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Meinung

Kommentar zu Jan Böhmermann
Intellektuelle Schärfe eines Butterbrots

Erhebt gern den moralischen Zeigefinger: Jan Böhmermann.
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Wenn Komiker sich für Politiker halten, droht der Absturz. Noch schlimmer wird es, wenn sie glauben, ihre Fähigkeit, Pointen vom Teleprompter abzulesen, mache sie zu Intellektuellen. Das zeigte diese Woche auf eindrückliche Weise Jan Böhmermann. Unter dem Titel «Hier spricht Jan Böhmermann» breitete der ZDF-Komiker sein Weltbild auf einer ganzen Seite in der Zeitung «Die Zeit» aus. Man hätte auch den Titel «Ansichten eines Clowns» wählen können. Oder: «Gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen». Denn die Zeilen des Komikers haben die intellektuelle Schärfe eines Butterbrots. Mit laktosefreier Butter, versteht sich.

Böhmermann-Text erntet Negativ-Kommentare

Schon seit längerem verwechselt der ZDF-Komiker seine Show mit einer moralischen Erziehungsanstalt. Dennoch fand er damit bislang ein zwar schrumpfendes, aber treues Publikum. Sein jüngster Schlag sorgt aber auf allen Kanälen für Irritation und Kopfschütteln. «Humorlos», «oberlehrerhaft» oder «wie war das, mit Würde vor der Kamera altern», so lauten Kommentare unter dem Text. Sogar in der «Zeit»-Redaktion selbst erntet er nur Kopfschütteln. So schrieb deren England-Korrespondent Jochen Bittner auf X: «Ein erschütterndes Zeugnis intellektueller Leere, die er versucht, mit Arroganz zu kompensieren. (...) Wirklich ein Dokument. Unbedingt lesen.»

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Mit seinem Text will Böhmermann «Gräben zuschütten». Das tut er, indem er gegen «Menschen von gestern» austeilt, wie er sie nennt. Wen er meint, kann er nicht so genau sagen. Gestrige können «links, rechts, jung, alt, männlich, weiblich oder irgendwas dazwischen und ausserhalb sein». Da die Abgrenzungskriterien also ziemlich vage sind, darf man der Einfachheit halber annehmen, dass Böhmermann jene meint, die nicht so denken wie er.

Wen meint er mit «Menschen von gestern»?

Mit der Unterscheidung zwischen Rechtsextremen und solchen, die mit der Ampel-Politik nicht einverstanden sind oder vielleicht lieber eine Kreuzfahrt machen, als gegen Rechts zu demonstrieren, hält sich Böhmermann gar nicht erst auf. Das sind alles Menschen von gestern und gehören ausgegrenzt. Genauso wie jene, die zum Beispiel nach den fast täglichen Messerangriffen in Deutschland «diffuse Ängste» haben. Oder jene, die diese Ängste ernst nehmen. Erst durch Ausgrenzung könne man eine Koalition schmieden, um «Deutschland raus aus der Scheisse» zu bringen, so Böhmermann.

Wie das gelingen kann, auch dazu hat der Komiker ein paar Ideen, die er in einer Art politischem Manifest dann noch anhängt: «120 km/h auf der Autobahn ist schnell genug», «Inklusive Sprache ist eine prima Idee» oder: «Wer Alice Schwarzer hinterherläuft, hat keinen besonders anstrengenden und langen Weg mehr vor sich.» Wow, dass es so einfach ist! 

So gebärden sich Diktatoren

Der ganze Text ist das Bekenntnis eines Menschen, der sich im Internet radikalisiert hat und diese Tendenz nun auf jene projiziert, die er als Feindbild braucht, um sich selbst zur moralischen Instanz zu überhöhen. Seine Gegner dächten, die Welt sei kompliziert, schreibt er. Dabei ist die Welt des Satirikers doch so einfach. Steht ja im Internet! Wie konnten wir nur so blöd sein, das nicht zu bemerken!

Böhmermann scheint nicht begriffen zu haben, dass Demokratie und auch Wissenschaft auf dem Widerstreit unterschiedlicher Haltungen und Ideen beruhen. Darauf, dass vielleicht nicht alle gleich denken, man aber gemeinsam Lösungen sucht oder sich die Argumente der anderen anhört. Er hingegen argumentiert: Wer nicht denkt wie ich, gehört weggesperrt. So gebärden sich Diktatoren. Böhmermann ist zum Glück nichts weiter als ein deutscher Clown. Und erst noch einer von gestern.