Leichtathletik-Saison Ade?Keine Spiele und die EM abgesagt – gibt es überhaupt noch Ziele?
Die Leichtathleten trainieren unter erschwerten Bedingungen, nur – wofür? Nun wurde auch die EM abgesagt. Und in der Diamond League ist Kreativität gefordert.
Wie gross war der Unmut der Leichtathleten im letzten Jahr über die späte WM Anfang Oktober in Doha! Wie ungewohnt der Saisonverlauf, wie schwierig die Planung! Und das so kurz vor Olympia!
Im Nachhinein lässt sich sagen: Das war alles nichts im Vergleich zu 2020. Die Olympischen Spiele von Tokio waren schon das zweite Highlight, das zwar nicht ausfällt, aber wegen der Corona-Pandemie verschoben werden musste. Im März war bereits die Hallen-WM in China gestrichen worden. Und nun am Donnerstagabend die Absage der EM in Paris, die vom 25. bis 30. August stattgefunden hätte.
Überraschend kam dieser Entscheid in Anbetracht der schwierigen Umstände weltweit nicht mehr. Die EM wird 2021 auch nicht nachgeholt, wie der europäische Verband zusammen mit dem französischen Organisator bekannt gab. Die Westschweizerin Lea Sprunger vergiesst auf Twitter darüber verständlicherweise ein paar Tränen, für die Hürden-Europameisterin hat die Absage aber auch eine positive Seite: Sie trägt den Titel bis München 2022.
World Ranking bis 1. Dezember eingefroren
Nach dem späten Ziel 2019 nun also gar kein Ziel in diesem Jahr? Zeichnet sich allmählich eine Leichtathletik-Saison ab, die gar keine werden wird? World Athletics, der internationale Verband, hat schon vor längerem angekündigt, dass die Olympiaqualifikationsphase erst wieder am 1. Dezember beginnt, das World Ranking bis dann eingefroren ist. Trotzdem mühen sich die Athletinnen und Athleten in der Hoffnung auf irgendwelche Wettbewerbe mit erschwerten oder fast unmöglichen Trainingsbedingungen ab. Und weil auch die meisten Grenzen geschlossen sind, sind auch die Perspektiven der prestigeträchtigsten Veranstaltungsserie der Leichtathletik, der Diamond League, schwierig.
Christoph Joho, Co-Organisator von «Weltklasse Zürich», sagt, man sei innerhalb der Diamond League in intensiven Diskussionen, wie die Serie aussehen könnte. Zuletzt wurden die Meetings von Eugene (7. Juni) und Paris (13. Juni) verschoben, damit ist es schon die Hälfte aller Veranstaltungen. Joho sagt: «Man spürt den Willen aller Organisatoren, ein Meeting durchzuführen, auch wir in Zürich sind in Planung, müssen aber auch einen Plan B bereithaben.» World Athletics sei mit einer neu gegründeten Kommission, in der auch der Rad-Weltverband oder der Triathlon-Verband Einsitz habe, am Eruieren, ob mit einem Schnelltest auf das Virus dem Social Distancing auf dem Sportplatz begegnet werden könne.
Weltrekord- und Laserversuche
In welchem Rahmen die Meetings stattfinden könnten, zeigt Oslo, das die «Bislett Games» vom 11. Juni in «Impossible Games» umgetauft hat und in der Disziplinen- und Wettkampfwahl kreativ wurde. Es soll ein vorwiegend nationaler Anlass werden, bei dem Hürdenstar Karsten Warholm den Weltrekord über 300 m angreift, Schwedens Stab-Ass Armand Duplantis einen Distanzwettkampf mit Renaud Lavillenie in dessen Garten in Frankreich austrägt, und Mittelstreckenläuferin Karoline Grövdal versucht, den 3000-m-Rekord der legendären Grete Waitz zu unterbieten, deren Pace mittels Laser auf der Bahn angezeigt wird.
Dass «Weltklasse Zürich» am 11. September wie angekündigt das über drei Tage verteilte Finalmeeting der Serie mit Anlässen in der City sein wird, ist nicht mehr realistisch. Vielleicht werden es dann Schweizer Meisterschaften oder Swiss Games oder ein Meet and Greet mit einheimischen Legenden sein, die dann – oder auch später – im Letzigrund stattfinden. Denkwürdig wird es ohnehin.
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