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Legalisierung von Cannabis
Lauterbach will als «Pionier» vorangehen

Selbst vor kurzem noch gegen eine Legalisierung: Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach.
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Vielleicht ist Karl Lauterbach ja gerade der Richtige, um Skeptiker von der Legalisierung von Cannabis zu überzeugen. Bis vor eineinhalb Jahren wandte sich der Arzt und Gesundheitsminister selbst noch vehement gegen diesen Schritt, weil er die Risiken vor allem für Jugendliche und junge Erwachsene für zu gross hielt. Cannabis konsumiert der 59-jährige Asket selbst so wenig wie Tabak. Aber immerhin hat er es schon mal probiert, wie er erzählt.

Was hat ihn umgestimmt? «Was wir bisher machen, ist einfach nicht erfolgreich.» Seit Jahren weise die Tendenz in die falsche Richtung, erklärte Lauterbach am Mittwoch vor der Hauptstadtpresse in Berlin: Der Konsum nehme zu, der THC-Gehalt des Cannabis ebenfalls, der Schwarzmarkt blühe, die Spitaleintritte aufgrund problematischen Suchtverhaltens stiegen. Kurz: «Wir brauchen einen neuen Ansatz.»

Legal von Anbau bis Konsum

Was Lauterbach nicht sagte: In der deutschen Regierung drängten vor allem Grüne und Liberale auf diesen Schritt, beide übrigens schon seit Jahren. Bei den Sozialdemokraten von Kanzler Olaf Scholz war bisher eher jene Skepsis verbreitet, die auch Lauterbach bis vor kurzem noch vertrat.

Die Eckpunkte für ein Gesetz zur Entkriminalisierung von Cannabis, auf die sich die Regierung nach monatelangen Verhandlungen nun geeinigt hat, reichen weit: vom Anbau über den Vertrieb und Verkauf bis zum Besitz und Konsum. Verboten bleibt der Cannabisgenuss nur für Menschen unter 18 Jahren. Erwachsenen sind 20 bis 30 Gramm zum Konsum und drei Hanfpflanzen zum privaten Anbau erlaubt. Verkauft werden sollen Gras und Haschisch in staatlich zertifizierten und kontrollierten Läden, für den gewerbsmässigen Anbau braucht es gleichfalls eine staatliche Lizenz.

Kiffen so selbstverständlich wie Biertrinken? Flagge an der traditionsreichen Berliner «Hanfparade» 2019.

Was die Regierung vorschlage, so Lauterbach, sei die ehrgeizigste und liberalste Gesetzgebung in Europa, zugleich eine, deren staatliche Regulierung Gewähr biete, dass der Schutz von Jugend und Gesundheit besser gewahrt werde als bisher. Mehrere europäische Länder, etwa die Niederlande, Tschechien oder Spanien, haben den Konsum schon früher legalisiert. Wie Kanada oder einige Bundesstaaten der USA will Deutschland nun aber die gesamte Verwertungskette von Strafe befreien.

Der Schwarzmarkt soll ausgetrocknet werden, an seiner Stelle ein neuer, legaler Markt entstehen. Rund 400 Tonnen Cannabis würden dafür jährlich benötigt, schätzt Lauterbach. Es soll ausschliesslich in Deutschland produziert werden. Den jährlichen Umsatz schätzen Fachleute auf 4 Milliarden Euro.

Hohe rechtliche Hürden

Dem Vorhaben der Regierung stehen allerdings hohe völkerrechtliche Hindernisse entgegen, haben sich doch Deutschland und die EU im Rahmen der UNO oder der Schengen-Verträge vielfach auf eine Kriminalisierung von Cannabis verpflichtet. Lauterbach legt die Eckpunkte des geplanten Gesetzes deswegen nun zunächst der Europäischen Kommission zur Vorabprüfung vor. Akzeptiert die EU den Vorschlag als vertretbar, wird Deutschland umgehend ein entsprechendes Gesetz vorlegen. Hält die EU es für rechtswidrig, lässt Lauterbach die Legalisierung in dieser Form fallen.

Man werde bei der EU argumentieren, erläuterte Lauterbach, dass eine kontrollierte Entkriminalisierung die Ziele des Gesundheits- und Bevölkerungsschutzes besser erreiche als die bisherige Strafbarkeit. Er glaube, der deutsche Vorschlag könne «ein Modell für Europa» werden, schliesslich täten sich mit der Einstiegsdroge Cannabis ja auch andere Länder schwer. Insofern leiste man «Pionierarbeit». Er sei zuversichtlich, dass die EU dies honoriere und ihre Zustimmung erteile.

Läuft es nach Lauterbachs Plan, könnte Cannabis in Deutschland spätestens 2024 legal sein. Wenn nicht, kann er immer noch eine Minimallösung zur Entkriminalisierung des Konsums vorlegen, auf die sich im Sommer in Luxemburg bereits eine andere Ampel-Regierung verständigt hat.