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Billig und effizient
Kamikaze-Drohnen, die Waffen des Schattenkriegs

Die Waffe für den Krieg zwischen den Kriegen: Dieses Bild der iranischen Armee zeigt den Start von Drohnen in einer militärischen Übung (Januar 2021). 
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Ist der Einsatz einer sogenannten Kamikaze-Drohne, also einer Einwegdrohne, im nördlichen Indischen Ozean ein neues Phänomen?

Nein. Aber der kürzlich erfolgte Angriff auf den Tanker Mercer Street ist der schwerste Zwischenfall auf hoher See im Konflikt zwischen dem Iran und Israel. Seit 2019 sind israelische Schiffe in der Region mit Drohnen, auch bekannt als unbemannte Luftfahrzeuge (UVAs), attackiert worden. Israel macht dafür die Islamische Republik verantwortlich. Andererseits wird Israel verdächtigt, das iranische Atomprogramm mehrfach angegriffen zu haben. Kürzlich sank zudem das grösste iranische Kriegsschiff unter mysteriösen Umständen im nahe gelegenen Golf von Oman.

Weshalb bekriegen sich Israel und der Iran mit Drohnen?

Die Angriffe werden als Teil eines Schattenkriegs gewertet, den die beiden Staaten wegen des Streits um das iranische Atomprogramm führen. In den letzten drei Jahren gab es im Nahen Osten schätzungsweise 150 oder mehr Zusammenstösse auf hoher See, wie der «Guardian» schreibt. Zuvor sollen bei Zwischenfällen, bei denen Dutzende von Schiffen beschädigt wurden, Minen an Schiffsrümpfen oder kleine Raketen eingesetzt worden sein.

Wer hat die besseren Drohnen?

Israel. Die Israelis bauen ihre Drohnen selbst, das Land ist technologisch weit entwickelt, wie die grosse IT-Industrie zeigt. Israel gilt als einer der grössten Exporteure von Drohnen weltweit, die Technologie wird lediglich nicht an jene Staaten weitergegeben, die man als potenzielle Feinde betrachtet. Die israelischen Streitkräfte benutzten im Gazakrieg im Mai Drohnenschwärme, um die Raketenabschussrampen der Hamas anzugreifen. Dabei kommunizierten und koordinierten sich die Drohnen untereinander dank künstlicher Intelligenz. Des Weiteren setzte Aserbeidschan 2020 im Krieg gegen Armenien erfolgreich Drohnen aus israelischer und türkischer Produktion ein.

Sind auch die iranischen Drohnen so weit entwickelt?

Nein. Der Iran hat jedoch eines der am längsten laufenden Drohnenprogramme. Gemäss israelischen Armeeangaben verfügt der Iran über eine vollständige Produktionskette, wie die israelische Zeitung «Haaretz» schreibt. Die Iraner haben sich darauf spezialisiert, Waffensysteme aus anderen Ländern, etwa aus China, zu kopieren. Mit den Drohnen hat der islamische Gottesstaat, der durch internationale Sanktionen eingedämmt wird, die veraltete Luftwaffe teilweise ersetzt, und das für wenig Geld. Der Iran verfügt über keine Kampfjets mehr ausser den amerikanischen Phantoms, die noch aus der Schah-Zeit stammen.

Angriff auf den Tanker Mercer Street: Mutmasslich steht der Iran hinter der Attacke. Zwei Männer an Bord wurden getötet.

Lässt sich allein mit Drohnen ein Krieg führen?

Bislang nicht. Aber ein Gegner kann bedrängt und belästigt werden, ohne dass es zu einer harten Reaktion kommt, die zu einem Krieg führt. Ein Beispiel dafür ist der Angriff auf den Tanker Mercer Street. Die Drohne gilt auch als Waffe für den Krieg zwischen den Kriegen. Ausserdem kann man einen Gegner verunsichern: Am 18. Mai gelang es den iranischen Streitkräften, mit einer im Irak gestarteten Drohne via jordanischen Luftraum in Israel einzudringen. Erst dann konnten die Israelis sie abschiessen, was die Regierung beunruhigte, wie «Haaretz» berichtet. Mit Drohnen lässt sich auch politischer Druck erzeugen.

Setzt der Iran nicht mehr auf Raketen?

Der Iran hat viele Jahre lang in die Entwicklung von Raketen investiert. Das Problem ist, dass eine ballistische Rakete schwer, unhandlich und unflexibel ist. Sie ist zwar ein wichtiges Abschreckungsmittel, aber sie ist laut, und ihr Startplatz ist leicht eruierbar. Der Einsatz einer Drohne lässt sich dagegen bestreiten, sie ist auf dem Radar kaum erkennbar, und sie ist relativ einfach zu bedienen. Eine Drohne verlangt wenig Personal, und sie ist sehr mobil. Drohnen können auf verschiedene Weise und von unterschiedlichen Plattformen aus gestartet werden. Auch ist die Ausbildung der Soldaten an der Drohne vergleichsweise einfach. Der Iran produziert Aufklärungsdrohnen und Angriffs- resp. Kamikaze-Drohnen. Sie haben Reichweiten von bis zu 1700 Kilometern.

Wie erfolgreich ist die Drohnenstrategie des Iran?

Zumindest werden die iranischen Drohnen von Israel, den USA und Saudiarabien als Bedrohung wahrgenommen. Ein Coup gelang mutmasslich den Revolutionsgarden, als sie am 14. September 2019 mit Drohnen und Raketen in 1000 Kilometer Entfernung die Ölanlagen von Saudi Aramco angriffen, der grössten Erdölfördergesellschaft der Welt. Militärexperten in Israel und im Westen waren verblüfft. Ausserdem liefert der Iran auch Drohnen an verbündete Milizen in der Region: an die Hizbollah im Libanon, an die Huthi im Jemen, die Hamas im Gazastreifen und an radikale Schiiten im Irak. Dies ist Teil der iranischen Strategie, um die eigene militärische Schwäche auszugleichen.