Kündigungsschutz und missbräuchlicher MietzinsLinke befürchtet eine Schwächung der Rechte von Mieterinnen und Mietern
Die Rechtskommission des Nationalrats hat mehrere Vorlagen zur Anpassung des Mietrechts verabschiedet. Der Mieterverband ist alarmiert und droht bereits mit Referenden.
«Das ist ein koordinierter Angriff aufs Mietrecht», sagt Michael Töngi, Vizepräsident des Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverbands. Die Rede ist von mehreren parlamentarischen Initiativen. Einige davon hat die nationalrätliche Rechtskommission am Freitag zuhanden des Parlaments verabschiedet.
Dabei ging es erstens um Vereinfachungen, wenn ein Vermieter kündigt, um eine Wohnung oder Geschäftsräume selber zu nutzen. Damit werde der Kündigungsschutz geschwächt, sagt Töngi. Denn ob für die gekündigte Wohnung tatsächlich ein Eigenbedarf bestehe, sei heute schon oft umstritten. Zweitens kritisiert Töngi eine parlamentarische Initiative, die zu strengeren Vorgaben bei Untermieten führt.
Höhere Hürden bei Anfechtung Mietzins
Die beiden Initiativen, die demnächst in die parlamentarische Beratung kommen, sind aber noch nicht genug. Töngi verweist auf zwei weitere Initiativen von Hans Egloff, SVP-Nationalrat (ZH) und Präsident des Hauseigentümerverbands Schweiz. Diese zielen einerseits darauf ab, höhere Hürden für Mieterinnen und Mieter einzuführen, wenn sie einen missbräuchlich hohen Mietzins anfechten wollen.
Andererseits soll auch das Kriterium Orts- und Quartierüblichkeit zur Bestimmung des Mietzinses vereinfacht werden. «Zusammen dürfte das insbesondere in städtischen Gebieten und steuergünstigen Gemeinden zu einem starken Preisanstieg führen, gegen den sich Mieterinnen und Mieter weniger gut wehren können», befürchtet Töngi.
Mieterverband vermutet Salamitaktik
Die beiden Initiativen Egloff behandelt die Rechtskommission später. Der Zeitpunkt ist noch nicht bekannt. Töngi sieht in der Staffelung der verschiedenen Vorstösse «eine Salamitaktik»: Das Geschäft werde bewusst in kleinen Portionen serviert, um die Chancen zu erhöhen oder wenigstens Teile davon durchzubringen. «Die Bürgerlichen wissen, dass diese Vorlagen als Gesamtpaket chancenlos wären.»
Der Mieterverband hofft nun, dass der Nationalrat die «Aushöhlung» des Mietrechts verhindert. In der Rechtskommission wurden die beiden ersten erwähnten Vorlagen mit 13 zu 9 und 14 zu 9 Stimmen verabschiedet.
Notfalls für jede Vorlage ein Referendum
Falls das Parlament jedoch zustimmt, steht für Töngi fest, dass der Mieterverband die Vorlagen mit Referenden bekämpfen wird. «Falls nötig werden wir für jede Initiative separat ein Gesetzesreferendum ergreifen», sagt er. Und laut Mieterverbandspräsident Carlo Sommaruga «steht viel auf dem Spiel». Denn das Mietrecht sei das wichtigste Instrument, um Mieterinnen und Mieter vor der «Immobilienlobby» zu schützen.
Monika Sommer, stellvertretende Direktorin des Hauseigentümerverbands (HEV), bestreitet, dass es eine Salamitaktik zur Schwächung der Rechte von Mieterinnen und Mietern gebe: «Das ist völlig an den Haaren herbeigezogen.» Das sei allein schon deshalb nicht möglich, weil die verschiedenen parlamentarischen Initiativen mehrere Jahre auseinanderliegen würden – die älteste stamme aus dem Jahr 2015.
Zwei der Initiativen seien nahezu bedeutungslos, da es sich in einem Fall um eine rein formale Angelegenheit handle und im anderen die Forderung ohnehin schon durch einen Bundesgerichtsentscheid überholt sei. Bei der Kündigung für Eigenbedarf gehe es vor allem darum, «die heute unsäglich langen Fristen zu verkürzen». Wer eine Kündigung aus Eigenbedarf anfechte, könne das Verfahren mehrere Jahre verzögern. Und bei den Änderungen zur Untermiete gehe es einzig darum, bessere Beweismittel zu schaffen, die einzig im Streitfall eine Rolle spielten.
Auch die Erleichterung des Nachweises, dass ein Mietzins orts- und quartierüblich ist, relativiert Monika Sommer: «Davon profitieren auch Mieterinnen und Mieter, wenn sie zum Beispiel bei einer Anfechtung des Mietzinses vor einem Schlichtungsgericht oder einem Gericht entsprechende Beweise vorbringen müssen.»
Ortsüblichkeit ist umstritten
Sommer kritisiert, dass die Linke in politischen Debatten zum Mietrecht einer Diskussion zur Orts- und Quartierüblichkeit aus dem Weg gehe: «Die Linke zielt stets auf Renditefragen und kritisiert angeblich missbräuchliche Mieten.» Das Gesetz sehe aber als zweites Kriterium orts- und quartierübliche Mietzinse vor. Dies sei eine Vergleichsmiete, die Mietzinse und Qualitätsmerkmale ähnlicher Wohnungen miteinander vergleiche. Das versuchten Linke und Mieterverband zu vermeiden, weil bei diesem Kriterium die zulässigen Mietpreise nicht aufgrund der Kosten der Vermieter geprüft würden. «Doch insbesondere bei Altbauten sind andere Kriterien zur Bestimmung des Mietzinses meist gar nicht möglich, weil die Berechnungsgrundlagen nicht ausreichen», sagt Monika Sommer vom Hauseigentümerverband.
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