Kolumne «Dorfgeflüster»Der Autobahnanschluss von Uetikon
Der Kanton Zürich hat Anfang der 80er-Jahre das Projekt einer rechtsufrigen Autobahn fallen lassen. Und doch verfügt Uetikon offenbar über einen Autobahnanschluss.
Wissen Sie, was der Gubristtunnel und Uetikon gemeinsam haben? Nein? Da sind Sie nicht allein. Denn eigentlich haben sie nichts miteinander zu tun. Und doch werden der Gubrist und Uetikon sehr oft im gleichen Atemzug genannt: «Stau vor dem Gubristtunnel, darum Rückstau auf der Autobahn A3 ab Uetikon». So tönt es praktisch allmorgendlich und allabendlich auf den verschiedenen Radiosendern.
Aha. Uetikon hat also doch einen Autobahnanschluss?
Was aus heutiger Sicht nicht mehr vorstellbar ist, war viele Jahre lang nicht nur eine verkehrstechnische Vision, sondern ein ziemlich weit entwickeltes Projekt. In den 50er-Jahren trieb der Kanton Zürich nämlich angesichts der regen Bautätigkeit und des zunehmenden Individualverkehrs gemeinsam mit dem Bund die Planung für eine rechtsufrige Schnellstrasse voran.
Die vierspurige Hochleistungsstrasse hätte ab Tiefenbrunnen in einen Tunnel und unter Zollikon hindurchgeführt werden sollen, bis ungefähr auf die Höhe der Schiedhaldenstrasse in Küsnacht. Von dort war die Linienführung bis ins Gebiet der Buech in Herrliberg vorgesehen. Danach hätte die Autobahn via Meilen hinab durch die bewohnten Gebiete von Uetikon, Männedorf und Stäfa bis nach Jona gezogen werden sollen. Erst 1981 haben Bund und Kanton das Vorhaben aufgegeben.
Meine erste, reflexartige Reaktion auf all die falschen Staumeldungen, die den Uetiker Autobahnanschluss phantomartig wieder aufleben lassen, ist immer die gleiche: Liebe Leute vom Radio, nehmts doch bitte ein wenig genauer. Die lautliche Nuance mag noch so klein sein – aber Uetikon am See ist nun wirklich nicht dasselbe wie Uitikon am Üetliberg.
Meine zweite, mittlerweile fast ebenso reflexartige Reaktion ist aber eine ganz andere. Nämlich Dankbarkeit. Dankbarkeit dafür, dass nicht sämtliche städtebaulichen Visionen realisiert werden.
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