Neue First Lady Jill BidenErst nach Bidens fünftem Heiratsantrag sagte sie Ja
Cool wie Michelle Obama? Oder rätselhaft wie Melania Trump? Jill Biden wird die erste First Lady sein, die ihren Job behält. Aber auch sonst unterscheidet die 69-Jährige einiges von ihren Vorgängerinnen.
Am Ende lag Joe Biden mit 18'610 Stimmen in Arizona vorne, mit 27'530 Stimmen in Nevada, mit 37'298 in Pennsylvania, es war klar, wer der 46. Präsident der USA werden würde. Und damit auch: wer die 46. First Lady.
Jill Biden wuchs in Pennsylvania auf, nördlich von Philadelphia. Sie sagte von sich, sie sei ein «Philly Girl», sie sagt es auch heute noch, mit 69 Jahren. Sie ist die älteste von fünf Töchtern, dem Philadelphia Inquirer erzählte sie einmal von ihrer Jugend: Wie ein Junge immer wieder ihre jüngere Schwester geärgert habe. Sie habe bei ihm geklingelt, ihm eine geklatscht. Weil die Eltern – der Vater arbeitete bei der Bank, die Mutter war Hausfrau – sich das Geld für den Upper Moreland Swim Club nicht leisten konnten, stieg sie nachts über den Zaun und zog ihre Bahnen im Mondschein. In Philadelphia, sagt sie, habe sie gelernt, unabhängig zu sein.
Jill Biden studiert Englisch, arbeitet an einem Community College. 1975 lernt sie Senator Joe Biden bei einem Blind Date kennen, das dessen Bruder eingefädelt hat. Joe Biden hatte seine erste Frau und seine Tochter drei Jahre zuvor bei einem Autounfall verloren. Er macht ihr fünf Heiratsanträge, erst dann sagt sie Ja. Jill Biden wollte sich sicher sein, sie habe sich schliesslich fragen müssen: «Wie macht man eine zerbrochene Familie wieder heil?»
First Lady ist kein Amt, für das man kandidiert. Eine Frau wird es in dem Moment, in dem ihr Mann den Eid spricht. Sie hält die Bibel, er hebt die Hand, so wahr mir Gott helfe. Von da an ist sie die Frau an seiner Seite. Noch vor einigen Jahren schrieben Zeitungen bei gemeinsamen Auftritten gerne über seine Reden und ihre Roben (Jackie Kennedy), über seine Steuerpolitik und dass sie neues Porzellan fürs Weisse Haus gekauft hat (Nancy Reagan). First Lady, das ist eine undankbare Rolle. Zumindest kann es eine sein.
Tröstlich wie Laura? Oder cool wie Michelle?
Hillary Clinton zog 1993 mit ihrem Büro vom Ostflügel in den Westflügel des Weissen Hauses, dort arbeitet der Präsident. Noch im ersten Amtsjahr ihres Mannes übernahm sie eine politische Aufgabe, sie sollte sich um die Gesundheitsreform kümmern. «Hillarycare» war eine Katastrophe, ein 1342 Seiten langer Plan, den kaum jemand verstand, aber Clinton machte weiter.
Laura Bush sollte am Morgen des 11. September 2001 einen Vortrag über frühkindliche Entwicklung halten, als sich in New York ein Flugzeug ins World Trade Center bohrte, Rauch, Flammen, ein zweites Flugzeug. Laura Bush wusste da noch nicht, dass die Türme einstürzen würden. Aber sie beruhigte die Eltern, sie sollten ihren Kindern sagen, sie seien in Sicherheit. Das Magazin US Weekly nannte sie «Comforter-in-Chief», Trösterin der Nation, eine Auszeichnung.
2009 zog dann Michelle Obama ins Weisse Haus, sie war sehr cool und sehr politisch, und spätestens als sie 2016 auf dem Parteitag der Demokraten über Donald Trump und die Republikaner sagte: «When they go low, we go high», wünschten sich viele, sie würde selbst kandidieren.
