Glosse zum Lotto-WahnGewinnen können beim Lotto alle – gut spielen kann nur ich
Unser Autor hätte die Millionen wirklich verdient. Denn er will sie sich nicht einfach erhoffen, er will sie sich erspielen: engagiert, fokussiert, kompetent.
Am Samstagabend ist es wieder geschehen – oder vielmehr wieder nicht geschehen. Die Super-Jackpot-Millionen landen, zumindest vorerst, nicht auf meinem Konto. Einmal mehr. Diese regelmässige und leidige Tatsache erstaunt, mehr noch, erschüttert mich immer wieder aufs Neue.
Dazu sollte man wissen: Ich wäre, wie vorgängig an anderer Stelle bereits erwähnt, nicht nur ein ganz hervorragender Super-Jackpot-Gewinner, nein, ich spiele dieses Spiel Lotto auch wirklich gut, beeindruckend gut – wenn auch, zugegebenermassen, nicht sonderlich erfolgreich. Genau das ist die Krux: Diese gleichermassen riesige wie unverständliche Diskrepanz zwischen Können und Ertrag ist irgendwie unerhört, fast schon beleidigend. Aber auch irgendwie typisch: Da gibt man sich alle Mühe … Nun, das Resultat, das muss ich in dieser Deutlichkeit festhalten, wird meinem, sagen wir, wohl fast schon beneidenswerten Verständnis für dieses Spiel nicht auch nur annähernd gerecht. Ein ums andere Mal. (Lesen Sie weiter: Lotto-Gewinner: Chico war ganz unten, dann holt er den Jackpot.)
Ausgeklügelt und iterativ
Ich bin nicht irgendein Luftikus, der sich in Gänze auf sein Glück verlässt. Esoterik? Kaffeesatzleserei? Nicht mein Ding, zu wenig verlässlich. Ich bevorzuge die proaktive, die ausgeklügelte und iterative Variante: Ich will mir die Millionen nicht erhoffen (na ja, vielleicht ein kleines bisschen), nein, ich will mir die Millionen erspielen: engagiert, fokussiert, kompetent. Denn geht es um einen Lotto-Super-Jackpot, kann ich nur einem wirklich vertrauen: mir.
Ich kreuze von den 42 zur Auswahl stehenden Zahlen in jedem Feld grundsätzlich nur deren sechs von jenen an, von denen ich absolut überzeugt bin, dass sie eine reelle Chance haben, am Tag X auch wirklich gezogen zu werden. Desgleichen verfahre ich mit der Superzahl.
Von dieser Grundstrategie weiche ich nicht ab, niemals, komme, was wolle. Diesbezüglich bin ich pedantisch. Muss ich sein. Es sind bekanntlich Details, die den Unterschied machen zwischen Erfolg und Misserfolg, zwischen Jackpot und Nicht-Jackpot. Lotto, das Spiel, mag simpel erscheinen, ist es aber nicht. Es kennt kein Unentschieden, es gibt nur Gewinner (eher wenige) und Nicht-Gewinner (eher ganz viele).
Für die weiterführende und spezifische Selektion dieser Zahlen in jedem Feld setze ich auf unterschiedliche und unterschiedlichste Zahlen-Auswahl-Strategien. Was sie alle eint: Sie sind allesamt irgendwie freestyle, aber dennoch zielgerichtet, irgendwie. Genau darum geht es, das Ziel nie aus den Augen zu verlieren, vor allem beim Lotto.
Nie hungrig spielen
Zurück zu den Zahlen-Auswahl-Strategien, die da wären: Intuition, Geburtstage von Familie und engsten Freundinnen oder Freunden und Göttikindern (also Profiteure eines allfälligen Super-Jackpot-Gewinns), blindes Ankreuzen und/oder zufälliges Ankreuzen, wichtige Daten im Kontext zur Lebensgeschichte und/oder solche von anderen, Tageshöchst- und/oder Tagestiefsttemperaturen, Anzahl Regen- und/oder Sonnentage, die Schuhgrössen der Nachbarskinder und/oder Anzahl Wutanfälle der Nachbarskinder, die Stärke meiner Brillenkorrektur links und/oder rechts, Google-Trends et cetera.
Das bedeutet: Ich spiele fast ausnahmslos Zahlen, die eigentlich nur ich kenne. Mehr geht nicht. Der Vollständigkeit halber und für das bessere Verständnis vielleicht noch dies: Auf Jahreszeiten nehme ich keine Rücksicht.
Wichtig auch: Ich spiele nie hungrig. Ein leerer Magen schlägt mir womöglich aufs Gemüt, verleitet mich schlimmstenfalls zu ungeduldigem Wagemut, der wiederum allenfalls zu einer erhöhten, wenn nicht gar unkontrollierbaren Bereitschaft zu unverhältnismässigem Risiko führen kann, was in der Summe höchstwahrscheinlich meinen Fokus auf das Spiel beeinträchtigt, negativ beeinträchtigt. Und das wäre nicht gut, ziemlich sicher gar kontraproduktiv.
Die nächste Ziehung im Blick
Die Auswahl und die Durchmischung besagter Zahlen-Auswahl-Strategien ändere ich natürlich von Mal zu Mal. Manchmal behutsam, bisweilen auch radikal. Nicht zuletzt, um es der Lotto-Trommel so schwer wie nur irgend möglich zu machen, meine Zahlen (oder wenigstens den grössten Teil davon) links liegen zu lassen, zu ignorieren, gewissermassen. Es ist mir sowieso ein Rätsel, wieso sie das immer wieder tut. Ich meine, und da bin ich mir ziemlich sicher, dass sie mich gar nicht kennt. Und wenn doch, dann allerhöchstens vom Hörensagen. Begegnet sind wir uns auf jeden Fall noch nie.
Wie auch immer. Es lohnt, und das ist der erfreuliche Teil, in die nahe Zukunft zu blicken. Manche oder mancher mag es schon wissen: Die Millionen sind noch im Jackpot, sie haben sich gar vermehrt. Das kommt mir, wie oben überzeugend dargelegt, entgegen. Und entbindet mich, zumindest vorerst, von einer schonungslosen Auseinandersetzung mit der unerfreulichen Frage: Bin ich auch ein begnadeter Super-Jackpot-Verlierer? Eher nicht, wahrscheinlich.
Egal, nun gilt es, auf den Mittwoch zu fokussieren. Ihr Millionen kommet, o kommet zur mir. Möglichst alle. Ich bin bereit. Und falls ich erneut nicht gewinne, habe ich mir wenigstens nichts vorzuwerfen, ich habe mein Bestes getan. Dann liegt es am fehlenden Glück, einmal mehr. Damit kann ich leben, oder genauer: damit muss ich leben. Auch wenn es schmerzt. Immer wieder aufs Neue.
Alle Angaben ohne Gewähr.
Fehler gefunden?Jetzt melden.