Kommentar zu Esther Friedlis AbsageMänner machen es leider unter sich aus
Mit dem Verzicht der St. Gallerin ist klar: Die SVP hat keine Bundesratskandidatin mit ernsthaften Wahlchancen. Das ist schade für die Schweiz.
Esther Friedli hat ihre Kandidatur perfekt lanciert. Bis zuletzt liess sie die Schweizer Medien darüber rätseln, ob sie vielleicht doch noch ins Rennen um den frei werdenden Sitz der SVP im Bundesrat einsteigt. Nur um unter maximaler Aufmerksamkeit im Festzelt einer Viehschau bei Mels zu verkünden, dass sie stattdessen Ständerätin für St. Gallen werden möchte.
Die Episode zeigt: Die Nationalrätin und ihr Team wären auch bei einer Bundesratskandidatur nicht zu unterschätzen gewesen. Den Platz auf dem offiziellen Wahlticket der Partei hätte Friedli fast auf sicher gehabt – zusammen mit Albert Rösti oder Werner Salzmann.
Mit ihrer Absage fehlt der grössten Partei nun aber eine Kandidatin mit echten Wahlchancen. Die wenigen SVP-Frauen, deren Namen derzeit noch mit der Nachfolge von Ueli Maurer in Verbindung gebracht werden, dürften nichts mehr daran ändern – egal ob sie am Ende auch noch absagen oder doch eine Kandidatur wagen. Diese Wahl machen Männer unter sich aus.
Geschlechterfragen haben für die SVP bis heute keine Bedeutung.
Wirklich überraschend ist das nicht: Geschlechterfragen haben für die SVP bis heute keine Bedeutung. Geht es um die Topjobs in der Exekutive und der Legislative, dominieren bei ihr die Männer noch mehr als bei den anderen bürgerlichen Parteien. Null Frauen vertreten derzeit die SVP im Ständerat. Im Nationalrat kommt bei ihr eine Frau auf drei Männer. Eine Bundesrätin hatte sie während genau fünf Monaten, und das auch nur, weil das Parlament Eveline Widmer-Schlumpf gegen den Willen der SVP gewählt hatte. Wobei die Partei vor langer Zeit schon mal weiter war als das Parlament: Im Jahr 2000 schlug die SVP Rita Fuhrer als Bundesrätin vor, gewählt wurde Samuel Schmid.
Für die Schweiz als Land ist die aktuelle Gleichgültigkeit der SVP bei diesem Thema schlecht. Unser politisches System profitiert davon, wenn die Bevölkerung möglichst in allen Facetten vertreten wird. Der Ersatz des Mannes vom rechten Rand durch eine Frau aus dem gleichen politischen Spektrum wäre in diesem Sinn eine Bereicherung für unsere Regierung gewesen.
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