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Nach der US-Wahl
Joe Biden setzt auf erfahrenes Personal

Unter dem neu gewählten Präsidenten Joe Biden sollen wieder verlässliche Politiker die Aussenpolitik bestimmen. Er hat ein hochkarätiges Team zusammengestellt. 
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Vielleicht ist nach den vier Trump-Jahren voller Drama und Chaos das Bemerkenswerteste an den ersten Personalentscheidungen von Joe Biden, wie undramatisch und unchaotisch sie sind. Aussenminister wird ein Mann – Tony Blinken –, der tatsächlich etwas von Aussenpolitik versteht und jene seltsamen, als Diplomaten bekannten Wesen kennt und wertschätzt, die Amerikas Aussenpolitik umsetzen.

Nationaler Sicherheitsberater wird ein Mann – Jake Sullivan –, der etwas über Sicherheitspolitik weiss und der für einen Präsidenten arbeiten wird, der sich auch wirklich beraten lassen will. Und Botschafterin der USA bei den Vereinten Nationen wird eine Frau – Linda Thomas-Greenfield –, die diesen Job gelernt hat, eine Karrierediplomatin, die eine Vorstellung davon hat, was die USA mit dieser Organisation anstellen können.

Statt drittklassiger Leute – nun ein A-Team.

Das ist im Vergleich zu dem Personal, das für Präsident Donald Trump Aussenpolitik gemacht hat, schon ein deutlicher Unterschied. Während für Trump am Ende allenfalls noch drittklassige Leute arbeiten wollten, ist Bidens Mannschaft das A-Team. Blinken, Sullivan und Thomas-Greenfield gehören zu den klügsten und erfahrensten Aussenpolitikern, die es in Washington gibt. Wenn Biden sein Ziel erreichen will, wieder Ruhe und Verlässlichkeit, Normalität und Stabilität in Amerikas Aussenpolitik zu bringen, dann sind das die richtigen Helfer.

Tony Blinken hat bereits Erfahrung als Vizeaussenminister unter Barak Obama gesammelt. Nun soll der 58-Jährige Aussenminister werden.

Das gilt vor allem für Tony Blinken, 58 Jahre alt, Jurist und, sofern der Senat ihn im Januar bestätigt, der künftige Aussenminister der USA. Blinken hat eine makellose Washingtoner Karriere hinter sich: Studium in Harvard und an der Columbia University, Arbeit im Nationalen Sicherheitsrat unter Präsident Bill Clinton, danach im Auswärtigen Ausschuss des US-Senats, dem damals ein gewisser Joe Biden Jr. angehörte. Als dieser 2009 Vizepräsident wurde, wurde Blinken sein Sicherheitsberater. 2014 beförderte Präsident Barack Obama Blinken zum Vizeaussenminister.

Die Verteidigungsexpertin Michèle Flournoy könnte unter der Präsidentschaft von Joe Biden Verteidigungsministerin werden. 

Die Trump-Jahre hat Blinken vor allem damit zugebracht, Geld zu verdienen. Zusammen mit der Verteidigungsexpertin Michèle Flournoy, die in der Obama-Regierung hochrangige Posten im Pentagon innehatte und jetzt als künftige Verteidigungsministerin gehandelt wird, gründete er ein Beratungsunternehmen. Zudem war er Partner bei einer Investmentfirma.

Der Jurist Jake Sullivan war bereits Sicherheitsberater, als Biden Vizepräsident war. Nun soll er den neuen Präsidenten beraten. 

Jake Sullivan, Bidens künftiger Sicherheitsberater, hat einen recht ähnlichen Lebenslauf. Er ist 43 Jahre alt und ebenfalls Jurist. Er hat in Yale und Oxford studiert, war Chef des Planungsstabs unter Aussenministerin Hillary Clinton und Nachfolger von Blinken als Sicherheitsberater von Vizepräsident Biden. Die vergangenen vier Jahre, in denen Trump Amerikas Ruf in grossen Teilen der Welt ruiniert hat, hat auch Sullivan in einer Art Exil verbracht – als Dozent in Yale und Mitarbeiter einer Beratungsfirma.

Die US-Aussenpolitik wird deutlich verlässlicher werden.

