Rösti 100 Tage im Amt«Klimapolitik fängt mit Energiepolitik an»
Albert Rösti setzt erste Akzente als Bundesrat. So will er mehr Wolfsabschüsse zulassen. Bei der Stromversorgung vertraut er dagegen auf die Politik seiner Vorgängerin.
Als der neue SVP-Bundesrat Albert Rösti das Umwelt- und Energiedepartement (Uvek) übernahm, war die Sorge im links-grünen Lager gross. Die Befürchtung: Der ehemalige Öl- und Autolobbyist Rösti könnte den eingeschlagenen Weg in der Energie- und Klimapolitik verlassen. Am Freitag hat Rösti nun seine Prioritäten präsentiert – ohne Anzeichen für einen Kurswechsel.
Für den Auftritt wählte Rösti einen Ort, der für die Energieproduktion steht: das frühere Generatorenhaus eines Wasserkraftwerks in der Matte in Bern. «Seit langem wird hier Wasserkraft genutzt», sagte Rösti. «Was vor 150 Jahren mit viel Pioniergeist entstand, ist heute aktueller denn je.»
Eine sichere Energieversorgung: Das steht für Rösti an erster Stelle. Erreichen will er das Ziel mit den Instrumenten seiner Vorgängerin, der ehemaligen SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Genauer: mit dem Gesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien (Mantelerlass) und dem Gesetz zur Beschleunigung der Verfahren. Beide seien zentral für den Ausbau der erneuerbaren Energien, sagte Rösti. Damit könne die Versorgungssicherheit im Winter deutlich verbessert werden.
Die eigene Partei nicht überzeugt
Die schlimmsten Befürchtungen der politischen Gegner haben sich bisher also nicht bestätigt. Allerdings hat sich auch die grösste Hoffnung noch nicht erfüllt: die Hoffnung, dass ein SVP-Energieminister seine Partei vom Oppositionskurs in der Energie- und Klimapolitik abbringen könnte.
Die SVP hat in der Frühjahrssession im Nationalrat nicht nur den Mantelerlass abgelehnt. Sie stimmte – gemeinsam mit den Grünen – auch gegen eine Regelung, die Rösti eingebracht hatte. Der Vorschlag: In der Raumplanung werden Gebiete ausgeschieden, die sich für den Bau von Solar- und Windkraftanlagen eignen. In diesen Gebieten soll die Energieproduktion Vorrang vor anderen Interessen haben.
Rösti hält diese Regelung für wichtig. Am Freitag zeigte er sich trotz des Widerstands seiner Partei zuversichtlich, dass das Parlament am Ende dazu Ja sagen wird – und dass die SVP den Mantelerlass mitträgt, wenn das Parlament die Solarpflicht auf Neubauten fallen lässt. Die SVP hatte diese im Nationalrat vergeblich bekämpft. Auch beantragte sie erfolglos, das Verbot des Baus neuer Atomkraftwerke zu streichen.
Bundesrat Rösti war auf der Gegenseite. Am Freitag versuchte er jedoch, seiner Partei in der Atomfrage ein wenig entgegenzukommen: Langfristig befürworte er Technologieoffenheit, sagte er, ohne die Atomkraft explizit zu erwähnen. Sein Departement werde die Entwicklung aller Technologien «beobachten».
Ein Zeichen an die Bergbevölkerung
In der Klimapolitik muss Rösti bald gegen seine Partei antreten, im Abstimmungskampf zum Klimaschutzgesetz, das die SVP «Stromfressergesetz» nennt. Auch hier machte er eine kleine Konzession an seine Partei. «Klimapolitik fängt mit Energiepolitik an, nicht umgekehrt», sagte Rösti. Der Ausbau der Energieproduktion sei die Voraussetzung dafür, dass die Nutzung fossiler Energien reduziert werden könne. Zudem dürfe die Klimapolitik nicht das Portemonnaie der Bevölkerung belasten.
Rösti sprach auch andere Themen aus seinem Departement an – von Strasse und Schiene über das Internet bis zur Post. Dabei versicherte er, er wolle Politik für das ganze Land machen: die Städte, die Agglomerationen, die Berggebiete. «Es stärkt den Zusammenhalt, wenn sich die Bevölkerung nicht abgehängt fühlt.»
Der Bergbevölkerung will Umweltminister Rösti bald einen konkreten Wunsch erfüllen: Er kündigte an, den Wolfsschutz weiter zu lockern. Der Bundesrat hatte eine Verordnung in die Vernehmlassung geschickt, die den Abschuss von Wölfen erleichtert. So sollen bereits nach acht statt wie bisher zehn Nutztierrissen Abschüsse möglich sein. Doch Bergkantone und Bauern forderten weitergehende Massnahmen. Rösti deutete nun an, dass er das Anliegen erfüllen will. Bereits im kommenden Alpsommer sollen Wölfe leichter getötet werden können.
In Röstis erste 100 Tage als Bundesrat fiel auch die Krise der Credit Suisse. Auf Fragen dazu wich er nicht vom Kollegialitätsprinzip ab. Er habe in dieser Krise einen Bundesrat erlebt, der gut und zielgerichtet gearbeitet habe, sagte Rösti. Die Bundesratsbeschlüsse dazu seien zwingend gewesen – «alternativlos».
Zuletzt wurde Rösti gefragt, ob es im Bundesrat so sei, wie er erwartet habe. «Schon», antwortete der Neobundesrat. Der Rhythmus sei allerdings noch höher, als er gedacht habe. Die Agenda sei eng getaktet, halbstündlich habe er Termine, müsse etwas entscheiden. Doch das sei gerade das Spannende am Bundesratsamt.
Fehler gefunden?Jetzt melden.