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Auftritte in Europa
J. D. Vance in Paris und München: Aus MAGA soll jetzt MEGA werden

US-Vizepräsident JD Vance winkt während eines bilateralen Treffens mit der Präsidentin der Europäischen Kommission in der US-Botschaft in Paris am 11. Februar 2025, vor den Flaggen der USA und der EU.
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In Kürze:
  • US-Vize J. D. Vance betonte in Paris die KI als Chance trotz Bedrohungsängsten.
  • In München warnte er vor dem Verrat westlicher Werte als grösste Gefahr.
  • Er kritisierte Europas Umgang mit Migration und Kriminalität als politische Fehlentscheidung.
  • Die Worte von Vance wurden von deutschen Politikern stark kritisiert – zu Hause erntet er Applaus.

«Make Europe Great Again» – MEGA – lautete der gemeinsame Nenner der beiden Auftritte von Amerikas Vizepräsident diese Woche in Europa. Erst warb J. D. Vance in Paris für eine dauernde Vorherrschaft der USA auf dem Feld der künstlichen Intelligenz.

Während viele auf dem alten Kontinent in der KI eine Bedrohung sehen, die möglichst früh und umfassend zu regulieren sei, sieht Vance darin eine Chance. KI sei eine der vielversprechendsten Technologien, die es je gegeben habe, sagte er. Sie «wird uns produktiver, wohlhabender und freier machen».

Am Freitag folgte dann der richtige Hammer. Entgegen allen Erwartungen sprach Vance an der Münchner Sicherheitskonferenz nicht über die Ukraine und darüber, wie der dort von Russland geführte Angriffskrieg beendet werden könnte. Stattdessen las er den Europäern die Leviten.

Die grösste Gefahr für den Kontinent sei nicht Russland oder China, sagte Vance, sondern der Verrat an den grundlegenden Werten des Westens.

US-Vizepräsident J. D. Vance trägt seine Tochter Mirabel bei der Ankunft am Flughafen Paris Orly vor dem Gipfel zum Thema künstliche Intelligenz, 10. Februar 2025.

Der amerikanische Vizepräsident nahm kein Blatt vor den Mund: «Wenn Sie vor Ihren eigenen Wählern Angst haben, gibt es nichts, was Amerika für Sie tun kann», sagte er. Und: «An die Demokratie zu glauben, heisst, zu verstehen, dass alle Bürgerinnen und Bürger eine Weisheit und eine Stimme haben.» Es könne nicht sein, dass so viele Menschen durch eine «Firewall» von der Demokratie ausgeschlossen werden wie in Deutschland.

Vance klang schulmeisterlich, aber er sparte nicht mit Beispielen. Die gefährdete Redefreiheit illustrierte er mit einem Fall in Grossbritannien, wo ein Mann verurteilt worden sei, weil er in weniger als 200 Metern Abstand von einer Abtreibungsklinik stumm für seinen ungeborenen Sohn gebetet habe.

Als Zeichen einer brüchigen Demokratie wertete Vance die Annullierung der jüngsten Präsidentschaftswahlen in Rumänien mit der Begründung, russische Desinformation habe den Wahlkampf infiziert. «Ich glaube», sagte Vance, «dass eure Demokratien deutlich weniger zerbrechlich sind, als viele Menschen fürchten.»

Deutliche Worte, harsche Reaktionen

Und dann kam Vance auf das grosse Thema der Migration zu sprechen, das sowohl Donald Trump zur Wahl verholfen hatte als auch bei vielen rechten Parteien in Europa für grossen Zulauf sorgt. Die unkontrollierte Einwanderung und die davon ausgehende Kriminalität seien nicht naturgegeben, sagte der Vizepräsident. «Sie ist das Ergebnis einer Reihe von bewussten Entscheidungen, die Politiker und Politikerinnen getroffen haben, überall auf dem Kontinent, überall auf der Welt, seit über einem Jahrzehnt.»

Es sei also auch an der Politik, Gegensteuer zu geben: «Nehmt an, was euer Volk euch sagt, auch wenn es überraschend ist, auch wenn ihr nicht einverstanden seid.»

So deutlich wie die Worte von Vance fielen auch die Reaktionen aus – insbesondere beim Gastgeber der Konferenz. Deutschlands Verteidigungsminister Boris Pistorius empörte sich, Vance habe «die Zustände in Teilen Europas mit denen in autoritären Regimes» verglichen. «Meine Damen und Herren, das ist nicht akzeptabel», sagte der Sozialdemokrat.

Boris Pistorius, deutscher Verteidigungsminister, hält eine Erklärung auf der 61. Münchner Sicherheitskonferenz am 14. Februar 2025. Im Hintergrund sind Mikrofone von verschiedenen Medien zu sehen.

Auch CDU-Chef Friedrich Merz, der aller Voraussicht nach der nächste deutsche Kanzler sein wird, zeigte sich «irritiert» über die Rede. Diese sei «fast schon übergriffig» ausgefallen, sagte Merz, der sich mit Vance am Anlass persönlich getroffen hatte.

Auch AfD-Chefin Alice Weidel erhielt eine 20-minütige Audienz. Der noch amtierende Regierungschef Olaf Scholz hatte sich mit Vance zuvor an der KI-Konferenz in Paris getroffen.

Vance ist der natürliche Nachfolger von Trump

Mit seinem Auftritt in Europa hat Vance in seiner Heimat einige Lorbeeren geerntet. Ein Reporter stellte Trump die naheliegende Frage, ob er Vance als seinen Nachfolger für 2028 betrachte. Der Präsident verneinte und sagte, dafür sei es noch zu früh. Vance, beeilte er sich aber hinzuzufügen, «macht einen fantastischen Job».

Für die republikanische Umfrageexpertin Kristen Soltis Anderson steht indes ausser Frage, dass «Vance der natürliche Erbe der Bewegung ist, die Trump gebaut hat». Der Vize, schrieb Anderson in der «New York Times», habe ein «sicheres Gespür dafür, was Trumps Anhänger – besonders die jüngeren darunter – an ihn bindet, stilistisch wie in der Substanz».

Attraktiv ist laut der Demoskopin zudem Vance’ Biografie, die ihn von einer schwer zerrütteten Familie in der Provinz bis zur Rechtsfakultät einer Elite-Uni und danach in den US-Senat führte.

Anders als der zu Nostalgie neigende Trump denkt Vance in Richtung Zukunft, symbolisiert durch seine drei kleinen Kinder, die er mit seiner indischstämmigen Frau Usha grosszieht und auch bei seinem Besuch in Europa gern vorzeigt.