Kommentar zum NahostkonfliktDieser Angriff ist brutal und perfide
Allein die Hamas trägt die Schuld am Blutvergiessen in Israel und am Gazastreifen. Die Regierung von Benjamin Netanyahu wird mit grosser Härte zurückschlagen – auch ein Einmarsch mit Bodentruppen im Gazastreifen erscheint realistisch.
Die Kämpfe haben gerade erst begonnen, doch das Ergebnis dieses jüngsten Gaza-Kriegs steht jetzt schon fest: Es wird ein schlimmes Blutvergiessen geben, Menschen werden leiden auf beiden Seiten, die Zerstörung wird gewaltig sein. Der Krieg wird nur Verlierer hervorbringen – und all das weiss man, weil es immer so war in den zurückliegenden vier grossen Waffengängen seit 2008.
Doch einen Unterschied zu den vorherigen Waffengängen gibt es: Dieser Angriff auf Israel aus dem Gazastreifen ist von unvergleichlicher Wucht und Brutalität. Zum Krieg mit Raketen kommt der blanke Terror durch den Überfall von Hamas-Kämpfern auf Gemeinden im Grenzgebiet – mit purer Mordlust, mit Geiselnahmen, und all dies auch noch mit perfidem Stolz präsentiert über Videos in den sozialen Netzwerken. Das alles ist durch nichts zu rechtfertigen. Allein die Hamas trägt also die Schuld am Ausbruch dieses Kriegs. Israels Recht auf Selbstverteidigung steht ausser Frage.
Waffenruhen dauern nur kurz
Doch überraschend an diesem Angriff sind zwar der Zeitpunkt und die Brutalität. Nicht überraschend aber ist, dass in Gaza auf jede ausgehandelte Waffenruhe der vergangenen 15 Jahre immer bald schon der nächste Krieg folgt. Es rächt sich so, dass die Zeit zwischen den Kriegen nicht für die Suche nach langfristigen Lösungen genutzt wird.
Stattdessen verhärten sich die Positionen der Konfliktparteien in ihren jeweiligen Wagenburgen, und die internationale Diplomatie hat angesichts dieser destruktiven Dynamik lange schon kapituliert. Es fehlt ein politischer Horizont, der Hoffnung gibt auf eine friedliche Lösung des Konflikts – der den Palästinensern die Aussicht auf einen Staat erhält und den Israelis auf ein Leben in Sicherheit und Frieden.
Für Israels Regierung ist der Angriff ein Schock.
Für Israels Regierung ist der jetzige Angriff gewiss ein Schock, das Versagen des Frühwarnsystems und die furchtbar hohen Opferzahlen gleich zu Beginn könnten ein neues nationales Trauma begründen. Doch die Antwort darauf wird kühl und klar und mit grosser Härte ausfallen. Die Regierung von Premierminister Benjamin Netanyahu samt all der Scharfmacher im Kabinett wird sich gewiss nicht die Blösse geben, am Ende als zu nachsichtig zu erscheinen.
Ausgeschlossen ist dieses Mal angesichts der massiven Herausforderung durch die Hamas auch nicht, dass Israel es nicht bei Luftangriffen belässt auf den Gazastreifen, sondern mit Bodentruppen einmarschiert. Das wird den Krieg auf eine andere, gefährlichere Ebene heben – und Israel vor ein Dilemma stellen.
Denn was soll das Ziel dieses Einmarsches sein? Will man der Hamas endgültig den Garaus machen und sie aus Gaza vertreiben? Bislang jedenfalls hat in Israels Sicherheitskreisen weitgehend Einigkeit darüber geherrscht, dass man den 2005 verlassenen Gazastreifen keinesfalls zurückzuerobern und dort in diesem Minenfeld wieder die Verantwortung übernehmen will.
Die Führer der Hamas spielen im Kriegsfall das immer gleiche zynische Spiel.
Das wissen auch die Führer der Hamas, die im Kriegsfall das immergleiche zynische Spiel spielen. Ihr Überraschungsangriff hat ihnen nun frühe und verabscheuungswürdige «Siegerfotos» verschafft, sie haben Israel überrumpelt und schwer getroffen
Doch den Preis für ihr Vorgehen werden am Ende auch die zwei Millionen Menschen im Gazastreifen zahlen. Sie waren schon von den zurückliegenden Kriegen schwer getroffen worden – und mussten es am Ende stets noch ertragen, dass die Hamas auch noch auf den Trümmern einen Sieg vorgab.
Änderung vom 7.10.2023, 19:15 Uhr: Der Kommentar wurde durch eine aktualisierte Version ersetzt.
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