Lohnschutz bei EU-DealGewerkschaften verlassen Verhandlungstisch – Bundesrat will Lage neu einschätzen
Der Bundesrat habe «die Regeln gebrochen», sagt der Gewerkschaftsbund. Nun äussert sich der Bund zu den Vorwürfen.
Monatelang haben sich Arbeitgeber und Gewerkschaften getroffen, um über Lohnschutz zu sprechen. Das Ziel war, parallel zu den Gesprächen mit der EU über die sogenannten Bilateralen III einen innenpolitischen Dialog zu führen. Aussenpolitisch hat der Bundesrat ein erstes Ziel erreicht: Die Schweiz und die EU haben Verhandlungen aufgenommen. Die innenpolitischen Gespräche blieben dagegen ergebnislos.
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) ist darüber verärgert. Er hat dem Europaausschuss des Bundesrates einen Brief geschickt, wie die NZZ berichtete. Darin habe der SGB dargelegt, dass er aktuell keinen Sinn darin sehe, den Dialog mit den Arbeitgebern weiterzuführen, sagt SGB-Chefökonom Daniel Lampart. «Weiter wie bisher bringt nichts.»
Die Gewerkschaften stünden aber für Gespräche zur Verfügung – wenn der Bundesrat dies wünsche oder wenn es konkrete Vorschläge gebe. «Der Bundesrat hat seine eigenen Regeln gebrochen», sagt Lampart. Das Versprechen sei gewesen, den innen- und den aussenpolitischen Prozess zu koordinieren. Das hätte bedeutet, Lösungen zu suchen, um den Lohnschutz EU-konform umzubauen.
Nun habe der Bundesrat aber ein Verhandlungsmandat beschlossen, das Zugeständnisse an die EU beinhalte. Er gebe bereits im Mandat Teile des Lohnschutzes preis, ohne dass klar sei, wie die daraus entstehenden Lücken geschlossen werden könnten. «Innenpolitisch haben wir nichts in der Hand», sagt Lampart.
Departement Parmelin antwortet auf Brief
Der Bundesrat ist über den Brief informiert worden, wie das Wirtschaftsdepartement (WBF) von Guy Parmelin auf Anfrage schreibt. Laut dem WBF bedauert er den «einseitigen Rückzug» des SGB. Der Bundesrat halte die inländischen Beratungen zum Lohnschutz und zu anderen Themen für wesentlich. «Diese Arbeiten waren bisher konstruktiv», schreibt das WBF.
Seit Beginn der Sondierungsgespräche mit der EU habe der Bundesrat bekräftigt, dass er den Lohnschutz sicherstellen wolle. Diese Punkte seien im Verhandlungsmandat nach den Konsultationen noch verstärkt worden. «Aus Sicht des Bundesrates müssen die inländischen Anstrengungen fortgesetzt und so inklusiv wie möglich gestaltet werden.»
Bisher hat sich der Bund lediglich als Moderator des Dialogs gesehen. Zieht Parmelin nun in Betracht, den Sozialpartnern eigene Vorschläge zu unterbreiten? Dazu schreibt sein Departement: «Der Bundesrat wird eine Einschätzung der Situation bezüglich der SGB-Entscheidung vornehmen.» Wann das passieren wird, ist noch offen.
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