Analyse zu künstlicher IntelligenzGierig greifen sich die Techkonzerne unsere Daten
Meta, Google und OpenAI züchten mit Nutzerinformationen ihre AI, die sie uns dann gegen Geld anbieten. Ist das in Ordnung? Und was können wir dagegen tun?
Mark Zuckerberg kommt nicht einmal auf die Idee, zu fragen. Stattdessen ändert er kurzerhand die Nutzungsbedingungen bei Facebook und Instagram. Die User-Inhalte dürfen ab dem 26. Juni fürs Training der hauseigenen künstlichen Intelligenz benutzt werden. Die heisst «Meta AI», und sie erhält Zugriff auf Fotos und Bildunterschriften, nicht aber auf private Nachrichten.
In Europa existiert immerhin ein Widerspruchsrecht. Auch Schweizerinnen und Schweizer dürfen verlangen, dass ihre Inhalte nicht für Meta AI zur Verfügung stehen. Das geschieht in Instagram und Facebook jeweils über die Einstellungen im Profil und dort via «Datenrichtlinie»; unsere ausführliche Anleitung finden Sie hier. In anderen Weltregionen gibt es diese Option nicht. Nutzerinnen und Nutzer können es dort über Umwege probieren. Mancherorts wird empfohlen, das Nutzerkonto zu löschen; doch der Erfolg selbst dieser Massnahme ist fraglich.
Alles, was öffentlich ist, gehört Google
Andere Konzerne sind nicht besser. Google hat in einer kleinen Änderung in der Datenschutzerklärung vor einem Jahr kundgetan, dass «öffentlich zugängliche Quellen» fürs KI-Training benutzt werden. Damit ist das offene Internet gemeint: Die Informationen, die für Google zugänglich sind, werden auch für die KI genutzt – wiederum ungefragt.
Damit ändern die Techgiganten die Spielregeln auf unfaire Weise. Haben Sie vor fünf Jahren etwas auf Facebook gepostet, auf das Sie heute nicht mehr stolz sind? Vermutlich, denn bisher war das kein Problem. Wir haben uns darauf verlassen, dass in der Flut von Neuveröffentlichungen solch missratene Beiträge nach wenigen Tagen kaum mehr aufzufinden sind.
Doch nun reissen die KI Äusserungen nicht nur aus der Zeit, sondern auch aus dem Kontext. Die KI in der Google-Suchmaschine hat eine elf Jahre alte, scherzhaft gemeinte Behauptung aus einem Onlineforum in eine ernsthafte Auskunft umgemünzt. Man könne, sagte sie, die Haftwirkung von Käse auf der Pizza verbessern, indem man eine «Achteltasse ungiftigen Klebstoffs in die Sosse gibt» (mehr dazu hier).
Die KI-Kluft tut sich auf
Es stellt sich auch die Frage nach dem Geld und der Kontrolle. Ist es okay, wenn Techgiganten sich das Menschheitswissen zu eigen machen, um anschliessend nach eigenem Gusto festzulegen, wer zu welchem Preis und zu welchen Konditionen dieses Menschheitswissen nutzen darf? Die Optimisten argumentieren, dass dank offener KI ein Ausgleich stattfinden wird – aber die Gefahr einer riesigen KI-Kluft ist unverkennbar.
Was können wir dagegen tun? Im Einzelfall fast nichts – selbst das Löschen alter Posts, Websites und Nutzerkonten dürfte nicht mehr viel bewirken. Die Konzerne haben sich die Informationen, an denen sie interessiert sind, längst besorgt und als Kopien gespeichert. Es ist eine gesellschaftliche und politische Herausforderung, dafür zu sorgen, dass die künstliche Intelligenz im Dienst aller steht und nicht zur Entstehung eines neuen Herrschaftswissens beiträgt.
Chat-GPT von der eigenen Website fernhalten
Vorerst bleiben uns diese kleinen Spielräume:
Bei OpenAI können Sie Ihre Interaktionen mit Chat-GPT von der Weiterverwertung ausschliessen: Klicken Sie auf Ihr Benutzer-Icon, dann auf «Einstellungen» und auf «Datenkontrollen» und schalten Sie die Option «Das Modell für alle verbessern» ab.
Bei Google Gemini geht das ähnlich: Unter «Aktivitäten» klicken Sie auf die Taste «Deaktivieren».
Wer eine Website betreibt, kann OpenAI verbieten, deren Inhalte fürs Training von Chat-GPT zu verwenden. Dazu sperren Sie für den «GPTBot» den Zugriff. Die technischen Details sind bei OpenAI nachzulesen.
Ist das Verhalten der Techkonzerne übergriffig – oder sind wir selbst schuld? Wir können uns Selbstkritik nicht ersparen: Wir waren und sind bereit, die vielen vermeintlich kostenlosen Angebote im Netz in Anspruch zu nehmen, ohne uns gross Gedanken über die negativen Folgen zu machen.
Die Techkonzerne sind nun ihrerseits der Ansicht, dass ihnen gehört, wofür sie bezahlt haben. Das stimmt so jedoch auch nicht. Es braucht endlich Kostenwahrheit: Wir Nutzerinnen und Nutzer müssen wissen, was ein Onlineangebot kostet – und uns entscheiden, ob es uns das wert ist.
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