Und Melania Trump? Als ihr Mann Präsident wurde und sie First Lady, fragten sich viele, wie sie mit diesem Amt umgehen würde, von dem so viele Vorgängerinnen gezeigt hatten, dass es mehr sein kann als nur zu lächeln und zu winken. Nach vier Jahren ist ein Teil der Antwort: Melania Trump hat selbst das nicht oft versucht. Immer wieder zog sie sich tagelang zurück, amerikanische Medien fahndeten nach ihr, Schlagzeile: «Wo ist Melania?» Vielleicht fällt gar nicht auf, dass sie bald weg ist.
Jill Biden will weiter als Lehrerin arbeiten
Jill Biden war schon in Washington, als Joe Biden unter Obama Vizepräsident war, sie kennt das Weisse Haus, den Druck, sie stand auch im Wahlkampf an der Seite ihres Mannes. Und manchmal sogar vor ihm. Während Joe Biden am Super Tuesday in Los Angeles sprach, stürmten zwei Aktivistinnen auf die Bühne, aber sie ging dazwischen. Dann erst kamen die Personenschützer.
Auf dem Parteitag der Demokraten im August liess sich Jill Biden, die mittlerweile in Pädagogik promoviert hat, aus einem Klassenzimmer zuschalten. Hinter ihr kleine Tische, eine US-Fahne, an der Wand stand in bunter Schrift: «Achtung! Hier ist nur gute Laune erlaubt!» Als dann ihr Mann an der Reihe war, sagte er: «Ich bin Joe Biden, und ich bin Jills Ehemann.» Es war ein Spass. Aber da drückte auch jemand Respekt aus vor einer Frau, die irgendwann mal angefangen hatte, Dinge heil zu machen, und seither nicht aufgehört hat.
Am Samstagabend hielt Joe Biden in seiner Heimatstadt Wilmington seine Siegesrede, vor ihm Menschen, die mit Autos gekommen waren, die aus dem Fenster heraus Fahnen schwenkten, auf der Motorhaube sassen und weinten. Er sagte: «Jill Biden wird eine hervorragende First Lady sein.» Hupen, Klatschen, Johlen. Sie wird sich um Familien kümmern, die Väter und Mütter, Söhne, Töchter beim Militär haben. Und sie wird weiter als Lehrerin arbeiten, als erste First Lady, die ihren Job behält.
Als Joe Biden fertig gesprochen hatte, der President-elect, kam auch die First-Lady-elect auf die Bühne, sie winkte und winkte, man sah ihr Lachen trotz Maske, dann kam die Familie, dann kamen auch Kamala Harris und ihr Mann Douglas Emhoff, ein Rechtsanwalt, der kurz nachdem die Ergebnisse bekannt wurden, ein Bild twitterte, auf dem er seine Frau umarmt: «So stolz auf dich», zwei rote Herzen, zwei US-Flaggen. Auf der Homepage der Kanzlei steht, er arbeite vor allem in Kalifornien, zu Rechtsstreitigkeiten in Sachen Immobilien und Wirtschaft. Gerade sei er allerdings beurlaubt.
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Gemeinsam werden sie die USA wieder zusammenführen müssen, sowohl Joe Biden als auch Kamala Harris haben das in ihren Reden gesagt. Die Menschen, die den New Yorker lesen oder sich durch Breitbart scrollen, die «Black Lives Matter»-Plakate malen oder Konföderierten-Flaggen hissen, die in der 5th Avenue wohnen oder neben einem stillgelegten Stahlwerk irgendwo in Pennsylvania. Die 74,5 Millionen, die für Biden und Harris gestimmt haben, die 70,4 Millionen, die für Trump gestimmt haben.
Es ist eine grosse Aufgabe. Manche sagen: nicht zu schaffen. Aber wenn sie es zumindest einigermassen hinkriegen, Joe Biden und Jill Biden, Kamala Harris und Douglas Emhoff, dann sind die USA danach vielleicht sogar bereit für den nächsten Schritt: die erste Präsidentin und, an ihrer Seite, den ersten First Gentleman.
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