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Meinung

Gastbeitrag zum Atomwaffenverbot
Ja zur bewaffneten Neutralität, nein zu Atomwaffen 

«Die Schweiz ist Teil Europas und für die europäische Sicherheit direkt mitverantwortlich», sagt der Schweizer Ex-Botschafter Beat Nobs.
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Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat auch der schweizerischen Bevölkerung bewusst gemacht, dass Krieg als Mittel der Politik in Europa noch immer möglich ist. Die Politik hat jedoch grosse Mühe, auf die Herausforderungen aktiv zu reagieren. Der Bundesrat muss dringend strategische sicherheitspolitische Fragen klären: Wie gehen wir mit unserer Neutralität um? Wie positionieren wir uns in Zukunft in der sicherheitspolitischen Architektur Europas? Wie stellen wir sicher, dass unsere Werte weiterhin zentral in unseren politischen und diplomatischen Anstrengungen bleiben und unsere politischen Strukturen für aussenpolitische Krisen besser vorbereitet sind?

Um Lösungen zu erzielen, sollte sich die Schweiz auf drei strategische Bereiche fokussieren:

Erstens bildet die Neutralität eine Grundmaxime unseres aussenpolitischen Handelns, stellt jedoch keinen Verfassungsgrundsatz dar, sondern dient einzig der Sicherheit und Bewahrung der Unabhängigkeit der Schweiz. Die Neutralität muss in der politischen Diskussion entschlackt werden. Eine moderne Auslegung der Neutralität, die den klaren Bruch des Völkerrechts durch den russischen Aggressor ins Zentrum stellt, erlaubt meines Erachtens die Weitergabe schweizerischer Rüstungsgüter durch andere Länder. Der direkte Waffenexport in Konfliktgebiete bleibt ausgeschlossen. Das Parlament ist in der Pflicht, das Kriegsmaterialgesetz wieder so zu gestalten, dass der Bundesrat über den notwendigen Spielraum verfügt.

Die Schweizer Armee braucht genügend Ausrüstung für die Verteidigung und eine verbesserte Durchhaltefähigkeit.

Zweitens ist die Schweiz als bewaffneter Neutraler verpflichtet, ihr Territorium zu schützen. Die Schweiz ist Teil Europas und für die europäische Sicherheit direkt mitverantwortlich. Entsprechend muss die Schweizer Armee über genügend Ausrüstung für die Verteidigung, aber auch eine verbesserte Durchhaltefähigkeit verfügen. Die Erhöhung der finanziellen Mittel ist ein erster Schritt. Der Schutz unseres Territoriums ist aber heute schon aus waffentechnischen Gründen schlicht nicht mehr mit einer «Wacht am Rhein» allein zu bewerkstelligen: Der Schutz der schweizerischen Unabhängigkeit und Unversehrtheit kann nur mehr mittels erhöhter Interoperabilität mit unseren Nachbarn und der Nato erfolgen.

Drittens soll der gestärkten Verteidigungsfähigkeit der Schweiz das zivile internationale Engagement zur Seite gestellt bleiben. Weltweit wird das hohe Friedensengagement der Schweiz als Qualitätsmerkmal unserer Diplomatie verstanden. Besonders im Bereich des humanitären Völkerrechts hat sich die Schweiz als Depositarstaat der Genfer Konventionen stark engagiert. Die Guten Dienste der Schweiz bilden ein wichtiges Element des zivilen Sicherheitspfeilers.

Gerade angesichts der demonstrierten Bereitschaft zu einer Verstärkung der Verteidigungsfähigkeit wäre es sinnvoll und politisch bedeutsam, das schweizerische Engagement im Bereich der nuklearen Abrüstung stärker zu betonen: Prominentes Beispiel dafür wäre eine Ratifikation des Atomwaffenverbotsvertrags (TPNW). Bereits haben 92 Staaten ihn unterzeichnet. Die Schweiz hat die Verhandlungen darüber initiiert und daran mitgewirkt. Sie hat den Vertrag aber bis heute nicht unterzeichnet. Es würde der Schweiz gut anstehen, der Welt die doppelte Botschaft zu senden: robuste Verteidigung ja, Atomwaffen nein. Länder wie Neuseeland schaffen es seit Jahren, diese Doppelstrategie erfolgreich umzusetzen.

Beat Nobs ist ehemaliger Schweizer Botschafter in Kanada und in Neuseeland.