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Jeremy Allen White in «The Bear»
Das Sexsymbol für alle Hungrigen

LOS ANGELES, CALIFORNIA - FEBRUARY 26: Jeremy Allen White attends the 29th Annual Screen Actors Guild Awards at Fairmont Century Plaza on February 26, 2023 in Los Angeles, California. (Photo by Emma McIntyre/FilmMagic)
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Sein weisses T-Shirt ist voller Ölflecken, er flucht und er schimpft, und wenn die Pfannenstiele nicht im korrekten Winkel ausgerichtet sind, tickt er aus. Carmy, Spitzenkoch aus der Dramaserie «The Bear», ist zum Social-Media-Phänomen geworden, und Jeremy Allen White aus Brooklyn wurde dank dieser Rolle berühmt.

Mehr als berühmt, White wurde zum Sexsymbol für eine Zeit, in der alle ein bisschen kochen können sollten, die etwas auf sich halten. Es gibt zahllose Memes mit dem 32-jährigen Amerikaner; oft sind sie sexuell aufgeladen und verbunden mit dem in «The Bear» häufig zu hörenden Ausruf «Yes, chef» («chef» steht für Koch). Das japanische T-Shirt, das Carmen «Carmy» Berzatto trägt, wird seit dem Start der Serie stark nachgefragt. Auch die Schürzen gehen gut weg. Der Trend heisst: Chefcore.

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Im Sommer machte die «Vogue» mit White eine Modestrecke, in der selbst das weibliche Model neben ihm wie Staffage wirkt. Es schaut bewundernd zum New Yorker rüber, wobei es natürlich einiges zu sehen gibt: die Oberarme, diese bergseeblauen Augen, die schmutzig blonden Locken. Die «Vogue» inszeniert White als Kinohelden alter Schule, mit (selbstverständlich weissem) Gucci-Shirt inmitten von Vinyl und Midcentury-Stil. Eine Art Jimmy Stewart für die Kochvideo-Generation.

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Ganz abwegig ist das nicht. White studierte das nervöse Spiel von Al Pacino in «The Panic in Needle Park» (1971), um sich auf die Rolle als Spitzenkoch Carmy in «The Bear» vorzubereiten. Carmy arbeitet unter extremem Druck in «Michelin»-Restaurants, kehrt aber nach dem Suizid seines Bruders in dessen Sandwich-Imbiss in Chicago zurück und versucht daraufhin, den Laden kulinarisch aufzumöbeln.

Seine Verletzlichkeit kann sich in Wut entladen

Die Szenen in der Küche gelten als relativ realistisch. Das Tempo ist hoch, es wird mehr geschrien als geredet. White, der vor der Serie kaum kochen konnte, belegte einen Crashkurs und absolvierte eine Kurzlehre im Sternerestaurant Pasjoli im kalifornischen Santa Monica. Dass er heute weiss, wie man eine Zwiebel schneidet, trägt zur Glaubwürdigkeit bei.

Viel wichtiger sind aber die Intensität und die Wärme, die Carmy ausstrahlt. Hier ist ein Typ, der frische Tagliatelle zubereitet und dann noch ausrechnet, wie lange er brauchen wird, um die Küche zu putzen. Gleichzeitig geht von ihm etwas anziehend Gefährliches aus. Seine Verletzlichkeit kann sich in Wut entladen, und die Dringlichkeit, die er in der Küche vermittelt, weicht ausserhalb des Restaurants etwas deutlich Zerwühlterem, Hilfloserem.

“THE BEAR” — “Pasta” — Season 2, Episode 2 (Airs Thursday, June 22nd) Pictured: (l-r) Jeremy Allen White as Carmen “Carmy” Berzatto, Ayo Ebebiri as Sydney Adamu. CR: Chuck Hodes/FX.

Das funktioniert gerade deswegen, weil Jeremy Allen White selber ganz gewöhnlich daherkommt. In sämtlichen Interviews wird er als höflich und interessiert beschrieben. Zusammen mit seiner Highschool-Liebe hat er zwei kleine Töchter, er fährt gern mit dem Fixie-Velo herum und kochte eine Zeitlang am liebsten Steak au poivre.

