Keine Dividenden für das IKRKKantone blocken Ukraine-Hilfe mit Nationalbankgeldern ab
Teile der Nationalbankdividende sollten dem Roten Kreuz zukommen – als Kontrapunkt zur Kritik von Philipp Hildebrand. Doch die Kantone als grösste Aktionäre machen nicht mit.

Die Kritik von Philipp Hildebrand an den Sanktionen der Schweiz gegen Russland hat in Finanzkreisen für einiges Aufsehen gesorgt. Die Neutralität sei damit «sehr rasch unterminiert» worden, hatte der Ex-Präsident der Schweizerischen Nationalbank in einem Interview mit der «Handelszeitung» gesagt und die Frage nach den Folgen für den Finanzplatz aufgeworfen.
Die Äusserung zog Kreise bis zu seiner ehemaligen Arbeitgeberin. An der Generalversammlung der Nationalbank Ende April musste Bankratspräsidentin Barbara Janom Steiner Stellung zugunsten der Ukraine beziehen. Dazu zwang sie ein Aktionär, der – ein Exemplar der «Handelszeitung» schwingend – beantragte, dass die Aktionäre die Hälfte ihrer Dividende von 15 Franken pro Aktie dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) für die humanitäre Hilfe in der Ukraine überweisen sollten. Dies als Statement, «dass wir die Sanktionen sehr wohl begrüssen und in dieser Ausnahmesituation notwendig finden».
Eine solche Zahlung widerspreche den gesetzlichen Vorgaben, hielt die Bankratspräsidentin dagegen. Sie beantragte stattdessen, die Generalversammlung solle die Aktionäre dazu aufrufen, die Hälfte der Dividende «oder wie viel sie auch wollen», dem Roten Kreuz zu überweisen.
«Wir werden dem Appell keine Folge leisten.»
Der Antrag des Aktionärs wurde klar abgelehnt, jener des Bankrates fast einhellig angenommen. «Der Appell gilt – zeigen Sie sich solidarisch», forderte Barbara Janom Steiner die Aktionäre nach gewonnener Schlacht auf.
Mit wenig Erfolg, wie eine Umfrage von Tamedia bei den grössten unter ihnen – den Kantonen Bern, Zürich, Waadt und St. Gallen – zeigt. Eine Überweisung von Teilen der Dividende an das Rote Kreuz sei kein Thema, heisst es bei der bernischen Finanzdirektion: «Stand jetzt fliesst die Million Franken als ordentlicher Ertrag in den allgemeinen Staatshaushalt.»
Keine Absichten, vom üblichen Vorgehen abzuweichen, bekundet auch der Kanton Waadt: «Wir werden dem Appell keine Folge leisten», sagt Finanzdirektor Pascal Broulis. Ähnlich tönt es aus dem Kanton St. Gallen: Um einen Teil der Nationalbankdividende dem IKRK zu überweisen, fehle die rechtliche Grundlage, sagt Flavio Büsser, Generalsekretär des Finanzdepartements. Zudem hätten die Dividenden keinen direkten Zusammenhang mit der Ukraine-Hilfe. Der Kanton St. Gallen habe aber die humanitäre Hilfe für die Ukraine bereits finanziell unterstützt und prüfe derzeit, die Mittel dafür zu erhöhen.
Raum für Interpretationen offen lässt die Antwort aus Zürich: Der Kanton habe Kenntnis von der Diskussion an der Generalversammlung der Nationalbank, sagt Reto Flury von der Zürcher Finanzdirektion und fügt bei: «Das Ergebnis lässt er in seine stetigen Überlegungen zur Hilfe für Geflüchtete aus der Ukraine einfliessen.»
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