Lockerung der BewilligungspflichtKarin Rykart will nicht mehr über «Demonstratiönchen» entscheiden müssen
Die Zürcher Stadträtin reagiert auf die an sie gerichtete Kritik, die wegfallende Bewilligungspflicht für kleine Demonstrationen führe zu Problemen.
Stadträtin Karin Rykart (Grüne) wird nach ihrem Entscheid, Demos mit unter 100 Teilnehmenden von der Bewilligungspflicht zu entbinden, von zwei Seiten kritisiert. Der Vorschlag des Stadtrats lautet: Von nun an sollte ein Onlineformular reichen, um eine kleine Kundgebung unter 100 Teilnehmenden anzumelden. Bewilligungspflichtig sind nur noch grössere Kundgebungen und Demos. Der Entscheid liegt nun beim Gemeinderat.
Vielen Linken, namentlich den Grünen, geht die neue Praxis zu wenig weit. Sie fordern die Aufhebung der Bewilligungspflicht für alle Demos. Die SVP kritisierte den Entscheid des Stadtrats, weil er ein Sicherheitsrisiko berge. Die NZZ schrieb in einem Kommentar, die Zürcher Sicherheitsvorsteherin stecke in einem «Demo-Schlamassel», denn ob eine Demo die 100er-Marke knacke und somit eine Bewilligung notwendig sei, sei schwer zu beurteilen.
Nun äusserte sich Rykart in einem Gastbeitrag in der NZZ zu den Vorwürfen – und weist diese zurück. Der Vorwurf gehe ins Leere, da sie erstens den Entscheid nicht eigenmächtig getroffen, sondern im Auftrag des Gemeinderats gehandelt habe. Die Stadträtin nennt den Entscheid im Beitrag «sehr pragmatisch», die bürokratischen Bewilligungsvorgänge würden dort weggelassen, wo es sie «nun wirklich nicht braucht».
Keine «Demonstratiönchen» auf Rykarts Tisch
Dass sie sich bis anhin eigenhändig täglich um jedes «Demonstratiönchen» habe kümmern müssen, sei zu viel. Eine solche Handlung habe nichts mit den strategischen Fragen zu tun, um die sie sich als gewähltes Exekutivmitglied eigentlich zu kümmern habe, schreibt Rykart weiter. Auch sei die Unterteilung in kleine und grosse Demos sehr wohl möglich, da die allermeisten Kleindemos auch tatsächlich klein bleiben würden.
Ein Schlupfloch der neuen Regelung glauben die Veloaktivisten von der Critical Mass gefunden zu haben. Der Veloumzug unterliegt seit diesem Jahr einer Bewilligungspflicht. «Das sind mal Top News. Dann melden wir ab sofort jeden letzten Freitag im Monat 100 Velofahrten à je 99 Personen an und schauen, dass wir uns nicht zu einer noch grösseren Gruppe vereinen», witzelt ein Aktivist im Telegram-Kanal von Critical Mass.
Für einen Fall, dass nach einem online vorgenommenen Meldeverfahren mehr als 100 Teilnehmende an einer Demo auftauchen sollten, appelliert die Stadträtin an die Stadtpolizei. Diese sei unerwartete Situationen gewohnt und könne deshalb auch situativ entscheiden, schreibt Rykart. «Vielleicht entscheidet der Einsatzleiter dann, dass die Demo nicht laufen darf, sondern nur eine stehende Kundgebung durchgeführt wird.»
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