Tattoos wie «773» – es steht für die Vorwahl von Chicago – werden für die Serie aufgemalt. Sein echtes Tattoo, ein durchbohrtes Herz für seine Ehefrau Addison Timlin, muss jeweils überdeckt werden. Diese ist übrigens auch Schauspielerin, Whites Eltern standen ebenfalls auf Theaterbühnen, bevor sie andere Jobs übernahmen.

Die Jahre von «Shameless»

In «The Bear» spielt White nicht zum ersten Mal einen talentierten jungen Chicagoer aus schwierigen Familienverhältnissen. Er tat es schon während elf Staffeln in der Serie «Shameless»: Phillip Gallagher, Lip genannt, ist das zweitälteste Kind einer Familie in Chicagos South Side. Die sechs Geschwister sind auf sich allein gestellt, nachdem die Mutter abgehauen und der Vater in der Alkoholsucht versumpft ist.

Lip ist intelligent, aber aufbrausend, ein Kämpfer, der allerhand vermasselt; das ist bei Carmy ähnlich. Jeremy Allen White kriegte die Rolle mit 18 nach seiner Schauspielausbildung in New York. «Shameless» lief von 2011 bis 2021. Als das Finale kam, fragte sich White, ob er ausserhalb der Serie überhaupt existiere, wie er in einem Interview sagte.

Dank «Shameless» lernte White dafür, sich auf etwas zu konzentrieren, bis es nichts mehr anderes zu geben scheint. Diese Alles-oder-nichts-Einstellung prägt auch Carmy in «The Bear».

Shameless

Lip war eine Figur, die ständig Sex mit allen möglichen Frauen hatte, das ist bei Carmy anders. Diesem fehlen angesichts der ganzen kulinarischen Anspannung sowohl die Zeit als auch die Lust – was vielleicht auch ein Grund ist für die zahlreichen sehnsüchtigen Carmy-Memes im Netz. Seine Fans sehen in ihm einen sexy Schmutzfink. Emotional unerreichbar vielleicht, aber gut mit den Händen.

Auf Beziehungsprobe: Jeremy Allen White und Jessie Buckley in der Komödie «Fingernails».

Jeremy Allen White hat es nicht nur zum Serienstar gebracht, er ist auch im Kino zu sehen. Bald etwa in «The Iron Claw», einer Biografie der Wrestling-Dynastie Von Erich. Er spielt eine Nebenrolle in der surrealen US-Komödie «Fingernails». Darin testen Paare mit einer schauderhaften Methode, ob sie zusammenbleiben sollen: Sie lassen sich je einen Fingernagel abzwacken und schicken diesen zur Liebesprobe. Mögliche Ergebnisse sind entweder 0 Prozent (keine Chance), 50 (nur eine der beiden Personen ist verliebt) oder 100 (die Liebe ist echt).

Vom Stress aus «The Bear» ist in «Fingernails» nichts mehr zu spüren: Ryan (Jeremy Allen White) ist einfach froh, wenn er den schmerzhaften Test nicht zu häufig machen muss.

Der Overall steht ihm gut: White als nachdenklicher Automechaniker in «Fremont».

Seine schönste – und wiederum ölige – Rolle spielt White derzeit in «Fremont», dem lakonischen Kinodrama des aus dem Iran stammenden Regisseurs Babak Jalali. Der Darsteller hat nur einen kleinen Auftritt als nachdenklicher Automechaniker, der den Wagen einer jungen Übersetzerin überprüfen soll, die aus Afghanistan ins kalifornische Fremont geflüchtet ist.

Er erklärt ihr seine Theorie, wonach Mechaniker wie Piloten immer zu zweit sein müssten. Schliesslich trügen sie Verantwortung für Menschenleben, wenn sie ein Auto aus der Reparatur entlassen würden. Er selber sei aber ganz allein. Jeremy Allen White spielt die Szene mit einer leisen Vibration. Es ist etwas unwiderstehlich Verträumtes dabei, eine Sehnsucht nach Wärme, und der Mechaniker-Overall steht ihm auch sehr gut.

«The Bear», zwei Staffeln, Disney+. «Fingernails» ab 3. November, Apple TV+. «Fremont» läuft in den Kinos.