Von Ausrastern und LachanfällenBis der Affe die Perücke vom Kopf stibitzt – kultige Sport-Interviews
Sie kriegen sich nicht mehr ein, pöbeln oder sagen kein Wort: Interviews im Sport können eine Menge Unterhaltung bieten. Eine Auswahl.
Willi Konrad – «Dreckschwein!»
Die Frage sackt ganz langsam in Willi Konrad – und steigt dann rasend schnell in seinen Kopf. Wo das ganze Geld geblieben sei, das er in die Schweiz überwiesen habe, wird der damalige Geschäftsführer von Dynamo Dresden gefragt. Es geht Mitte der 90er-Jahre beim Verein um den Verbleib von 1,6 Millionen D-Mark.
Erst beginnt Konrad noch relativ harmlos: «Ich habe kein Geld überwiesen, was soll denn die doofe Frage?» Dann geht es los mit den Pöbeleien: «Sind Sie in Ihrem Kopf nicht normal?» – «Ich haue Ihnen in die Fresse, mehr sind Sie nicht wert.» – «Dreckschwein!» Konrad geht auf den Journalisten los, der nun vor sich hinwimmert.
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So daneben scheint die Frage indes nicht gewesen zu sein: 1995 gibt Konrad vor Gericht zu, an Transfers «250’000 Mark im Jahr» verdient zu haben. 2005 verstirbt der Hesse.
Johnny Weissmüller und die Perücke
Johnny Weissmüller hat mit dem Schimpansen Cheetah einiges erlebt. Mit ihm auf dem Rücken kämpfte er mit Eingeborenen, schwang sich von Liane zu Liane und flirtete mit Jägertochter Jane. Doch das, was er 1971 in einer deutschen Fernsehsendung erlebte, brachte auch den Mann aus der Fassung, der vor seiner Karriere als Tarzan-Darsteller im Schwimmen 67 Weltrekorde aufgestellt und fünfmal Olympia-Gold gewonnen hatte.
Da sitzt er mit seiner Frau Maria Baumann auf einem Sofa. Als Gag hat man dem gebürtigen Rumänen einen Schimpansen in den Arm gelegt – dabei mag Weissmüller die Tiere eigentlich gar nicht. Offenbar beruht das auf Gegenseitigkeit, der Affe beisst ihn immer wieder, pinkelt ihn an – bis er zur Krönung nach Baumanns Perücke greift, sie vom Kopf reisst und auf den Boden wirft. «Gnädige Frau, das macht gar nichts», versucht der Moderator zu beruhigen, während sich Weissmüller und seine gnädige Frau beinahe nicht mehr erholen vor Lachen.
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Müller? Zurbriggen? Hans was Jucker!
Sie waren sporadisch zusammen im Zimmer – und kamen miteinander nur schwer zurecht. Zu unterschiedlich sind Peter Müller und Pirmin Zurbriggen, der eine ein Kämpfer und Chrampfer aus dem zürcherischen Sihltal, der die Konfrontation suchte im Schweizer Abfahrtsteam. Der andere ein ruhiger, schlitzohriger Walliser, der Liebling der Massen.
Müller nervte Zurbriggen, wenn er um 21 Uhr noch Licht anhatte. Umgekehrt «hat es mich tödlich genervt, wenn er am Morgen um 6 herumtigerte», erzählte Müller dieser Zeitung. Einmal warf Zurbriggen Müllers Turnschuhe aus dem Fenster in den Tiefschnee, weil sie auf seiner Seite des Zimmers lagen.
Und dann diese Szene: 1984 steht Reporter Hans Jucker im Zielraum von Sarajevo, schwärmt von der Olympia-Silbermedaille, die Peter Müller in der Abfahrt gerade geholt hat – und vom vierten Platz von Pirmin Zurbriggen. Dann dreht er sich um: «Pirmin Zurbriggen, ein grossartiges Ereignis heute.» Der Angesprochene antwortet: «Ja, ich bin Peter Müller, nicht Pirmin Zurbriggen.» Ein Schweizer Fernsehmoment für die Ewigkeit ist geboren.
