Entfremdung USA–IsraelDiese UNO-Resolution ist ein historischer Schritt
Die Vereinten Nationen drängen auf einen sofortigen Waffenstillstand in Gaza. Die USA enthalten sich der Stimme, Netanyahu reagiert erzürnt.
Erstmals seit Ausbruch des Gazakriegs hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die beiden Konfliktparteien zu einem sofortigen Waffenstillstand aufgefordert. Die neue Resolution verlangt ein unmittelbares Ende der Kriegshandlungen während des Ramadans, der noch rund zwei Wochen dauern wird; daraus soll ein «dauerhafter Waffenstillstand» werden.
Teil des Texts ist auch eine sofortige und bedingungslose Freilassung aller Geiseln. Eine Mehrheit der Mitglieder stimmte der Resolution am Montag am UNO-Hauptsitz in New York zu. Die USA enthielten sich, nachdem sie in der Vergangenheit als Verbündete Israels mehrere Texte blockiert hatten seit dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober und dem folgenden Krieg in Gaza. Noch Ende vergangener Woche war ein ähnlicher Entwurf der USA am Veto von China und Russland gescheitert. Unmittelbar danach drängten die zehn gewählten Mitglieder des Sicherheitsrats darauf, einen weiteren Anlauf zu nehmen.
Die neue Resolution wurde im Umfeld der UNO als historischer Schritt bezeichnet. Tatsächlich ist es das erste Mal, dass sich das Gremium in dieser Weise einigt. In diesem Fall gelang es, die USA von dem Entwurf zu überzeugen, indem der Aufruf zum Waffenstillstand in einem Zug erwähnt wurde mit der Forderung nach einer Freilassung der Geiseln, ohne die beiden jedoch inhaltlich klar zu verknüpfen.
Schweiz half, Blockade zu überwinden
Die Schweiz spielte in dem Prozess eine wichtige Rolle als Brückenbauerin. Botschafterin Pascale Baeriswyl wies bei ihrem Votum nach der Abstimmung auf die Bedeutung der gewählten Mitglieder des Sicherheitsrats hin: Sie könnten dabei helfen, Blockaden in dem von den Veto-Mächten dominierten Gremium zu überwinden.
Für die Zivilbevölkerung in Gaza mag die Resolution aus New York eine gute Nachricht sein, eine unmittelbare Verbesserung ihrer Lage bringt sie jedoch nicht – sowohl Israel als auch die Hamas haben in der Vergangenheit schon zahlreiche Beschlüsse des Sicherheitsrats missachtet. US-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield verwies darauf, dass jetzt die Hoffnungen auf Waffenstillstandsverhandlungen unter Vermittlung der USA, Ägyptens und Katars ruhten.
Die Spannungen zwischen den USA und Israel nehmen zu
Die Resolution ist auch ein Hinweis auf die zunehmende internationale Isolierung Israels. Bisher hatten die USA Texte verhindert, die Tel Aviv nicht genehm waren. Inzwischen aber hat die Entfremdung zwischen den Regierungen von Präsident Joe Biden und Israels Premierminister Benjamin Netanyahu derart zugenommen, dass die US-Mission in New York den Sicherheitsrat nicht mehr zurückbinden wollte. Netanyahu sagte erzürnt eine Reise von Vertretern seines Kabinetts nach Washington ab. Biden hatte den Besuch verlangt, um Israel erneut klarzumachen, dass die USA höchst besorgt seien über die Pläne für einen Angriff auf den Grenzposten Rafah in Gaza.
Eben erst hatte US-Aussenminister Antony Blinken bei einem Besuch in Israel vor einem bevorstehenden israelischen Einsatz in Rafah gewarnt. Vizepräsidentin Kamala Harris bezeichnete am Sonntag eine solche Operation als «riesigen Fehler» und drohte mit Konsequenzen: «Ich schliesse nichts aus.» Noch am Sonntag bekräftigte Netanyahu, die israelische Armee werde Rafah einnehmen, um die Terrorgruppe Hamas zu zerstören. Israel befürchtet aber offenbar, die USA könnten den Nachschub von Waffen oder Ersatzteilen versiegen lassen. Verteidigungsminister Yoav Gallant traf am Montag in Washington mehrere amerikanische Regierungsvertreter mit dem Ziel, «Israels militärische Überlegenheit zu erhalten» sowie den Nachschub zu sichern.
Erneut warf die UNO Israel vor, Hilfslieferungen der UNRWA zu behindern. Israel wies die Vorwürfe zurück. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres forderte am Montag, dass das Palästinenserhilfswerk weiterhin unterstützt werden solle.
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