Konkurrenz für NestléDer neue Kaffee der Migros ist so teuer wie Nespresso – aber verpackungsfrei
Der orange Riese will mit Luxus-Kaffee weltweit durchstarten. An der Produktneuheit hat das Unternehmen fünf Jahre lang im Geheimen getüftelt.
Auf den ersten Blick scheint die braune Kugel unverpackt. Das ist sie aber nicht. Der gepresste Kaffee wird von einer unsichtbaren Schutzhülle aus Alginat zusammengehalten, einem Naturstoff aus Algen. Die Migros hat am Dienstag in Zürich anlässlich einer Medienkonferenz mit Coffee B ein neues Kaffee-Produkt präsentiert, mit dem sie hofft, den weltweiten Markt für Automatenkaffee aufmischen zu können.
Der «orange Riese» bietet den neuen Coffee B sowie die zugehörige Kaffeemaschine ab sofort in seinen Schweizer Filialen an. Wie am Wochenende bereits die «SonntagsZeitung» berichtet hat, handelt es sich dabei um das erste Kapselsystem, das ohne Verpackung aus Plastik oder Aluminium auskommt. (Dazu der Kommentar: Die grossspurige Ankündigung der Migros ist eigentlich bescheiden)
Kapseln sind so teuer wie Nespresso
Mit Blick auf die Preise wird klar: Coffee B ist keine Billiglinie für jedermann. In der Schweiz kosten die Kaffee-Kugeln in etwa gleich viel wie die Kaffeekapseln der Hauptkonkurrentin Nespresso. Eine 9er-Packung Coffee-B-Kugeln kostet 4.60 Franken, die Bio-Alternative 4.95 Franken – das entspricht 51 respektive 55 Rappen pro Portion. Bei Nespresso kostet die Kapsel im Schnitt 50 Rappen.
Auch die Maschine ist nicht günstig. Sie kostet 169 Franken pro Stück. Coffee B ist also kein Produkt für Preisbewusste, sondern eines für Kaffeeliebhaber mit einem vergleichsweise hohen Budget.
Migros startet den Verkauf von Coffee B zeitgleich im Schweizer Heimatmarkt und in Frankreich. Dort arbeitet die Migros mit den Detailhandelsriesen Carrefour und Auchan zusammen. Im nächsten Jahr soll das System auch in Deutschland erhältlich sein. Und später, so hofft die Migros, auch in weiteren Ländern.
Und wie steht es um den Umweltschutz? Die Schutzschicht aus dem Algen-Material sei zu hundert Prozent kompostierbar, sagt die Migros. Doch das alleine macht den neuen Kugelkaffee noch nicht besonders ökologisch. Wichtiger für die Ökobilanz ist nämlich, was für einen Kaffee man wählt.
Im schlechtesten Fall macht der Anbau des Kaffees 70 Prozent der Umweltbelastung einer Tasse Kaffee aus, im besten Fall nur 1 Prozent. Heisst: Bei der Kaffee-Zubereitung ist wichtiger, wie dieser produziert wurde und welche Menge Kaffeepulver pro Portion benötigt wird, als die Frage, wie die Kapseln verpackt sind.
5,5 respektive 5,7 Gramm Kaffee von verschiedenen Linien der Marke «Café Royal» enthalten die neuen Kugeln. Man kann sie also direkt mit herkömmlichen Kapseln von Nespresso oder Delizio vergleichen, die die gleiche Menge Kaffee enthalten.
Zweistelligen Millionenbetrag investiert
Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen gab sich bei der Präsentation sichtlich stolz. An der «grössten Produktinnovation der Firmengeschichte» habe seine Firma im Stillen bereits seit fünf Jahren getüftelt. Im Delica-Werk in Birsfelden (BL) arbeitete ein 24-köpfiges Team aus Laboranten, Lebensmitteltechnologinnen und Maschineningenieuren daran – mit dem Ziel, eine «Kaffeekapsel ohne Verpackung» herzustellen. Insgesamt habe die Migros «einen zweistelligen Millionenbetrag» investiert, sagte Zumbrunnen.
Innovativ ist Coffee B im Wesentlichen aus zwei Gründen: erstens die unsichtbare Verpackung, die den gemahlenen Kaffee umschliesst. Zweitens die Maschine, deren Mechanismus diese Verpackung aufweichen und «cracken» kann, damit über kleine Kanäle das heisse Wasser durch die dicht gepresste Kugel fliessen kann. So werden die Aromen und ätherischen Öle aus dem Kaffee gelöst.
Die Maschine, die laut Migros eine Lebensdauer von etwa 12 Jahre haben wird, stammt von der Schweizer Firma Eugster Frismag in Amriswil (TG), die etwa auch Kaffeeautomaten der Marke Jura entwickelt. Die neuen Coffee-B-Automaten würden in China produziert, sagte Zumbrunnen. Sie seien, so versicherte er, per Schiff und Zug in die Schweiz transportiert worden.
Bei der Frage, ob es sich für die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten lohnt, nun die alte Kaffeemaschine gegen das neue – vermeintlich ökologische – Kugel-Kaffeesystem einzutauschen, geben sich die Migros-Verantwortlichen überraschend zurückhaltend, zumindest vorerst. An der Medienorientierung hiess es: «Wir raten, besser erst dann eine Coffee-B-Maschine zu kaufen, wenn die alte Maschine nicht mehr funktioniert. Alles andere wäre nicht nachhaltig.»
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