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Meinung

Leitartikel zur neuen UBS
Die Schweiz braucht keine Grossbank

ARCHIVE --- Das neue Logo der Credit Suisse liegt am 9. Januar 2006 auf dem  Zuercher Paradeplatz zur Montage bereit.  Die Grossbank Credit Suisse feiert 2006 ihr 150-jaehriges Bestehen mit einem neuen Logo und Galas, einer Unternehmensgeschichte. Die zwei stilisierten Segel des Logos sollen die seit Jahresbeginn als integrierte Bank auftretende CS symbolisieren. Bekannt gemacht werden die beiden geblaeht ueber dem Namenszug schwebenden Segel waehrend einer Woche mittels Licht-Projektionen an den Standorten in Zuerich, London, New York, Singapur und Hong Kong. Laut Angaben eines Credit Suisse Sprechers kostet das Logo, das seit Montag, 16. Januar 2006 weltweit an den Niederlassungen angebracht ist, die Credit Suisse rund 100 Millionen Franken. (KEYSTONE/Alessandro Della Bella)
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Hand aufs Herz, wann haben Sie das letzte Mal an den Untergang der Credit Suisse gedacht? Falls Sie nicht gerade Kundin oder Kunde der gescheiterten Grossbank sind, ist die Chance gross, dass Sie nur selten an die dramatischen Tage im März 2023 zurückdenken.

Es wurde hektisch um die Credit Suisse gefeilscht. Mit Notrecht sprachen Bund und Nationalbank schliesslich 259 Milliarden Franken an Garantien, damit die UBS ihre kollabierte Rivalin kaufte. Mit betretenen Mienen gaben dann die beiden Präsidenten der Grossbanken, die Spitzen der Nationalbank und der Finanzmarktaufsicht sowie zwei Mitglieder des Bundesrates bekannt, dass die UBS die CS übernimmt.

Ein Jahr später ist die damalige Empörung, die im April sogar zu einer ausserordentlichen Parlamentssession geführt hatte, verpufft. Noch ist das Logo der Credit Suisse nicht aus dem Strassenbild verschwunden. Kundinnen und Kunden können ihr CS-Konto immer noch nutzen. Die befürchtete Finanzkrise ist ausgeblieben.

Die Grösse der UBS verursacht Unbehagen

Eigentlich könnte die Geschichte damit zu Ende sein. Auch wenn das Verschwinden der CS als eigenständiger Konzern keine hohen Wellen mehr schlägt: Das Problem ist nicht gelöst. Die Schweiz muss sich fragen, ob sie sich das Risiko einer international tätigen Grossbank tatsächlich leisten will.

Einen zwingenden Grund dafür gibt es nicht. Allein die Bilanzgrösse der neuen Monsterbank von 1717 Milliarden Dollar per Ende 2023 – mehr als das Doppelte der Schweizer Wirtschaftsleistung – verursacht Unbehagen. Ein Unbehagen, das übrigens auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in ihrem jüngst veröffentlichten Länderbericht teilt.

Axel Lehmann, Chairman Credit Suisse, Colm Kelleher, Chairman UBS, Swiss Finance Minister Karin Keller-Sutter, Swiss Federal President Alain Berset, Thomas J. Jordan, Chairman Swiss National Bank, Marlene Amstad, President FINMA, and Andre Simonazzi, chief communication Swiss government, from left, attend a press conference, on Sunday, 19 March 2023 in Bern. Switzerland's largest bank UBS agreed to take over Credit Suisse for 3 billion Swiss francs ($3.25 billion) in a government-brokered deal over the weekend following days of market upheaval over the health of the banking sector. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)

Gerät die UBS in Schieflage, muss ziemlich sicher der Staat einspringen. Schon allein, weil dann keine weitere Schweizer Grossbank bereitstünde, um sie zu übernehmen. Und wie die CS gezeigt hat: Auf die Schweizer Notfallpläne, das sogenannte «Too big to fail»-Regelwerk, ist im Krisenfall kein Verlass.

Beim CS-Kollaps fehlte den handelnden Personen im entscheidenden Moment der Mut, einzugreifen und die Bank in die Sanierung oder die Abwicklung zu schicken, wie es das Regelwerk eigentlich vorsieht. Es ist daher kaum davon auszugehen, dass sie es bei der grösseren UBS tun werden.

Den Vorwurf, zu gross für die Schweiz zu sein, weist die UBS-Spitze um Konzernchef Sergio Ermotti und Präsident Colm Kelleher vehement zurück. Wichtiger als die Grösse einer Bank seien die Risiken, die sie eingehe. Doch mit seiner Aussage, bei den Banken sei das Problem eher ein Zu-klein-um-zu-Überleben als ein Zu-gross-um-zu-Scheitern, machte der UBS-Chef klar, wo seine Prioritäten tatsächlich liegen.

Solche Auftritte schüren das Unbehagen gegenüber der UBS. Nicht zuletzt weckt dies auch Erinnerungen an die CS. Da sie ohne Staatsrettung durch die Finanzkrise gekommen war, trat sie anschliessend lange Jahre so auf, als wäre sie unverwundbar. Noch kurz vor dem endgültigen Kollaps wies das damalige Management Probleme weit von sich. Die UBS hat nach ihrer Staatsrettung dagegen deutlich mehr Zurückhaltung an den Tag gelegt. 

Wie schmerzlich wäre ein Wegzug der UBS?

Die Schweiz könnte die Risiken, die von ihrer letzten verbliebenen Grossbank ausgehen, relativ leicht eindämmen. Sie könnte den Banken vorschreiben, mehr Eigenkapital zu halten, abgestuft nach Grösse und Risikoprofil des Finanzinstituts. Das ist zwar kein Allheilmittel. Doch mehr Kapital hilft, um im Krisenfall zusätzliche Verluste zu absorbieren. Gegen solche Forderungen wehrt sich die UBS. Ermotti hat in der Vergangenheit für einen solchen Fall bereits mit einer Verlegung des Hauptsitzes ins Ausland gedroht.

Wie schmerzlich ein solcher Abgang tatsächlich wäre, ist fraglich. Klar, die Steuereinnahmen würden verloren gehen. Die beiden Grossbanken und ihre Mitarbeitenden haben 2022 eigenen Angaben zufolge etwas mehr als 2 Milliarden Franken an Steuern bezahlt. Dazu kommen Arbeitsplätze, die wegfallen. Doch seit der Jahrtausendwende hat die Finanzbranche als Arbeitgeberin bereits deutlich an Bedeutung verloren. Gleichzeitig sind die Versicherungen gewachsen. Ihnen gelingt es seit Jahren, skandalfrei zu wirtschaften.

Auf eine Grossbank ist die Schweiz nicht angewiesen. Auch Länder wie Dänemark oder Österreich haben keine und sind trotzdem wirtschaftlich erfolgreich. Die meisten von uns sind mit den zahlreichen Kantonal-, Raiffeisen- und Privatbanken mehr als gut versorgt. Und auch bei international tätigen Firmen ist von einer Kreditklemme keine Rede. Die Lücke der CS haben in- und ausländische Banken gefüllt.

Das Gegenteil ist sogar der Fall. Die UBS braucht die Schweiz und nicht andersherum. Sie profitiert im Ausland vom Ruf des Schweizer Finanzplatzes. Zudem kann sie im Krisenfall erneut mit Unterstützung rechnen. Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier sollten der UBS daher Zügel anlegen. Dann bleiben der Schweiz solche dramatischen Tage wie vor einem Jahr in Zukunft hoffentlich erspart.