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Scholz setzt ein Zeichen
Ab jetzt warnt Lauterbach als Minister

Der baldige Kanzler und sein Kabinettskollege: Olaf Scholz stellte am Montag Karl Lauterbach (rechts) als seinen Gesundheitsminister vor. 

«Nikolaus ist, wenn Wünsche erfüllt werden», twitterte Kevin Kühnert, bald Generalsekretär der deutschen Sozialdemokraten. «Ihr wolltet ihn – ihr kriegt ihn: Gesundheitsminister Karl Lauterbach!»

Am Vorabend hatte schon der bayerische Ministerpräsident Markus Söder für Lauterbach geworben. Sie entstammten bekanntlich nicht demselben politischen Lager, sagte der CSU-Chef in der TV-Sendung von Anne Will, aber in der Corona-Pandemie sei er mit Lauterbachs strenger Linie fast immer einig gewesen. Das Land könne jetzt keinen Gesundheitsminister gebrauchen, der sich erst 100 Tage einarbeiten müsse. Mit Lauterbach gehe es auch in 10 Minuten. Der Angesprochene, der zu jenem Zeitpunkt längst wusste, dass er das Amt bekommen würde, sagte kein Wort, sondern lächelte nur fein.

Der 58-jährige Rheinländer ist ohne Zweifel Deutschlands Gesicht dieser Pandemie. Das hat weniger mit seinem Geltungsbedürfnis zu tun, wie Kritiker argwöhnen, sondern damit, dass er schlicht mehr von der Seuche versteht als die meisten Politiker. Lauterbach ist Epidemiologe, war schon mit 35 Jahren Professor, lehrt auch an der renommierten Harvard-Universität. Mit vielen führenden Wissenschaftlern hält der Sozialdemokrat Kontakt, nach den TV-Auftritten liest er bis tief in die Nacht die neusten Studien.

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Entsprechend vertrauen viele seinen Einschätzungen und hören mit Interesse, was er zu sagen hat. Allein auf dem Kurznachrichtendienst Twitter folgen ihm 700’000 Menschen – bei Olaf Scholz, dem baldigen Kanzler und seinem künftigen Chef, sind es dreimal weniger. Lauterbach sah in der Pandemie seine Aufgabe vor allem darin, zu warnen, schlechte Nachrichten zu überbringen und mehr Vorsicht anzumahnen. Oft, manchmal vielleicht zu oft, tat er das in schrillem Alarmton. Vielen gilt er deswegen als «Spielverderber». «Querdenker» halten ihn gar für eine Art Diktator – und seine Ernennung als Gesundheitsminister für eine Provokation. «Wenn man Satire und Realität nicht mehr unterscheiden kann», kommentierte die AfD-Politikerin Beatrix von Storch.

Seine Beförderung war bis zuletzt unsicher gewesen. Lauterbach ist als Einzelgänger berüchtigt, der mehr an sich und an die Sache denkt als an die Partei. Ob er inmitten einer epochalen Krise ein Ministerium mit Hunderten von Angestellten und einem Milliardenbudget zu leiten vermag, weiss im Grunde niemand.

Scholz’ Riege aus der SPD: In der vorderen Reihe neben ihm (2. v. l.) die designierte Innenministerin Nancy Faeser, Verteidigungsministerin Christine Lambrecht, Bauministerin Klara Geywitz und Entwicklungshilfeministerin Svenja Schulze (von links nach rechts).

Als Scholz ihn am Montag in Berlin trotz dieser Vorbehalte als seinen künftigen Gesundheitsminister vorstellte, setzte er damit ein Zeichen: «Die Pandemie ist noch lange nicht vorbei», erklärte Scholz. An seiner Entschlossenheit, diese zu bekämpfen, solle niemand zweifeln. Dafür bürge nun auch der «Fachmann» Karl Lauterbach. Angesichts des Zauderns und Lavierens des künftigen Kanzlers war das in den letzten Wochen für viele Deutsche immer mehr infrage gestanden.

Lauterbach bedankte sich dafür, dass ihm die Partei ihr Vertrauen schenke. Sein Ziel sei es, das deutsche Gesundheitssystem als Ganzes zu stärken, unabhängig von Corona. Leistungskürzungen werde es mit ihm nicht geben. Die Pandemie werde noch viel länger dauern, als viele Menschen dächten. Aber: «Wir werden den Kampf gegen die Pandemie gewinnen – und für die nächste besser gerüstet sein.»

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Ein Journalist wollte danach noch wissen, wie er die Lage bis Weihnachten einschätze. Scholz, der die sieben künftigen Ministerinnen und Minister seiner Partei einzeln vorgestellt hatte, gestand dem mitteilungsbedürftigen Lauterbach exakt «zwei Sätze» Antwort zu – schliesslich hätten die Medien ja künftig für Fragen noch viel Zeit. Es gehe jetzt darum, die hohen Fallzahlen möglichst stark zu senken, antwortete Lauterbach. Dann würden die Deutschen hoffentlich «möglichst gute Weihnachtsferien» haben – vielleicht könne man «sogar Reisen empfehlen».

Lauterbach blieb seinem Naturell also auch im Moment seines grössten persönlichen Triumphs treu. Als Minister werde er entweder grandios Erfolg haben oder grandios scheitern, kommentierte ein Journalist. Dazwischen gebe es wohl nicht viel.