Kommentar zu Chuck SchumerIsraels grosser Freund, Israels scharfer Kritiker
Der mächtige US-Senator Chuck Schumer empfiehlt den Israelis unverhohlen, ihre Regierung auszutauschen. Damit löst er Entrüstung aus – und Zustimmung.
Als Terroristen der Hamas am 7. Oktober 2023 Israel überfielen, war Chuck Schumer in Asien. Der Demokrat Schumer leitete als Mehrheitsführer im US-Senat eine Delegation in China und Südkorea, brach die Reise dann aber ab und flog nach Tel Aviv. Er traf Angehörige von Ermordeten und Geiseln, darunter der wie er selbst aus New York stammende Vater eines jungen Israelis, der in Gaza inzwischen für tot erklärt wurde.
Niemand mit Verstand kann Schumer antiisraelische oder gar antisemitische Gefühle vorwerfen. Er zählt nicht nur zu den wichtigsten Politikern in den USA nach Präsident, Vize und Speaker im Repräsentantenhaus. Charles Ellis Schumer ist ausserdem der ranghöchste jüdische Politiker Amerikas, geboren als Sohn von Selma und Abraham Schumer 1950 in Brooklyn. Aber nun verkörpert dieser Mann geradezu Joe Bidens Nahost-Probleme.
Vor einigen Tagen hielt er diese Rede im Kongress, sie dauerte 44 Minuten, und seither wird erbittert darüber diskutiert. Schumer hatte offenbar lange daran gefeilt, seit Israels Armee in den Krieg gegen die Hamas gezogen ist. Er ahnte ja, was seine Worte auslösen würden. Sein Nachname sei abgeleitet vom hebräischen Wort Shomer, erläuterte Schumer in der Einleitung, das bedeute so viel wie «Wächter».
Der Wächter Schumer sprach vom Holocaust, in dem viele seiner Vorfahren umgebracht wurden. Er sprach von der Brutalität der Hamas und dem Recht Israels, sich zu verteidigen. Aber er sprach auch von der Katastrophe in Gaza. Die einzige nachhaltige Lösung sei die zweier Staaten, und da hat Schumer vier Hindernisse ausgemacht. Ausser der Hamas und dem Palästinenserpräsidenten Mahmoud Abbas sind das seiner Meinung nach: die radikalen Rechten in Israel – und Premier Benjamin Netanyahu.
«Aus echter Liebe zu Israel»
Als «lebenslanger Unterstützer Israels» empfahl Schumer eine Neuwahl, «um einen gesunden und offenen Entscheidungsprozess über die Zukunft Israels zu ermöglichen». Die Netanyahu-Koalition entspreche «nicht mehr den Bedürfnissen Israels nach dem 7. Oktober». Das sass. Mitten im Krieg (und im US-Wahlkampf) rät einer der einflussreichsten Amerikaner also dem Verbündeten Israel, möglichst rasch die Entscheidungsträger auszutauschen.
«Es ist unangemessen, in eine Schwesterdemokratie zu gehen und zu versuchen, die gewählte Führung dort zu ersetzen», protestierte Netanyahu bei CNN. Daheim erhält Schumer dagegen Zustimmung aus dem linken Lager, das die amerikanische Nähe zu Israels Regierung immer schärfer kritisiert. Schumer sagt: «Ich habe diese Rede aus echter Liebe zu Israel gehalten.»
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