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Suche nach Vermissten läuft
Luxusjacht sinkt vor Sizilien, Tech-Milliardär vermisst: Das ist bisher bekannt

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Was ist passiert?

Die etwa 50 Meter lange Luxusjacht Bayesian ging am frühen Montagmorgen infolge eines schweren Unwetters mit starken Winden und sintflutartigen Regenfällen vor dem Hafen von Porticello im Norden Siziliens unter. Medienberichten zufolge wurde das Gebiet um 4.30 Uhr morgens von einer Wasserhose getroffen, einem Wirbel aus Wasser und Wind über dem Meer. Der 75 Meter hohe Mast brach und das Schiff sank offenbar schnell.

epa11555084 A handout photo made available on 19 August 2024 by Perini Navi Press Office shows the 'Bayesian' sailing boat, in Palermo, Sicily, Italy. At least one person died, six remain missing and 15 passengers were rescued, after a 56-meter-long luxury sailboat, the Bayesian, with 22 people on board, sank at dawn on 19 August off Porticello, near Palermo, after a tornado hit the area.  EPA/PERINI NAVI PRESS OFFICE / HANDOUT HANDOUT EDITORIAL USE ONLY/NO SALES

Wer war an Bord?

An Bord der Bayesian waren insgesamt 22 Menschen, 10 Besatzungsmitglieder und 12 Passagiere. Sie stammten mehrheitlich aus Grossbritannien, nach Angaben der Behörden waren aber auch Personen aus den USA, Frankreich, Kanada, Irland, Neuseeland und Sri Lanka an Bord. 15 Menschen konnten gerettet und an Land gebracht werden. Eine Leiche wurde im Wasser gefunden, nach Medienberichten soll es sich dabei um den Schiffskoch handeln. Nach sechs Menschen wird noch gesucht.

Wer wird vermisst?

Bei den sechs Vermissten handelt es sich nach Behördenangaben um vier Briten sowie zwei US-amerikanische Staatsangehörige. Wie italienische Medien übereinstimmend berichteten, soll sich neben dem in seiner Heimat als «britischer Bill Gates» bezeichneten Mike Lynch auch dessen 18-jährige Tochter unter den Vermissten befinden. Lynchs Frau konnte gerettet werden. Zu den Vermissten gehören zudem Jonathan Bloomer, der Chef von Morgan Stanley International, und seine Frau sowie der Anwalt Christopher Morvillo und seine Frau.

Wer sind die Vermissten?

Tech-Unternehmer Mike Lynch gründete einst den Software-Hersteller Autonomy. 2011 verkaufte er das Unternehmen für 11 Milliarden US-Dollar an Hewlett Packard. In diesem Zusammenhang lief ein Betrugsprozess gegen Lynch und Steve Chamberlain, der Finanzchef von Autonomy war. Sie sollen HP über den finanziellen Zustand des Unternehmens getäuscht haben. Die Angeklagten wurden im Juni überraschend in allen Punkten freigesprochen. Jonathan Bloomer, der Chef der Investmentbank Morgan Stanley International, ist ein Freund von Mike Lynch und trat im Prozess als Zeuge auf. Die Verteidigung übernahm die Kanzlei Clifford Chance, deren Anwalt und Partner Christopher Morvillo ebenfalls auf der Jacht war. Offenbar feierten sie zusammen den Freispruch, wie britische Medien berichten. Der Mitangeklagte Chamberlain war nicht auf der Bayesian. Wie nun bekannt wurde, starb er am Samstag, als er beim Joggen von einem Auto erfasst wurde.

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Wie laufen die Sucharbeiten?

Die Sucharbeiten der Rettungskräfte gestalten sich nach Angaben der Feuerwehr schwierig. Das Wrack der Bayesian liegt in einer Tiefe von 49 Metern auf dem Meeresgrund. Es wird davon ausgegangen, dass die Vermissten sich noch in dem Wrack befinden. Den vom italienischen Festland beorderten Spezialtauchern gelang es laut Feuerwehr, in das Innere des Wracks vorzudringen und einige Räume unterhalb der Kommandobrücke zu untersuchen. Zahlreiche Hindernisse versperren ihnen jedoch den Weg, auch die Enge stellt sie vor Schwierigkeiten. Die Taucherteams der Feuerwehr bestehen aus zwei spezialisierten Höhlentauchern, die 12 Minuten in der Tiefe bleiben, bevor sie aufsteigen, und sich ständig mit einem weiteren Team abwechseln. Derzeit wird die Möglichkeit geprüft, das Wrack unter Wasser zu öffnen, um sich Zugang zu verschaffen. Der Zugang zu den Kabinen im Unterdeck, in denen die Vermissten vermutet werden, ist noch immer versperrt.

