Never Mind the Markets: Freier HandelKeynes’ Lehre zum Handelskrieg
Wenn die übrige Welt auf Kosten der US-Steuerzahler den Ausweg aus der Krise sucht, wird dies zu Konflikten führen.
Der Freihandel einigt die Völker und erhöht den Wohlstand für alle Länder, die sich daran beteiligen, über billigere Produkte und eine grössere Auswahl. So steht es in ökonomischen Lehrbüchern – allerdings mit der nicht unwesentlichen Einschränkung, dass es zu einer sehr ungleichen Verteilung der Früchte innerhalb der Länder kommen kann.
Ein überzeugter Vertreter des freien Handels und Gegner jeder Art von Protektionismus war auch der berühmte, britische Ökonom John Maynard Keynes. Noch 1923 schrieb er: «Die Behauptung, Protektionismus könne Arbeitslosigkeit bekämpfen, beruht auf Trugschlüssen der Protektionisten in ihrer plumpsten und simpelsten Form.» 13 Jahre später hat Keynes im zweitletzten Kapitel seines Hauptwerks «General Theory» dann aber viel Verständnis für die Motive der Kritiker des Freihandels und die Anhänger des Protektionismus gezeigt.
Keynes’ frühe Einsicht: Kann ein Land die Leitzinsen nicht mehr senken oder die Ausgaben nicht mehr erhöhen, um eine ausreichende Binnennachfrage und Vollbeschäftigung zu erreichen, hat es keine Alternative, als auf Exportüberschüsse zu setzen. Nachfrage aus dem Ausland muss dann die Lücke füllen. Die Kehrseite dieser Strategie ist allerdings, dass auf der anderen Seite zwingend Länder stehen müssen, die entsprechende Defizite im Aussenhandel verzeichnen.
Solange in den entwickelten Ländern die Arbeitslosigkeit ein Problem bleibt, sind bei Handelsungleichgewichten Streitigkeiten zu erwarten.
Keynes hat Exportüberschüsse nicht empfohlen. Er hat einzig deutlich gemacht, dass es vollkommen rational ist, wenn Länder mit einer schwachen Binnennachfrage diese Politik verfolgen, auch wenn das zu internationalen Konflikten zu führen droht.
Was heisst das für die aktuelle Lage? Solange in den entwickelten Ländern die Arbeitslosigkeit ein Problem bleibt, sind bei Handelsungleichgewichten Streitigkeiten weiter zu erwarten. Im Fokus dürften erneut die USA stehen. Das Land hat das weltgrösste Fiskalprogramm im Umfang von rund 4 Billionen Dollar zur Bewältigung der Krise und für Infrastrukturinvestitionen aufgelegt.
Wenn die übrige Welt auf Kosten der US-Steuerzahler via höhere Exporte in die USA den Ausweg aus der Krise sucht, dann dürfte der Ruf nach protektionistischen Massnahmen dort wieder Gehör finden, auch wenn jetzt alle die internationale Kooperation beschwören. Die Strategie vor allem der Chinesen und der Europäer, auf Nachfrage aus den USA statt auf eine Politik zu setzen, die den Konsum im Inland stärkt, hat schon die Grundlage für den Handelskrieg von Donald Trump gelegt.
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