Kachelmanns WetterZürichs Wetterdaten vom Uetliberg waren irreführend – bis gestern
Jahrelang wurde Zürichs Hausberg gar nicht auf Hügelhöhe gemessen. Das hat sich nun geändert, just vor dem angekündigten historischen Samstag.
Zu einer rechten Schweizer Grossstadt gehört ein rechter Hausberg. Früher gab es auf diesen Hausbergen meist eine Wetterstation, wo ein armer Bergarbeiter tagein, tagaus und früh aufstehend dreimal täglich in der weissen Wetterhütte die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit abgelesen hat und an der sogenannten Wildschen Fahne oben am Restaurantdach den Wind abgeschätzt hat.
In Zürich gehörten Wetterbeobachtungen auf dem Uetliberg zur Tradition der ersten Stunde. F. Beyel hat vor 160 Jahren am Uto Kulm aufgeschrieben, dass es mittags 4,6 Grad waren und es bei frischem Westwind geregnet hat, Sie können das im 1. Jahrgang der «Schweizerischen Meteorologischen Beobachtungen herausgegeben von der meteorologischen Centralanstalt der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft» nachlesen.
Das Glück währte nur ein paar Jahrzehnte, bis die Beziehungen zwischen dem Uto Kulm und der Meteorologie schlechter wurden und die Messungen aufhörten. Ab 1971 gab es noch mal den Versuch einer Wetterstation neben der Bahnstation auf dem Uetliberg (dort, wo jetzt der Spielplatz ist), aber auch da ging es irgendwann zu Ende, weil generell die mühsame Handarbeit aus der Mode kam und der Standort mit den immer höheren Bäumen rundherum nicht mehr ideal war.
200 Meter über dem Berg herrscht anderes Wetter
Heute gibt es wieder Wetterstationen auf dem Uetliberg, dem Bantiger und der St. Chrischona, deren Daten auch stolz durch die Lokalradios verkündet werden – die aber in Wahrheit nichts mit den Bergen zu tun haben, die den Stationen den Namen geben.
Alle diese Wetterstationen stehen auf den Turmspitzen der für Schweizer Hausberge vorgeschriebenen Fernsehtürme und haben entsprechend wenig mit der Realität auf Bergrestaurant-Höhe zu tun: auf dem Uetliberg 187 m über dem Berg selbst, auf dem Bantiger 192 m drüber und auf der Chrischona stolze 250 m über der Spitze – die Werte von dort haben natürlich absolut nichts mit den Ausflugzielen zu tun, auf denen sich die Menschen jeweils wundern, dass es gar nicht so stürmisch und kalt ist wie auf den Wetterapps, auf denen natürlich nicht steht, dass die Messungen von der Spitze der Fernsehtürme stammen.
Für die Zürcherinnen und Zürcher gibt es die frohe Botschaft, dass rechtzeitig vor dem mutmasslichen Rekordsamstag seit dem Donnerstag wieder auf ganz normaler Hügelhöhe auf 870 m Höhe gemessen wird. Es soll nicht vergeblich sein, was F. Beyel Ende 1863 begonnen hat. Wir können gespannt sein, wie warm es am Samstag wird. 1864 war es erst am 18. Mai annähernd so warm, wie es übermorgen wird. Und wenn die Nachkommen von F. Beyel noch da sind, mögen sie sich melden, damit wir wissen, ob es eine heldenhafte Frau oder ein heldenhafter Mann war, der oder die jeden Tag um 7, 13 und 19 Uhr die Instrumente abgelesen hat.
Fehler gefunden?Jetzt melden.