PORTICELLO, ITALY - AUGUST 19: A coast guard vessel and a private sail boat assist the search for missing passengers after a yacht capsized on August 19, 2024 off the coast of Palermo, Italy. Several people, including four Britons, two Americans and a Canadian national, are missing after the 50-metre sailing yacht  Bayesian carrying 22 passengers sank of the coast of Porticello in the province of Palermo, Sicily, at around 03:00 GMT. Italy's coastguard and firefighters brought 15 people to safety with rescue and recovery efforts ongoing. (Photo by Vincenzo Pepe/Getty Images)

Gibt es noch Hoffnung auf Überlebende?

Gemäss Medienberichten besteht für die sechs Vermissten kaum mehr Hoffnung. Die Rettungstaucher hätten durch die Bullaugen des Wracks mehrere Leichen in den Kabinen gesehen.

Wie lief die Rettung ab?

Die Überlebenden konnten offenbar ein selbstaufblasendes Rettungsboot aktivieren und sich darin retten. Sie konnten ein Leuchtsignal abschiessen, das auch von Land aus gesehen wurde. Der Captain des Segelschiffs, das neben der Bayesian lag, sah das Nachbarschiff verschwinden. Er liess während des Sturms den Motor an, um die Kontrolle über sein Schiff zu behalten und eine Kollision mit der Bayesian zu vermeiden. Da sah er das Schiff sinken und eilte, als der Sturm nachliess, zu Hilfe. Seine Crew konnte die Überlebenden an Bord nehmen. Die Rettungskräfte vom Land konnten die Geretteten dort abholen.

Was sagen die Geretteten?

Eine 36-Jährige berichtet, dass sie mit ihrer einjährigen Tochter über Bord gegangen sei. Sie ging mit ihrem Mann während des Sturms an Deck, weil es sich im Innern wie ein Weltuntergang anfühlte, wie sie sagt. Im Wasser verlor sie das Mädchen für einen Moment aus den Armen, es sei das schlimmste Gefühl ihres Lebens gewesen. Sie kriegte das Kind aber gleich wieder zu fassen und streckte es mit gestreckten Armen über das Wasser. So schwamm sie um ihr Leben und rief um Hilfe, hörte aber nur die Schreie der anderen. Dann zogen die Besatzungsmitglieder sie ins Rettungsboot.

Wieso sank die Jacht?

Offenbar gelang es der Besatzung nicht mehr, vor dem aufziehenden Sturm den Anker zu lichten und die Jacht in den Hafen zu fahren. Der Captain sagte der italienischen Zeitung «La Repubblica», dass die Crew den Sturm nicht habe kommen sehen. Gemäss Augenzeugen lag die Jacht in Sichtweite der Küste voll erleuchtet vor Anker, als das Gewitter aufzog. Der Chef des Zivilschutzes von Sizilien sprach von Pech: «Sie waren zur falschen Zeit am falschen Ort.» Nach dem Mastbruch sei das Schiff innert weniger Minuten gesunken.

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Was sagen Meteorologen zum Sturm?

Am Sonntag gab es in Italien mindestens drei Wirbelstürme. «Jeder Wassertropfen enthält für sich genommen eine sehr geringe Menge an Energie in Form von Wärme. Zusammengenommen haben sie jedoch die Kraft einer Lawine. Die Bayesian hatte das Pech, unter diese Lawine zu geraten», sagte Paolo Sottocorona, Meteorologe und selbst Segellehrer, der Zeitung La Repubblica. «Ich hätte mir nie vorstellen können, dass ein 50-Meter-Boot wegen schlechten Wetters untergeht.»

«Die verheerendsten Tornados traten früher einmal alle hundert Jahre auf. Jetzt erleben wir einen oder mehrere pro Jahr. Selbst Wettermodelle haben Schwierigkeiten, solch intensive Ereignisse vorherzusagen», so Sottocorona. «Je wärmer das Meer ist, desto stärker sind sie. Das warme Meer klingt angenehm, aber Wärme ist aus physikalischer Sicht Energie.» Man könne sich das aufgeheizte Mittelmeer wie einen Tank voller Benzin vorstellen und eine Kaltluftströmung wie ein Streichholz. «Wenn man das Streichholz anzündet, explodiert der Tank.»

Was ist über die Jacht bekannt?

Die Bayesian wurde 2008 in der Werft Perini Navi in der Toskana gebaut, wie die Zeitung «La Repubblica» berichtet. Sie wurde später renoviert und wird seit 2020 für Luxuskreuzfahrten genutzt. Das Schiff hat eine Länge von 56 Metern und ist 11 Meter breit. Die grosse Jacht bietet Platz für insgesamt zwölf Gäste in sechs Kabinen, darunter auch eine luxuriöse Master-Suite. Sie gehörte gemäss Berichten entweder Mike Lynchs Frau oder dem Milliardär selbst. Gemäss italienischen Medien hatte die Bayesian den zweithöchsten Segelmast der Welt und den höchsten Mast aus Aluminium. Trackingseiten zeigen als letzten Hafen Milazzo bei Messina an, dort legte das Schiff am 5. August ab. Dazwischen machte die Bayesian einen Zwischenstopp in Cefalù an der Nordküste Siziliens.

DPA/anf