ProbefahrtMehr Funk für den Jazz
Honda spendiert dem beliebten Kleinwagen ein neues Outfit, ein gefälliges Interieur und einen innovativen Hybridantrieb. Dennoch fehlt ihm weiterhin ein gewisser Groove.
Innovativ ist Honda, das muss man dem japanischen Hersteller lassen. Der Kleinwagen Jazz, seit Jahren das beliebteste Modell in der Schweiz, hat nicht nur ein einzigartiges Innenraumkonzept, sondern in der neuen Generation auch einen besonderen Hybridantrieb. Kombiniert mit dem neuen Design, der moderneren Ausstattung und dem aufgewerteten Innenraum, wird der kleine Honda bestimmt weiterhin gern gekauft werden – allerdings nicht von Leuten, die Wert auf ein gutes Fahrgefühl legen.
Um es klar zu sagen: Fahren ist nicht die Stärke des japanischen Kleinwagens. Obwohl er gut den Rhythmus hält, wenn er mal in Schwung ist, und geradeaus ganz manierlich abrollt, bringen ihn Kurven schnell aus dem Takt. Die Lenkung ist schwammig, schnelle Richtungswechsel können Seekrankheit auslösen, und Überholmanöver lassen das Adrenalin sprudeln, besonders wenn es etwas bergauf geht. Auch die Geräuschkulisse ist alles andere als Musik in den Ohren, wenn man den Jazz etwas fordert.
Eigenwilliger Weg
Nichts für Menschen mit Benzin im Blut also – doch solche Autos werden dennoch gerne gekauft, von Kunden, denen andere Dinge wichtig sind. Für die hat der neue Jazz einiges zu bieten. Angefangen bei den «Magic Seats» genannten Fondsitzen: Die können nicht nur zusammengefaltet werden, es lassen sich auch die Sitzkissen hochklappen. Da der Benzintank unter den Vordersitzen angeordnet ist, entsteht so im Fond ein tiefer Laderaum, in dem auch mal eine Yuccapalme transportiert werden kann. Die Vordersitze lassen sich nach wie vor komplett flach umklappen und quasi in ein Bett umwandeln. Hinzu kommen eine gute Rundumsicht auf dem Fahrersitz, ein modernes Infotainmentsystem und ein wohnliches Ambiente. Mit diesem Innenraumkonzept sticht der neue Jazz im B-Segment hervor.
Das tut der Japaner auch mit seinem Antrieb. Denn anders als etwa beim Konkurrenten Toyota Yaris wird der Jazz nicht aus einer Kombination von Verbrennungs- und Elektromotor angetrieben. Im e-HEV genannten System von Honda stammt die auf die Vorderräder geleitete Antriebskraft fast immer allein von einem Elektromotor mit einer Leistung von 80 kW (109 PS). Der 1,5-Liter-Vierzylinder-Benzinmotor produziert in Verbindung mit einem zweiten E-Motor (Generator) den Strom dazu. Nur in wenigen Fahrsituationen im höheren Tempobereich kann das System auch den Benzinmotor direkt mit der Antriebsachse verbinden.
Crosstar soll Junge anlocken
Die Vorteile dieses Systems: Der Verbrennungsmotor kann meist im effizientesten Drehzahlbereich betrieben werden. Der Wirkungsgrad ist somit wesentlich höher – gemäss Hersteller liegt er bei maximal 40,5 Prozent, statt der üblichen rund 25 Prozent. Der Verbrauch ist entsprechend tiefer. «Das ist in etwa so, wie wenn Sie nachts Ihre Wäsche waschen, weil dann der Strom am günstigsten ist», erklärt der frühere Honda-Ingenieur und heute technische Berater Kotaro Yamamoto. Ausserdem entfällt bei dieser Antriebsweise ein konventionelles Getriebe, was einerseits Reibungsverluste minimiert, andererseits aber natürlich Kosten einspart – ein willkommener Effekt für den Hersteller. Der Normverbrauch des neuen Jazz von 4,6 Litern auf 100 Kilometer liegt auf Augenhöhe mit dem deutlich grösseren Toyota Prius mit «konventionellem» Hybridantrieb. Der durchschnittliche CO2-Ausstoss von 104 Gramm pro Kilometer klingt zwar gut, liegt aber noch immer klar über dem gültigen Richtwert von 95 Gramm.
Mit dem neuen Jazz will Honda ein jüngeres Publikum erreichen. Helfen soll die etwas höher gelegte und mit Dachträgern und Plastikplanken versehene Variante Crosstar. Ausserdem kann der Kleinwagen auch mit farblich abgesetztem Dach und in neuen Farbtönen geordert werden, was immerhin für etwas Auswahl sorgt. Denn beim Antrieb gibt es keine: In ganz Europa wird die neue Modellgeneration ausschliesslich als Hybridversion e-HEV verkauft. Letztlich hat der Jazz nun zwar etwas mehr Funk – ein gewisser Groove fehlt dem Japaner aber nach wie vor.
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