AboInterview zur Kapitalismuskritik«Man hat die Ungleichheit global verrechtlicht»
Die Rechtsprofessorin und Autorin Katharina Pistor erklärt, wie Macht mithilfe von Wirtschaftsanwälten zementiert wird und wie das die Legitimation westlicher Demokratien untergräbt.
Die Ungleichheit bei Einkommen, Vermögen und Chancen ist eines der grossen Themen unserer Tage. Die meisten Erklärungen setzen bei den wirtschaftlichen Bedingungen an. Sie aber schreiben, die wichtigste Rolle spiele das Recht. Können Sie das erklären?
Das Recht ist die Hauptmacht, mit der Eigentum und Vermögen in grossem Umfang hergestellt, gegen zukünftige Unsicherheiten und gegen andere Ansprüche geschützt werden kann. Es gäbe kein intellektuelles Eigentum, keine juristischen Personen, keine Aktien ohne Recht. Es ist daher entscheidend, ob ich Zugang zu den Rechtsinstitutionen habe, die mir den besten Schutz gewähren. Das heisst in der Praxis, dass ich Recht umso besser für mich nutzen kann, wenn ich mir die besten Anwälte leisten kann. Hier besteht eine Ungleichheit im Zugang zum Recht.