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Meinung

Kolumne von Gülsha Adilji
Wieso sind Taxifahrer so unbeliebt?

PRODUKTION - 29.05.2022, Hamburg: Mehrere Taxen stehen auf einer Wartefläche für Passagiere bereit. (zu dpa: «Mann stiehlt Taxi auf Sylt und bleibt im Watt stecken») Foto: Jonas Walzberg/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (KEYSTONE/DPA/Jonas Walzberg)
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Wann ist die Welt eigentlich so ein verdammt gefährlicher Ort geworden? Und ich spreche jetzt noch nicht mal über all die Kriege, die uns grad cornern, ich meine den ganz normalen Alltag. Wir müssen ständig und überall auf der Hut sein.

Und nirgends ist es so schlimm wie im Ausland. Da scheinen uns alle ausrauben, entführen oder – noch schlimmer – über den Tisch ziehen zu wollen. Allen voran Taxifahrer! Sie wecken in uns Misstrauen, wie es nur ein Ex-Boyfriend kann, der out of the blue «I miss you» schreibt. Na ja, Taxifahrer (absichtlich nicht gegendert) tun jetzt aber auch nicht viel dafür, um vertrauenswürdig zu wirken.

Taxichauffeure können doch nicht ernsthaft glauben, dass ihr Verhalten an Flughäfen normal wirkt!? Wenn sie mich von der Seite anzischen und 42-mal «TAXI-TAXI-TAXI» wiederholen, creept das the hell out of me. Da will man die Polizei rufen und ihnen sicher nicht auf einen dunklen Parkplatz folgen. Tausendmal eher würde ich meinem Ex auf die «I miss you»-Nachricht zurückschreiben und ein Brunch-Date vereinbaren. Mit unseren beiden Müttern.

Um hier aber was klarzustellen: Ich sage weder, dass Taxifahrer Creeps sind, noch sage ich, dass sie gefährlich sind. Also, ein bisschen sage ich es schon, aber ich kann nichts dafür! Mein Umfeld ist schuld. Egal, wohin man in die Ferien fährt, und sei es nur nach Berlin, wird man immer – wirklich IMMER – vor der Abreise von mindestens drei Leuten davor gewarnt, ein local Taxi zu benutzen.

Mit diesen Taxi-Warnschildern im Kopf wirken dann natürlich auch die nettesten «Do you need a taxi?»-Angebote wie straight aus einem 90er-Jahre-Thriller. Unser Gehirn kann gar nicht anders, als es als gefährlich einzustufen. Es ist so programmiert, dass es kontinuierlich die Umwelt filtert, um unsere Grundannahmen zu bestätigen, auch bekannt als Confirmation-Bias. Dass Taxifahrer Abzocker sind, ist uns also fast schon in die Gene geflochten. Obwohl ich noch nie eine schlechte Erfahrung gemacht habe, ausser dass ich vielleicht mal in Italien 9 statt 4 Euro für eine 50-minütige Fahrt bezahlen musste.

Ich werde auch nicht gern für dumm verkauft, und mich nervt es auch, wenn der Taxifahrer unnötig lange Umwege fährt, aber wenn man nur zwei Sekunden googelt, was für Scheisslöhne Taxifahrer haben, wird man rot vor Scham für jedes zu kleine Trinkgeld, das man bislang gegeben hat. In Rom verdient ein Taxifahrer laut Chat-GPT zwischen 1200 und 2000 Euro, eine Einzimmerwohnung ausserhalb der Stadt kostet zwischen 700 und 1200 Euro. It goesen’t auf, wie man merkt. Da würden wir alle versuchen, den einen oder anderen Umweg zu fahren.

Ausserdem erzählte mir Chat-GPT, dass nicht die Taxifahrer die gefährlichen Gangster sind, sondern dass die Chauffeure sehr oft selbst Opfer von Raub und gewaltvollen Übergriffen werden. Und, ja klar, es gibt natürlich auch tatsächlich Taxifahrer, die Leute abzocken, but not all taxi drivers!

Ich sags, wie es ist: Meine Taxi-Angst ist mit dieser 17-minütigen Recherche noch nicht geheilt, ich werde morgen definitiv auch wieder ein Uber nehmen. Aber wir sollten vielleicht versuchen, die Taxi-Angst in unserer Daily-Meditation-Routine aufzuarbeiten und die Augen offen zu halten für andere Bereiche, in denen uns Angst gelehrt wurde ohne statistische Grundlagen, z. B. wenn Politiker:innen in der «Arena» wieder was rumschreien. Dann lieber mal eine Extrarunde nehmen und Google und Chat-GPT fragen, ob das stimmt, was die da erzählen. Ein mit Angst geflutetes Gehirn trifft nämlich immer irgendwie schlechtere Entscheidungen.

Gülsha Adilji ist Moderatorin und Journalistin. Sie lebt in Berlin und Zürich.