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Dringend gesucht: Asylunterkünfte
Kantone wollen Flüchtlinge in Turnhallen unterbringen

In Schweizer Turnhallen könnten bald noch mehr Plätze für Flüchtlinge geschaffen werden, so wie hier Ende 2022 auf dem Areal der Militärkaserne Moudon VD.
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Was nun? Das ist die grosse Frage in der gegenwärtigen Asylkrise. Bund, Kantone und Gemeinden müssen jetzt unter Hochdruck Alternativen suchen, weil der Ständerat diese Woche den Kredit zum Bau von Containersiedlungen auf Armee-Arealen definitiv abgelehnt hat. Am naheliegendsten ist, dass Flüchtlinge künftig vermehrt in Zivilschutzanlagen einquartiert werden. Jetzt kommt aber noch eine weitere Variante ins Spiel: Turnhallen.

Der Bündner SP-Regierungsrat Peter Peyer erachtet Zivilschutzanlagen als ungeeignet. Wenn der Bund keine eigenen Lösungen habe und bis im September die prognostizierten 27’000 Flüchtlinge kämen, werde die Unterbringung «ein grosses Problem», sagt er. «Wir müssten dann öffentliche Infrastrukturen wie Turnhallen als Schlafplätze für Asylsuchende nutzen, wenn unsere Reserven alle besetzt sind.»

Mario Fehr nimmt den Bund in die Pflicht

In Turnhallen Betten für Asylsuchende aufzustellen, ist auch in anderen Kantonen wie Bern eine Option. Da und dort kamen Turnhallen bereits zum Einsatz. Allerdings dürfte diese Variante genau so umstritten sein wie die unterirdische Einquartierung – vor allem dann, wenn Schulkindern der Turnunterricht gestrichen werden müsste.

Der Zürcher Regierungsrat Mario Fehr pocht darauf, dass es erst gar nicht so weit kommt. «Letztes Jahr hat der Bundesrat die Regeln des Asylgesetzes missachtet und Asylsuchende vorzeitig in die Kantone geschickt», sagt er. «Der Kanton Zürich wird ein solches Vorgehen nicht noch einmal zulassen, auch der Bund muss jetzt seine Hausaufgaben in der Asylpolitik erledigen.»

In vielen Kantonen ist man jedoch skeptisch, ob eine vorzeitige Zuweisung von Asylsuchenden an die Kantone aufgrund der fehlenden Containerdörfer überhaupt noch verhindert werden kann. Auch das Staatssekretariat für Migration (SEM) kann dies nicht ausschliessen. Auf Anfrage teilt es mit, dass vorzeitige Zuweisungen «wenn immer möglich verhindert werden sollen».

Noch hat der Bund über 4000 freie Plätze

Momentan verfügt der Bund über rund 10’000 Plätze für Asylsuchende, wovon rund 4600 noch frei sind. Gemäss Prognosen werden diese nicht ausreichen, um den Ansturm bis im Herbst zu bewältigen. In den Containersiedlungen hätten 3000 neue Betten geschaffen werden sollen.

Obwohl sich das Nein aus dem Parlament seit drei Wochen abgezeichnet hat, fehlt nach wie vor ein Plan B. «Neben dem Truppenlager Eigenthal sind derzeit keine weiteren, zusätzlichen Unterkünfte in Planung, die vom SEM demnächst genutzt werden könnten», teilt das Staatssekretariat mit. Im luzernischen Eigenthal werden ab Mitte Juli 200 zusätzliche Plätze zur Verfügung stehen.

Der Plan B muss also erst noch gefunden werden. Das SEM schreibt dazu: Der Sonderstab Asyl werde «sehr rasch mit Vertreterinnen und Vertretern der Kantone und der Armee prüfen, wo es allenfalls noch zusätzliche Unterkünfte gibt, die vom SEM genutzt werden könnten».

SVP-Regierungsrat fordert strengere Asylpraxis

Somit ist die Schweiz wieder in einer ähnlichen Situation wie in der letzten grossen Flüchtlingskrise 2015. Das sorgt für Kritik. «Wir hatten schon damals zu wenig Unterkünfte und jetzt wieder», sagt der Tessiner Mitte-Nationalrat Marco Romano. «Die Zeit dazwischen wurde nicht genutzt, um sich besser vorzubereiten. Das ist ein Problem.»

Die Suche nach geeigneten Unterkünften ist jedoch «sehr schwierig», wie der Berner SVP-Regierungsrat Pierre Alain Schnegg sagt. «Wir finden kaum noch passende Objekte.» Falls es zum befürchteten Ansturm kommt, will er die Asylsuchenden «wahrscheinlich» vorerst in Zivilschutzanlagen unterbringen.

Schnegg ist jedoch der Meinung, dass der Bund nicht nur bei der Unterbringung ansetzen muss, sondern auch die Asylpraxis verschärfen sollte. «Wir fordern nachdrücklich, dass der Bund unverzüglich die notwendigen Massnahmen ergreift, um die Attraktivität unseres Asylsystems zu verringern, um die Zahl der Ankünfte zu senken, und dass er die Rückführung von Personen, die kein Bleiberecht erhalten, durchsetzt.»