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Lara Gut und die Allergie
Erscheint Lara Gut-Behrami zum Interview, hat das immer etwas von Wundertüte. Von sprudelnder Eloquenz bis zu Eiswürfel – bei der Tessinerin gab es schon alles. Seit sie als junge Frau in gewissen Medien abwechselnd als «Ski-Schätzchen» und «Zicke» bezeichnet wurde, ist ihr Verhältnis zu Journalisten ein zwiespältiges.
Nichts bringt das so gut auf den Punkt wie die Anekdote aus dem Jahr 2013, als Gut-Behrami noch Lara Gut war ohne Fussballer Valon Behrami an ihrer Seite: An der WM in Schladming tritt die 21-Jährige an ein Radiomikrofon, hustet heftig, worauf der Reporter fragt, ob sie krank sei. Die Antwort der Tessinerin: «Nein, das ist nur meine Journalistenallergie.»
Thorsten Fink mag kein Ski
Rainer Pariasek mangelt es nicht an Selbstbewusstsein. Es ist ganz gut für den ORF-Moderator in diesem Moment im Mai 2017. Da nämlich kommt ein ziemlich geladener Thorsten Fink zum Interview, einst Trainer von Basel, später auch von GC. Zu diesem Zeitpunkt leitet er die Austria Wien. 2:3 hat diese gerade verloren gegen Red Bull Salzburg – nach einer 2:0-Führung. Schuld? Der Schiedsrichter und ein Abseitstor zum Ausgleich.
Doch ob dieses wirklich irregulär ist, darüber streiten Pariasek und an dessen Seite der einstige österreichische Fussballer Peter Hackmair mit Fink. «Sie brauchen mir das nicht zu erklären, Sie kommen ja vom Skisport», sagt Fink zu Pariasek, ist dieser doch auch bei Skirennen Moderator und Interviewer. «Es ist nicht böse, nicht schlimm, Sie haben einfach keine Ahnung», sagt er noch. Oder: «Wenn ich euch hier sehe, habe ich schon schlechte Gefühle.» Und irgendwann: «Ist eigentlich die Skisportsaison schon vorbei, oder was machen Sie schon wieder hier?»
Immerhin: Pariasek, auf den die verbalen Attacken hauptsächlich zielen, erträgt diese mit stoischer Ruhe. Das Selbstbewusstsein? Offenbar unerschütterlich.
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Anita Weyermann – ein Spruch fürs Leben
Manchmal reicht ein einziger Satz, und nie mehr ist er aus den Köpfen zu bringen. 19-jährig ist die Bernerin Anita Weyermann, als sie 1997 an der Leichtathletik-WM in Sevilla dieses «Gring abe u seckle» in einem Interview in die Kamera spricht. Der Spruch gilt als Kult, noch bevor die Läuferin überhaupt begriffen hat, was da vor sich geht.
Zur Geschichte gehört, dass Weyermann eigentlich «gring abe u vou seckle» gesagt hat. Nur die verkürzte, eingängigere Form aber überlebte. Sie hat Weyermann für immer verfolgt.
Denn der Satz schien vielen die Essenz ihres Wesens: jung, quirlig, unverkopft. Natürlich war sie das damals – und doch schon sehr viel mehr. Aber über die Jahre und gefühlt Hunderte Mal wiedergegeben, verfestigte er sich zum Klischee – und mit ihr die scheinbar ewig junge, quirlige, unverkopfte Weyermann. Dass sie sich mit den Jahren an dieser Typisierung auch störte, spricht für sie. Und doch verfolgt sie der Satz bis heute: Er kommt auf ihrer Website bereits in der Einführung ihrer Vita vor.
Der Boxer schweigt ganz laut
Manchmal werden Sportler weniger durch ihre Erfolge so richtig berühmt als durch ihre Worte. Zu dieser Kategorie zählt der deutsche Boxer Norbert Grupe, selbsterklärter «Prinz von Homburg».
47 Profikämpfe bestritt er – so richtig ins Gespräch aber brachte ihn die Kategorie Schattenboxen. Grupe war 1969 ins prestigeträchtige «Aktuelle Sportstudio» geladen. Er sollte live ein paar Fragen von Rainer Günzler nach einem verlorenen Kampf beantworten. Auf die allermeisten aber sagte der Schwergewichtler über fast zwei Minuten: nichts.
