Schäden bis 300 Franken Paket vor dem Haus gestohlen? Dafür gibts jetzt die Gratisversicherung
Beim Onlineversicherer Smile können sich Kundinnen neu kostenlos gegen Schäden bei der Lieferung schützen. Dafür müssen die Nutzer aber ihre Daten liefern.
Spotify tut es, Fortnite tut es: Sie bieten gratis einen Basisdienst an, in der Hoffnung, dass die Nutzer dann Zusatzleistungen kaufen. Nun will auch der Onlineversicherer Smile mit einem Gratisangebot neue Kundinnen und Kunden gewinnen.
Bei smile.shopping wird jeder Onlineeinkauf in der Schweiz und aus Europa bis zu einem Wert von 300 Franken versichert. Abgesichert sind die Nutzerinnen und Nutzer gegen defekte und nicht gelieferte Gegenstände. Ausgeschlossen von der Versicherung sind Einkäufe bei chinesischen Onlineshops wie Wish. Das Angebot ist kostenlos.
Versicherungsschutz gegen Personendaten
Smile will mit dem neuen Angebot neue Kundinnen und Kunden gewinnen und mehr über sie erfahren. Denn der Kunde bezahlt für das Angebot mit seinen Daten.
Zuerst braucht es die entsprechende Smartphone-App. Dann sind für die Anmeldung bei smile.shopping der Vorname, das Geburtsdatum, die Handynummer und die Angabe der E-Mail-Adresse notwendig. «Wir sind überzeugt, dass das für beide Seiten ein grosser Mehrwert ist und wir so besser mit den Kunden interagieren können», sagt Pierangelo Campopiano, Chef des Onlineversicherers Smile, der zur Helvetia-Gruppe gehört. Der Versicherer könne dann die Kundschaft gezielter ansprechen und müsse nicht Massenmails versenden, die sie nicht interessierten.
«Der Handel mit Personendaten ist ein gängiges Geschäftsmodell von Gratisdiensten.»
Für den Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten spricht vorderhand nichts gegen das Angebot. «Der Handel mit Personendaten ist ein gängiges Geschäftsmodell von Gratisdiensten», so Sprecherin Silvia Böhlen. Wichtig sei, dass die Personen über die Bearbeitung ihrer Daten sowie die Bearbeitungszwecke angemessen informiert würden, damit sie eine gültige Einwilligung erteilen könnten.
Alexander Braun, Versicherungsexperte an der Universität St. Gallen (HSG), glaubt, dass das in der Schweiz neuartige Angebot eine Chance hat: «Da es sich um eine Deckung für Onlineeinkäufe handelt, bietet das Produkt für digital-affine Konsumenten einen offensichtlichen Nutzen.» Der Erfolg des Modells werde aber davon abhängen, inwiefern der Versicherer die Nutzer motivieren könne, die App nach dem ersten Download regelmässig zu nutzen, und diese dann zusätzliche Angebote kauften.
«Wir haben heute 160’000 Kunden und wachsen stark. Wir glauben, dass wir mit dem neuen Angebot bis Ende des nächsten Jahres mehr App-Nutzer als Kunden haben werden», meint Smile-Chef Campopiano. Aus den Gratisnutzern sollen dann zahlende Versicherungskunden werden.
Geht aber Smile mit der Gratisversicherung nicht ein grosses Risiko ein angesichts der vielen Berichte über gestohlene Pakete (etwa hier im «Tages-Anzeiger»)? «Uns sind die Wahrscheinlichkeiten für Schäden bekannt», so Smile-Chef Campopiano. Mit dem neuen Angebot werde die Versicherung kein Geld verlieren, hofft er. Gewinnen wolle Smile in erster Linie das Vertrauen der Nutzer. «Mittelfristig wollen wir unsere Kunden von unseren Kernangeboten überzeugen und so weiter wachsen. Dazu zählen die Versicherungen wie jene für Auto oder Hausrat», sagt Campopiano.
Unfallrisiko Whatsapp
Mit der neuen Smile-App wird eine andere Funktion ebenfalls für jede Nutzerin und jeden Nutzer verfügbar. Mit dem Smile Drive Coach kann man das eigene Fahrverhalten messen und analysieren. Das Handy registriert die Geschwindigkeit, das Bremsverhalten, die Beschleunigung und die Ablenkung. Wenn der Nutzer eine Whatsapp-Nachricht beantwortet oder auf Spotify etwas umstellt, merkt es das Handy.
«Abgelenkte Autofahrer sind das grösste Risiko im Verkehr, und das sind sie immer häufiger, weil sie aufs Handy schauen», sagt Campopiano. Wer gut fährt und die App aktiviert hat, sammelt Punkte. «Wir bestrafen den Kunden nicht und ziehen niemandem Punkte ab, auch wenn er schlecht fährt. Wir belohnen Nutzer aber mit Punkten, die sie sich als Kunden in Bargeld auszahlen lassen können», so Campopiano.
Den Drive Coach nutzen bislang rund 6000 Kunden. «Wir können noch nicht sagen, ob diese Kunden sicherer fahren, dafür braucht es weitere Auswertungen», so Campopiano. Sicher sei aber: Wenn einer dieser Kunden einen Schadensfall habe, würden die Daten der App nicht verwendet.
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