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Tödliche Eskalation im Golf von Oman
Kamikaze-Drohnen greifen Tanker an

Tödlicher Zwischenfall im Indischen Ozean: Das Tankschiff MT Mercer Street.
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Die erste Mitteilung der in London ansässigen Schiffmanagementfirma Zodiac Maritime am Freitag hörte sich nicht sonderlich spektakulär an. An Bord des Tankschiffs MT Mercer Street habe es im nördlichen Indischen Ozean einen Piraterievorfall gegeben. Doch schnell stellte sich am Wochenende heraus, dass es der schwerste Zwischenfall im maritimen Schattenkrieg zwischen Iran und Israel war, seit die wechselseitigen Angriffe auf Schiffe im Jahr 2019 begonnen haben.

Sowohl die israelische Regierung als auch die US-Marine sprechen inzwischen von einem Angriff mit mehreren Kamikaze-Drohnen auf das 183 Meter lange Schiff. Als mindestens einer der Flugkörper an der Brücke des unter liberianischer Flagge fahrenden und in japanischem Besitz befindlichen Schiffes explodierte, wurden zwei Mitglieder der Mannschaft getötet.

Dabei handelt es sich nach Angaben aus Sicherheitskreisen um den aus Rumänien stammenden Kapitän sowie einen britischen Sicherheitsmann. Die US-Marine eskortierte die Mercer Street nach der Attacke und flog ein Team von Entschärfern und technischen Experten an Bord.

Erstmals Tote im maritimen Schattenkrieg

Zwar sind in dem Schlagabtausch immer wieder Schiffe beschädigt worden, Tote hatte es bislang dabei aber nicht gegeben. Zum Ziel geworden war die Mercer Street auf dem Weg von Daressalam nach Fujairah offenbar, weil der Betreiber Zodiac Maritime dem israelischen Milliardär Eyal Ofer gehört.

Erst Anfang Juli war das Containerschiff CSAV Tyndall in der Strasse von Hormus mit einer Rakete attackiert worden – das Schiff war im Besitz von Ofers Zodiac Maritime, allerdings wenige Monate zuvor verkauft worden. (Lesen Sie zum Thema auch den Artikel «Grosses Schiff der iranischen Marine sinkt nach Brand».)

Israels Premier Naphtali Bennett sagte am Sonntag: «Ich möchte unmissverständlich klarstellen, dass der Iran das Schiff angegriffen hat.» Er reagierte damit auf ein vorheriges Dementi des iranischen Aussenministeriums. Dessen Sprecher Saeed Khatibzadeh sagte, Israel sei für «Unsicherheit, Terror und Gewalt» verantwortlich. Teheran verurteile die Anschuldigungen.

Allerdings berichtete der arabischsprachige iranische Staatssender al-Alam, die Attacke sei als Vergeltung für israelische Luftangriffe auf Ziele in Syrien von «Kräften des Widerstands» ausgeführt worden. Die US-Regierung bezichtigte den Iran zunächst nicht offiziell, aus Sicherheitskreisen hiess es aber, alles deute auf eine Urheberschaft Teherans hin.

«Wir haben unsere eigenen Möglichkeiten, dem Iran eine Botschaft zu übermitteln»: Naphtali Bennett, Israels Premier.

Bennett sagte, seine Regierung erwarte, dass die internationale Gemeinschaft dem iranischen Regime klarmache, dass es «einen schrecklichen Fehler» begangen habe. «Wir haben unsere eigenen Möglichkeiten, dem Iran eine Botschaft zu übermitteln», fügte er hinzu. In Israel wird der Vorfall als ernste Eskalation gesehen und als Versuch des Iran, die erst seit Juni amtierende Regierung zu testen. Bennett hatte früher als Verteidigungsminister und danach in der Opposition stets einen harten Kurs gegenüber Teheran gefordert.

Mögliche militärische Optionen der Vergeltung dürften Bennett, Verteidigungsminister Benny Gantz und die Armeeführung bereits bei einem kurzfristig anberaumten Krisengespräch erörtert haben. Schmerzhaft ist der Angriff auf die Mercer Street auch, weil er Israels Verwundbarkeit auf den für das Land wichtigen Seehandelswegen zeigt.

USA erwägen ohnehin neue Sanktionen

Diplomatisch wird Israel den Zwischenfall nutzen wollen, um den Iran bei den Atomverhandlungen mit den Europäern und den USA in die Defensive zu bringen. Aussenminister Jair Lapid erklärte: «Der Iran ist nicht nur ein israelisches Problem, sondern ein Exporteur von Terror, Zerstörung und Instabilität, der die ganze Welt bedroht.» Lapid sprach mit seinem US-Kollegen Tony Blinken. Dabei sei es um «gemeinsame Aktivitäten gegen den iranischen Terrorismus sowie um eine substanzielle und effektvolle internationale Antwort» gegangen.

Die USA erwägen laut dem «Wall Street Journal» ohnehin neue Sanktionen gegen den Iran, mit denen sie auf zunehmende Angriffe mit Drohnen und Lenkflugkörpern auf US-Truppen im Irak und in Syrien reagieren wollen. Das würde zweifellos die seit dem Sieg des Hardliners Ebrahim Raisi bei der Präsidentenwahl stockenden Gespräche über eine Rückkehr zum Atomabkommen von 2015 weiter erschweren. (Lesen Sie zum Thema den Kommentar «Für immer Feind».)