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Merkel antwortet auf Kritik
«Mir bricht das Herz, wenn ich daran denke»

Seltenes Frage-und-Antwort-Spiel: Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstagmittag in der Berliner Bundespressekonferenz.
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Seit die Corona-Pandemie begonnen hat, war die Stimmung in Deutschland vermutlich noch nie so schlecht wie heute. Viele Politiker und Bürgerinnen folgen den Verhandlungen von Bundes- und Landesregierungen allenfalls noch gequält. Der seit Ende Oktober mehrmals verlängerte und verschärfte «Lockdown» ermüdet mittlerweile auch die Willigsten.

Obwohl Umfragen belegen, dass immer noch drei von vier Deutschen den aktuellen Kurs für richtig halten, hat in den Medien die Kritik längst überhandgenommen. Im aufkommenden Wahlkampf prügeln die Oppositionsparteien auf die regierenden Christdemokraten ein und lasten ihnen jedes einzelne Problem quasi persönlich an. Die Bundesländer schimpfen über Berlin. Die Bundesminister über das föderale «Durcheinander».

«Wir befinden uns in einer sehr schwierigen Phase der Pandemie.»

Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel

Nicht wenige Wissenschaftler erklären das bisherige Vorgehen rundweg für gescheitert. Stattdessen fordern sie eine «No Covid»- oder eine «Mit dem Virus leben»-Strategie, obwohl die meisten Bürger und Politikerinnen das eine für undurchführbar, das andere für verantwortungslos halten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel, in den Umfragen längst wieder die mit Abstand beliebteste Politikerin des Landes, beschloss deswegen, der schlechten Stimmung am Donnerstag mit Worten zu begegnen. 80 Minuten lang liess sie sich von der Berliner Hauptstadtpresse befragen – in normalen Zeiten bei ihr eine eher seltene Geste.

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«Wir befinden uns in einer sehr schwierigen Phase der Pandemie», sagte Merkel, noch bevor überhaupt eine Frage gestellt war. Die Lage sei widersprüchlich: Auf der einen Seite sinke die Zahl der Neuinfektionen und die Zahl der Menschen, die auf Intensivstationen eingeliefert werden müssten. «Unsere Massnahmen wirken also. Die Mühe lohnt sich.» Gleichwohl bleibe das Virus eine Zumutung «für uns alle».

Auf der anderen Seite stünden Todeszahlen, die weiter «erschreckend hoch» seien. Die jüngsten Erfolge würden zudem von einer neuen Gefahr bedroht: ansteckenderen Mutationen des Virus. Noch bestehe die Möglichkeit, so Merkel, «eine dritte Welle zu verhindern». Deswegen habe sie diese Woche zusammen mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer beschlossen, die Massnahmen bis mindestens Mitte Februar zu verlängern – und dabei sogar noch zu verschärfen.

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Ziel bleibe eine Inzidenz von maximal 50 Neuinfektionen pro 100’000 Einwohner innert 7 Tagen. Das sei ungefähr die Schwelle, bis zu der die Behörden neue Infektionen noch nachverfolgen könnten. Im Moment stehe Deutschland bei 119. Diesen Wert müsse man nun weiter senken.

Merkel sagte, sie setze sich auch vehement dafür ein, dass alle Länder in Europa im Wesentlichen dasselbe Ziel verfolgten. Anders könne sie die Zumutungen, die sie den Deutschen auferlege, nicht rechtfertigen. Epidemiologisch gesehen, sei Europa nämlich ein zusammenhängendes Gebiet – zu dem natürlich auch die Schweiz gehöre.

Aus ihrer Sicht dürfe es nicht sein, dass die einen mit ihrer Politik die Erfolge der anderen gefährdeten. Merkel hatte am Dienstag mit erneuten Grenzkontrollen für den Fall gedroht, dass einzelne Nachbarländer auf einmal einen ganz anderen Kurs verfolgten als der Rest.

Mit Guy Parmelin telefoniert

Bei den acht Nachbarn Deutschlands sehe sie im Moment eher wenig Probleme, sagte Merkel. Allerdings habe sie bereits mehrfach mit dem tschechischen Regierungschef telefoniert. In Tschechien waren die Zahlen bis vor kurzem um ein Vielfaches höher als in Deutschland.

«Wir werden sicher auch mit der Schweiz reden müssen.» Was genau Merkel damit meinte, sagte sie nicht. Im Dezember hatte sich die deutsche Regierung aber bekanntlich sehr über die Weigerung der Schweiz geärgert, ihre Skigebiete für ausländische Gäste zu schliessen, während fast überall sonst in Europa die Gondeln stillstanden. Bis heute sind die Eindämmungsmassnahmen in der Schweiz weniger streng als in Deutschland.

«Es ist eine schwere Zeit. Das lässt sich nicht wegreden.»

Angela Merkel

Auf die Frage, warum die Kritik an ihrer Politik derzeit zunehme, antwortete Merkel, sie sei davon nicht überrascht: Die Zumutungen, die diese «Jahrhundertkatastrophe» jedem einzelnen Menschen abverlangten, seien mit zunehmender Dauer schwerer zu ertragen. «Es ist eine schwere Zeit. Das lässt sich nicht wegreden.» Sie als Kanzlerin glaube aber, ihrer Verantwortung nachgekommen zu sein.

Am meisten belasteten sie persönlich die Tausenden von Menschen, die in Deutschland an Covid-19 gestorben seien. Zumal die Todeszahlen ja auch nicht einfach Zahlen seien: Sondern Menschen, die meist einsam gestorben seien. Schicksale, mit denen Angehörige fertig werden müssten. «Mir bricht das Herz, wenn ich daran denke.»

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Kurze Zeit nach dem Gespräch mit den Medien in Berlin rief Merkel übrigens tatsächlich den Schweizer Bundespräsidenten Guy Parmelin an. Dessen Sprecher Urs Wiedmer sagte auf Anfrage, dass es sich aber lediglich um eine erste Kontaktaufnahme von wenigen Minuten gehandelt habe. Das Gespräch sei sehr freundlich verlaufen, man habe sich gegenseitig die Corona-Lage im eigenen Land geschildert. Weder von einem allfälligen neuen Grenzregime noch von anderen «Absichtserklärungen» sei die Rede gewesen.