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Commonwealth-Gipfel in Ruanda
Johnson will eine Aussprache mit Prinz Charles – in Kigali

Steht wegen seiner Ausschaffungsflüge unter Druck: Der britische Premier Boris Johnson. 
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Just als sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union am Donnerstag in Brüssel sammelten, trafen fernab in Kigali die Repräsentanten einer anderen Organisation, des Commonwealth of Nations, zu ihrem Gipfeltreffen ein. Insbesondere für die britischen Teilnehmer der Konferenz im ostafrikanischen Ruanda ist dieser erste Commonwealth-Gipfel seit drei Jahren zu einer wichtigen, wenn auch nicht unproblematischen, Veranstaltung geworden – schon weil Grossbritannien Mühe hat, sich seine Führungsrolle in dem 54-Staaten-Verbund zu erhalten, der immerhin einmal als «Britisches Commonwealth», als Auffangbecken für die unabhängig gewordenen Ex-Kolonien Londons, begann. 

Aber auch um den Konferenzort dieses Jahres, um Kigali, hat sich schon zum Auftakt des Gipfels ein bitterer Streit entzündet. Was damit zu tun hat, dass die britische Regierung im April dieses Jahres mit dem Staat Ruanda eine «Migrations- und Entwicklungshilfe-Partnerschaft» einging, die es London erlauben soll, Zehntausende unerwünschter Asylbewerber aus Grossbritannien nach Ruanda zu verfrachten – und so potenzielle Flüchtlinge von der Fahrt über den Ärmelkanal nach England abzuschrecken. 

Diesen Plan, den der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte vorige Woche erst einmal blockierte, soll ja Prinz Charles in einem privaten Gespräch «empörend» genannt haben. Da aber Charles seine Mutter als Oberhaupt des Commonwealth beim Kigali-Gipfel vertritt und er mit etwas Hilfe der Queen bereits zum nächsten Schirmherrn des Staatenbundes berufen wurde, wird jedes Wort von ihm auf die Waagschale gelegt. 

Unangenehme Fragen für Kagame 

Für Ruandas Präsidenten Paul Kagame, den Gipfel-Gastgeber, hat der angebliche Charles-Kommentar jedenfalls unangenehme Folgen gezeitigt. Er hat erneut Fragen ausgelöst zu den schweren Bürgerrechtsverletzungen und repressiven Massnahmen Kagames, die viele Menschenrechtsorganisationen beklagen. Den Gipfel ausgerechnet in Ruanda abzuhalten, werfe kein gutes Licht auf das Commonwealth, haben Kritikerinnen und Kritiker erklärt. Solche Kritik an Ruanda und am Ruanda-Deal Londons ärgert aber auch Briten-Premier Boris Johnson, der angekündigt hat, mit Prinz Charles in Kigali am Freitag «ein Tässchen Tee» trinken zu wollen, um allerlei Dinge «ganz informell» zu bereden.

Johnson, der Ruanda als «eine der sichersten» Regionen Afrikas gepriesen hat, hat im Zusammenhang mit dem Commonwealth-Treffen erklärt, der Gipfel werde «manchen Leuten vielleicht helfen, ihre herablassende Haltung gegenüber Ruanda loszuwerden». Gefragt, ob das auch auf Prinz Charles zutreffe, wich Johnson einer Antwort aus. Er werde dem Thronfolger jedenfalls auseinandersetzen, was «die offenkundigen Verdienste» des britischen Pakts mit Ruanda seien, meinte der Premierminister.

«Absolut schändlich»

Den Vorschlag, in einer Konferenzpause die von Ruanda bereitgestellten Wohnquartiere für die erwarteten Asylbewerber zu besichtigen, schlug er aber erst einmal aus. Derweil reisst die Missbilligung nicht ab. Mit seinem «absolut schändlichen» Ruanda-Deal untergrabe Grossbritannien auf fatale Weise das eigene Ansehen in aller Welt, urteilte jetzt etwa Lady Amos, eine schwarze Labour-Veteranin und ehemalige Menschenrechtsexpertin der Vereinten Nationen. «Unsere Regierung sagt ja immer, sie wolle eine wichtige Rolle auf der globalen Bühne spielen», meinte sie. London sei aber natürlich auch «internationale Verpflichtungen eingegangen», gerade was den Umgang mit Asylbewerbern und Flüchtlingen betreffe.

Und vom Respekt für diese Verpflichtungen hänge alles britische Führungsvermögen auf der «globalen Bühne» ab. Immer weniger Einfluss wird den Briten unterdessen im Commonwealth selbst zugesprochen. Das betrifft auch die britische Krone, die früher einmal ganz selbstverständlich der Leitstern des 3,6 Milliarden Menschen umfassenden Staatenbundes war. Nachdem in den letzten Jahren bereits mehrere kleinere Staaten sich zu Republiken erklärt haben, stehen nun auch zentrale Nationen wie Jamaika und Australien vor einer entsprechenden Entscheidung. «Wenn die Königin stirbt, werden viele Länder ihre Bande mit der königlichen Familie lösen», zitierte jetzt Londons «Sunday Times» pessimistische Top-Berater der Royals an der Themse: «Und das wird zum Kollaps des Commonwealth führen, auf lange Frist.» In Kigali suchte Prinz Charles den weltumspannenden Verband, inmitten all seiner bunten Flaggen und weitläufigen Ansprüche, noch nach Kräften zusammenzuhalten. Aber auch Charles ist bewusst, wie schwierig das künftig werden wird.