine Gruppe internationaler Journalisten nach Gaza ein auf eine geführte Tour, auf der Bilder von Gebäuden und Tunnelschächten gemacht werden durften, die die Armee aussuchte. Und die danach von einem Militärzensor genehmigt werden mussten.
Für Israel sind die Bilder der Beweis dafür, dass das Hilfswerk der UNO für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) eine Mitverantwortung trägt am Terror der Hamas, da der gezeigte Tunnel direkt unter dem UNRWA-Hauptquartier in Gaza verlaufe. Das Militär teilte mit, dass die «elektrische Infrastruktur» des etwa 700 Meter langen Schachtes mit dem Hauptquartier der Organisation «verbunden» sei, was wiederum darauf hindeute, dass «UNRWA-Einrichtungen den Tunnel mit Strom versorgen». Belege dafür wurden den Journalisten nicht gezeigt.
Die Pressetour der Israelis und die Entgegnungen der UNRWA sind ein neues Kapitel im seit Jahrzehnten andauernden Konflikt zwischen den beiden Seiten. Das Hilfswerk wurde einst gegründet, um sich um die etwa 800’000 Menschen zu kümmern, die durch Israels Staatsgründung vertrieben worden waren.
Fast 20 Länder stellten finanzielle Hilfen für UNRWA ein
Zuletzt beschuldigte Israel Ende Januar die UNRWA, dass zwölf von deren Mitarbeitern sich am Terror der Hamas am 7. Oktober beteiligt hätten. Israels Geheimdienst soll ein Dossier angefertigt haben, das auch die Verbindungsdaten der Verdächtigen auflistet. Er habe es bisher nicht bekommen, sagt der Schweizer UNRWA-Chef Philippe Lazzarini seit Tagen – er habe aber dennoch alle Verdächtigen entlassen und zwei Untersuchungen eingeleitet. Die «Financial Times» konnte das Dossier einsehen und berichtet, die Vorwürfe seien darin «nicht belegt».
Fast 20 Länder, darunter Deutschland und die USA, haben nach den israelischen Vorwürfen ihre finanziellen Hilfen an das Hilfswerk eingestellt, insgesamt soll es sich um etwa 400 Millionen Dollar handeln. Die UNRWA warnt, dass die Mittel für die humanitäre Hilfe in Gaza im März zu Ende gehen könnten, Hunderttausende Flüchtlinge seien von einer Hungersnot bedroht. Länder wie Spanien und Norwegen stockten darauf ihre Hilfe auf.
Israelische Militärs: Bau hätte man hören müssen
Israels Aussenminister Israel Katz erklärte nach der Pressetour, die Entdeckung zeige die «tiefe Verstrickung» der UNRWA mit der Hamas. Er forderte den Rücktritt von Lazzarini. Der wiederum entgegnete, dass das Hilfswerk nichts von einem Tunnel unter seinem Gebäude gewusst habe. Was israelische Militärs als «Affront gegen den gesunden Menschenverstand» bezeichneten, da der Bau des Tunnels zu hören gewesen sein müsse.
Lazzarini wiederum entgegnete, die UNRWA habe das Gebäude bereits seit dem 12. Oktober verlassen, nach schweren Angriffen der Israelis. Grundsätzlich sei es so: Jeder verdächtige «Hohlraum» oder Vorgang in UNRWA-Einrichtungen in Gaza werde auch Israel gemeldet und veröffentlicht. Der «New York Times» sagte er zudem: «Unsere Angestellten sind Teil der sozialen Gesellschaft von Gaza. Und die Hamas ist Teil dieser Gesellschaft.»
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