Transporte auf der StrasseIn der EU lösen Gigaliner die 40-Tönner ab – Schweiz wehrt sich gegen die Riesen-Lastwagen
EU-Länder machen vor, wohin die LKW-Reise gehen könnte. Kritiker warnen vor Problemen mit der Infrastruktur und einer Unterwanderung der Verkehrsverlagerung.

Wenn sie auf Schweizer Strassen fahren wollen, dürfen Lastwagen eine maximale Länge von 18,75 Metern und ein Gewicht von 40 Tonnen haben. In Dänemark, Spanien und Finnland sind solche Grenzen längst passé, dort rollen heute nämlich schon sogenannte Gigaliner. LKW, die bis zu 25,25 Meter lang und 60 Tonnen schwer sind. In Schweden sind auf bestimmten Strassenabschnitten sogar 34,5 Meter Maximallänge erlaubt.
Der Einsatz von Gigalinern soll in der gesamten Europäischen Union möglich werden. Einen entsprechenden Entscheid fällte das EU-Parlament im vergangenen Jahr. In der Schweiz regt sich Widerstand gegen Pläne, die Riesen-LKW auch hierzulande zuzulassen: Kritik gibt es aus den Kantonen, von Umweltschutzverbänden und von der Nutzfahrzeugbranche selbst.
Die zuständige Nationalratskommission hat sich am Dienstag mit einer Standesinitiative aus dem Kanton Genf auseinandergesetzt. Diese fordert, dass sich der Bundesrat gegen mögliche Gigaliner auf Schweizer Strassen einsetzt, wie SRF berichtet.
Fast zwei Drittel mehr Fracht pro Fahrzeug
Befürworterinnen und Befürworter der grösseren Lastwagen argumentieren, dass Gigaliner umweltfreundlicher als herkömmliche LKW seien, da sie mehr Güter pro Transport mitnehmen könnten. Tatsächlich verfügt der Sattelzug eines 40-Tönners über ein nutzbares Volumen von 100 Kubikmetern. Beim Gigaliner wären es fast 160 Kubikmeter.
Bei den Umweltschutzverbänden zieht dieses Argument nicht. Die Alpenschutz-Organisation Pro Alps etwa sieht durch Gigaliner die Schweizer Verlagerungspolitik in Gefahr. Die Kosten pro transportierter Tonne würden mit Gigalinern stark sinken, sagt Geschäftsleiter Django Betschart. Dies könne Transporteure dazu motivieren, viele Güter von der Schiene zurück auf die Strasse zu bringen. Der positive Effekt der Verlagerung auf die Schiene würde wieder zunichtegemacht.
Auch die LKW-Branche will keine Riesen-LKW in der Schweiz, zum Teil aber aus anderen Gründen. Der Schweizerische Nutzfahrzeugverband Astag will zwar auch an den bestehenden Massen und Gewichten festhalten, um den alpenquerenden Transitverkehr auf der Schiene zu belassen. Astag gibt aber auch zu bedenken, dass die Schweizer Strasseninfrastruktur nicht auf Gigaliner ausgerichtet sei. Zudem seien Schweizer Transportunternehmer meistens im Binnenmarkt unterwegs. Gigaliner wären deshalb in erster Linie im Interesse ausländischer Unternehmen.
Lastwagen sind giga, die Infrastruktur nicht
Auch beim Bund hält sich die Begeisterung für Gigaliner in Grenzen. Das Bundesamt für Strassen Astra schrieb schon vor mehr als zehn Jahren in einer Analyse, dass Schweizer Strassen für 60-Tönner nicht geeignet seien. Nur schon, wenn man für den Transitverkehr auf der Nord-Süd-Achse Gigaliner zulassen würde, bräuchte es zahlreiche und teure Anpassungen. Die Abfertigungsanlagen am Zoll sind zu eng, die Parkplätze für die Riesen-LKW zu klein. Alleine die Nord-Süd-Achse fit für Gigaliner zu machen, würde 75 Millionen Franken kosten.
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