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Rücksicht auf Russlandgeschäfte
Martullo-Blocher verbietet das Wort «Krieg» bei Ems-Chemie

Magdalena Martullo-Blocher, Chefin der Ems-Chemie, hat in einer Mail die Belegschaft dazu aufgefordert, im Kontext mit dem Überfall auf die Ukraine das Wort «Krieg» zu vermeiden. 
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Der Krieg in der Ukraine darf nicht als solcher bezeichnet werden – das sehen die russischen Gesetze vor. Wer dagegen verstösst, dem drohen dort bis zu 15 Jahren Haft.

Nun beugen sich auch westliche Konzerne dem Sprachdiktat aus Russland. In der Schweiz hat die Ems-Gruppe ihre Mitarbeitenden dazu aufgefordert, das Wort «Krieg» im Kontext mit dem Überfall auf die Ukraine bei der geschäftlichen Kommunikation nicht mehr zu verwenden. Stattdessen soll vom «Ukraine-Konflikt» gesprochen werden. Das geht aus Mails hervor, aus denen übereinstimmend die «Wochenzeitung» (WOZ) und die Agentur Keystone-SDA zitieren.

Die WOZ zitiert aus einer Mail von Ems-Chefin Magdalena Martullo-Blocher vom 14. März. In dem Schreiben mit dem Betreff «Auftrag: Ukraine-Konflikt» vermerkt sie, dass sie bei dem Thema eine einheitliche Kommunikation sicherstellen wolle.

«In Russland wird die Verwendung des Wortes ‹Krieg› im Zusammenhang mit dem Konflikt zwischen der Ukraine und Russland mit Gefängnis bestraft», schreibt sie und ordnet an: «In der Ems-Gruppe wird intern und extern ab sofort und bis auf weiteres von ‹Ukraine-Konflikt› gesprochen. Das Wort ‹Krieg› ist nicht zu verwenden.» 

Ems spricht von Mitarbeiterinformation

Auf Anfrage dementierte Ems den Inhalt des Schreibens nicht. Generalsekretär Conrad Gericke erklärte dazu per Mail: «Unseres Wissens nach können Personen, welche von einem ‹Krieg› sprechen, in Russland politisch verfolgt werden. Darüber haben wir unsere Mitarbeitenden informiert.»

Interessant dabei ist aber, dass die Ems allen Mitarbeitenden anordnet, in ihrer geschäftlichen Kommunikation das Wort «Krieg» mit Blick auf die Ukraine zu vermeiden. Die Anweisung wurde nicht beschränkt auf den Schriftverkehr, der an Mitarbeitende oder Kunden in Russland gerichtet ist. Warum auch Ems-Beschäftigte, die keinen Kontakt mit Russland haben, nicht von «Krieg» sprechen dürfen, diese Frage liess das Unternehmen unbeantwortet.

Mittlerweile ist das Russland-Geschäft in den beiden Werken aufgrund des Krieges «weitgehend unterbrochen». «Die Mitarbeitenden vor Ort machen Unterhaltsarbeiten», erklärt Generalsekretär Gericke. Der Umsatz in Russland mache rund 1 Prozent der Ems-Gruppe aus.

Stadler meidet das Wort «Krieg» 

Der Konzern ist indes nicht der einzige, der das Wort «Krieg» scheut. Im Geschäftsbericht der Stadler Rail, die ein Werk in Weissrussland hat, ist der Begriff ebenfalls nicht zu finden. Es ist vom «Ukraine-Russland-Konflikt» die Rede, der Angriff wird als «militärische Intervention» bezeichnet.

Die Stadler-Rail-Sprecherin versichert dennoch, dass es keine offizielle Sprachregelung gebe. Die Wortwahl im Jahresbericht habe man aus kommunikativer Sicht so gewählt, damit es nicht allzu negativ klinge. 

Debatten um den angemessenen Sprachgebrauch gibt es offenbar auch bei der britischen Grossbank HSBC. Die «Financial Times» berichtete mit Bezug auf Insider, dass bei externen Dokumenten wie Analysten-Reports oder Kundenmitteilungen das Wort «Krieg» gestrichen und durch «Konflikt» ersetzt worden sei – wohl um die Mitarbeitenden in Russland zu schützen. HSBC wollte den Bericht nicht kommentieren. Bankkreise betonen dagegen, es gebe keine Sprachrestriktionen. Zudem agiere die Research-Abteilung unabhängig von der Bankengruppe.  

«Wir nennen es, was es ist: einen Krieg und eine Invasion.»

Christoph Meier, Sprecher von Nestlé

Die beiden Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse haben nach eigenen Angaben keine Sprachregelung, die vorschreibt, das Wort «Krieg» im Kontext mit dem Überfall auf die Ukraine zu vermeiden. Dabei beschäftigt die Credit Suisse 125 Angestellte in ihrer Moskauer Niederlassung. Auch die beiden Pharmakonzerne Roche und Novartis, die weiterhin Russland mit Medikamenten beliefern, kennen nach eigenen Angaben keine Sprachvorschriften. 

Nestlé ebenso nicht: «Wir nennen es, was es ist: einen Krieg und eine Invasion», erklärt Konzernsprecher Christoph Meier. Dabei hat der Lebensmittelriese rund 7000 Beschäftigte in Russland. 

Unter Druck steht Nestlé dennoch: Denn wiederholt hat der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski den Lebensmittel-Riesen dazu aufgefordert, sich aus Russland komplett zurückzuziehen. Sein Ministerpräsident Denis Schmihal hatte bereits Mitte März per Twitter Druck auf Nestlé gemacht.

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Mittlerweile hat Nestlé reagiert und will Produkte seiner Marken wie Kitkat oder Nesquik nicht länger in Russland verkaufen. Laut einem Sprecher gebe Nestlé  den Grossteil des Russland-Umsatzes auf.  Babynahrung und medizinische Ernährung sollen in Russland noch verkauft werden. 

In einer früheren Version des Berichts stand, dass Ems seine beiden Werke in Russland wegen des Krieges geschlossen habe. Tatsächlich wird dort weiter gearbeitet, die Mitarbeitenden machen nun Unterhaltsarbeiten.