Kanton fordert Demo-StoppFehr warnt vor Anti-Israel-Demos – Rykart widerspricht
Der Sicherheitsdirektor will Pro-Palästina-Kundgebungen aus Sicherheitsgründen verbieten. Die Verantwortliche der Stadt Zürich kritisiert Fehrs Vorpreschen: Die Lage habe sich gemäss Nachrichtendienst nicht verändert.
Der Zürcher Sicherheitsdirektor und Regierungspräsident Mario Fehr (parteilos) hat sich gegen Anti-Israel-Demonstrationen auf Schweizer Plätzen ausgesprochen. Er halte sie in der momentanen Situation für fahrlässig, wie er der «Neuen Zürcher Zeitung» sagte.
Anti-Israel-Kundgebungen könnten rasch ausarten und seien schwer kontrollierbar, sagte Fehr in dem am Donnerstag publizierten Interview. «Ich habe die zuständige städtische Sicherheitsvorsteherin mit Nachdruck darauf hingewiesen, in der derzeitigen, gefährlichen Lage keine weiteren Palästina-Demos zu bewilligen», sagte er.
Es habe nichts mit Meinungsfreiheit zu tun, wenn Hassparolen skandiert und Demonstrationen von Extremisten unterwandert würden, sagte der kantonale Sicherheitsdirektor. Gegen Mahnwachen und stille Anteilnahmen im öffentlichen Raum sei nichts einzuwenden.
Zürich und Winterthur widersprechen
Die Stadtzürcher Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart (Grüne) will keine eigene Einschätzung zur Gefährlichkeit der Lage in Zürich bezüglich Demonstrationen wagen. «Die Stadtpolizei erhält aber die entsprechenden Informationen von den Nachrichtendiensten.» Aus diesen Informationen gehe bisher nicht hervor, dass sich die Lage im Vergleich zu den letzten Wochen veränderte hätte. «Von der Sicherheit her sehe ich also derzeit keinen Grund, eine Demo nicht zu bewilligen.» Ohnehin spiele der Inhalt – ob sie nun pro Palästina oder pro Israel oder einfach für den Frieden in Nahost sei – für die Bewilligung keine Rolle.
Katrin Cometta (GLP), Sicherheitsvorsteherin der Stadt Winterthur, will Pro-Palästina-Demos nicht generell verbieten. Es bestehe immer die Gefahr, dass Demonstrationen von Gruppen unterwandert würden, die eine andere Agenda als die Organisatorinnen und Organisatoren verfolgten, sagt Cometta. Trotzdem könne das Grundrecht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit nicht einfach angepasst werden. «Die Stadt prüft aber bei jeder Demonstration im Rahmen der Bewilligung die Risiken und Gefahren, bevor eine solche erteilt wird. Allfällige nachrichtendienstliche Erkenntnisse der Kantonspolizei fliessen dabei auch ein.»
Zustimmung mit Bern
Fehrs Aussagen klangen ähnlich wie die seines Berner Amtskollegen Philippe Müller (FDP) im am Vortag publizierten Interview. Beide Sicherheitsdirektoren schauten besorgt nach Deutschland. Es bestehe die Gefahr, dass Extremisten aus Deutschland oder anderen Ländern in die Schweiz kämen.
In der deutschen Stadt Essen waren vergangen Freitag Transparente unter anderem mit der Forderung nach der Errichtung eines islamistischen Kalifats gezeigt worden. «In deutschen Städten werden solche hasserfüllten Demonstrationen nun zu Recht nicht mehr bewilligt», sagte Fehr.
Unterschiedliche Handhabung
Schweizer Städte haben die Hoheit über Bewilligungen von Kundgebungen auf ihren Plätzen und Strassen. Die Stadt Bern bewilligt in der Innenstadt vorerst keine Grosskundgebungen und Umzüge mehr. Die Regelung gilt vom 17. November bis Weihnachten, wie die Stadtregierung am Mittwoch mitteilte.
In der Stadt Basel galt vergangenes Wochenende ein temporäres Kundgebungs-Verbot. Die Basler Justiz- und Sicherheitsdirektorin Stephanie Eymann (LDP) verteidigte dieses am Mittwoch mit der angespannten Lage im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt. Die Stadt Zürich hat laut Fehr für kommenden Samstag eine grosse Palästina-Kundgebung bewilligt.
SDA/lop
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