Was diese beiden Männer verbindet, ist aber nicht nur ihr professioneller Hintergrund. Beide haben auch eine enge persönliche Beziehung zu Biden. Wenn sie reden, wird die Welt wissen, dass sie für Biden sprechen. Das war bei Trump nie der Fall, er hat seine Minister und Berater oft öffentlich desavouiert. Mit Blinken und Sullivan wird die US-Aussenpolitik deutlich verlässlicher werden. Hilfreich dabei ist, dass Biden, Blinken und Sullivan einen sehr ähnlichen Blick auf die Welt und auf die Rolle der USA haben. Alle drei sind überzeugte Internationalisten und Multilateralisten. Sie glauben, dass Amerika eine globale Ordnungs- und die westliche Führungsmacht sein sollte, die nicht nur für ihre eigenen Interessen, sondern auch für die Werte ebenjenes Westens eintreten muss. Aber sie glauben auch, dass die USA dafür Verbündete, Allianzen und internationale Organisationen brauchen und dass Diplomatie, nicht militärische Gewalt, das bevorzugte Mittel sein sollte.

Obamas Aussenpolitik war zurückhaltend

Blinken und Sullivan sind keine Haudraufs, im Gegenteil. Sie waren massgeblich daran beteiligt, Obamas eher zurückhaltende Aussen- und Sicherheitspolitik zu entwickeln. Ob diese immer erfolgreich war, ist umstritten. Obamas Strategie führte unter anderem dazu, dass die Antworten der USA auf das Gemetzel in Syrien oder auf Russlands Attacken auf die Ukraine sehr verhalten ausfielen. Unter beiden Problemen leidet die Welt bis heute.

Sullivan spielte zudem eine tragende Rolle bei den Verhandlungen zwischen den USA und Teheran über ein Abkommen, durch das das Atomprogramm dess Iran eingedämmt werden sollte. Die Übereinkunft, die 2015 geschlossen wurde, hatte zwar Schlupflöcher, entschärfte aber den Streit und verhinderte vermutlich einen Krieg. Seit Trump das Abkommen gekündigt hat, hat sich das Verhältnis zwischen den USA und dem Iran erheblich verschlechtert. Ob Biden dem Abkommen wieder beitreten kann und will, ist offen.

Gute Nachricht für Europa

Für Europa sind die Namen Blinken und Sullivan eine gute Nachricht. Beide kennen den Kontinent. Blinken ist in Frankreich zur Schule gegangen, Sullivan hat in England studiert. Das bedeutet nicht, dass es von nun an keinerlei transatlantischen Streit mehr geben wird, zum Beispiel über die Höhe der Verteidigungsausgaben. Aber die Zeiten der ruppigen «America First»-Doktrin sind vorbei. Biden und sein Team werden Europa als den wichtigsten Partner für die USA, die Nato als unverzichtbares Bündnis und die EU als Garant für Stabilität und Wohlstand sehen – nicht wie Trump als Teile eines europäischen Komplotts, um Amerika über den Tisch zu ziehen und die US-Wirtschaft kaputt zu machen.

Rückkehr in die Weltgesundheitsorganisation

Als positives Zeichen wird in Washington auch die erwartete Nominierung von Linda Thomas-Greenfield als UN-Botschafterin gesehen. Die 68-Jährige hat fast vier Jahrzehnte im diplomatischen Dienst der USA hinter sich, sie war Botschafterin in Liberia und die für Afrika zuständige Staatssekretärin im State Department. Thomas-Greenfield wäre die zweite schwarze Frau auf dem Posten der UN-Botschafterin. Vor allem aber wäre ihre Ernennung ein Signal an das zutiefst deprimierte diplomatische Korps, dass Biden nicht nur die Vereinten Nationen – und damit den Multilateralismus – ernst nimmt, sondern Amerikas Aussenpolitik auch nicht als Spielwiese für Grossspender oder andere Günstlinge sieht.

Sogar ein Antrittsgeschenk wird Thomas-Greenfield vielleicht mitbringen können. Zu den ersten Entscheidungen der Biden-Regierung werden wohl die Rückkehr ins Pariser Klimaabkommen und in die Weltgesundheitsorganisation gehören.

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