«Ich fand Sie in der zweiten Runde besser, muss ich Ihnen sagen. Denn da haben Sie was gemacht, jetzt schweigen Sie. Warum schweigen Sie?», fragt ein irritierter Günzler – nur um von Grupe ironisch angelächelt zu werden. «Herr Grupe, ich danke Ihnen für dieses Gespräch», sagt Günzler zum Schluss immerhin ziemlich schlagfertig.
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Später kommt heraus, dass sich der Sportler vom Journalisten schlecht behandelt fühlte, weil sich Günzler zuvor in einem Beitrag kritisch über Grupe geäussert hatte. Wegen seines «verbandsschädigenden Verhaltens» sperrte ihn der Bund deutscher Berufsboxer darauf lebenslänglich. Grupe ging dagegen mittels Anwalt erfolgreich vor – und in die Sportgeschichte ein.
Federer, Nadal und die Tränen in den Augen
Sie liefern sich auf dem Tennisplatz epische Duelle. Doch offenbar ist es für Roger Federer und Rafael Nadal fast noch schwieriger, wenn sie auf der gleichen Seite stehen.
So sitzen die beiden 2010 vor einer Kamera und sollen sich gegenseitig Fragen stellen. Das Drehbuch? Ziemlich simpel. Federer: «Weisst du schon, was du mir zu Weihnachten schenkst?» Nadal: «Ich werde zu dir in die Schweiz kommen und eine Exhibition für deine Stiftung spielen. Und was schenkst du mir?» Federer: «Den ersten Satz. Wir sehen uns in Zürich.» So weit, so einfach.
Doch weil der Schweizer schon in Gelächter ausbricht, als der Spanier seinen ersten Satz formulieren will, beginnt die Spirale, sich zu drehen. Die beiden krümmen sich immer wieder vor Lachen, wischen sich die Tränen aus den Augen – ehe der Dreh für den «Match for Africa» nach einem halben Dutzend Versuche doch noch im Kasten ist.
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Simon Ammann und die unerhörte Aussage
In seinem langen Leben als Skispringer war Simon Ammann bislang für viele Aussagen und Anekdoten gut. Keine aber entfaltete die Wucht vom 27. Dezember 2010 – also zu einer Zeit, als seine Jahre glänzend waren.
In Oberstdorf vor dem Auftakt der Vierschanzentournee beantwortet er Fragen der sechs Schweizer Journalisten. Das Gespräch plempert bereits aus, als der Toggenburger die Pointe setzt: «Ich werde die Tournee gewinnen», sagt er. Ungläubiges Staunen breitet sich bei den Fragestellern aus. Hat er tatsächlich den faktischen Gesamtsieg vorweggenommen – oder sich schlicht versprochen?
Also wird er gebeten, die Aussage zu wiederholen, mit dem Hinweis, er meine wohl, er wolle den Prestigeanlass gewinnen. Ammann aber denkt keine Mikrosekunde daran, vom Gesagten abzurücken. «Ich werde die Tournee gewinnen», ist darum in fast allen Schweizer Zeitungen im Titel zu lesen. Ammann jedoch irrt: Er wird Zweiter. Die Tournee hat er (bislang) nie für sich entscheiden können.
Arno del Curto und sein «Busch-Englisch»
Arno del Curto ist ein inniger NHL-Anhänger. Das aber bedeutet noch lange nicht, dass der Bündner auch die englische Sprache aus dem Effeff beherrscht. Erst seine denglische Holprigkeit führte jedoch zur wahren Interview-Sensation.
Sein HC Davos hat sich 2015 in der Champions-League gerade für die Halbfinals qualifiziert, euphorisiert wagt sich del Curto in Englisch ans Mikrofon. «Busch-Englisch» rede er halt, sagt er irgendwann entschuldigend – oder: «How do you say Brechstange?» Das Gespräch dauert nur drei Minuten, aber es hat in der Historie von Interviews mit Schweizer Grössen aus dem Sport einen Platz für immer.
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